Am 3. Mai fand in Bern eine Zusammenkunft der Suva mit Vertretern aller in der Schweiz anerkannten Ausbildungsstätten von Spezialistinnen und Spezialisten für Asbestsanierungen statt. Ziel des Treffens war einerseits ein Austausch über den gegenwärtigen Stand der Dinge. Andererseits ging es um die Frage, wie man die Ausbildung von Spezialisten für Asbestsanierung weiter verbessern kann. Konkret möchte die Suva durch eine verbesserte Ausbildung den Gesundheitsschutz der Arbeiter verbessern.
Stand der Dinge
Zu Beginn des Treffens präsentierte die Suva verschiedene Zahlen:
- Anzahl Suva anerkannte Asbestsanierungsfirmen: Zur Zeit gibt es 120 Firmen, die von der Suva für Arbeiten im "Roten Bereich" anerkannt sind (wovon gewisse zur gleichen Gruppe von Firmen gehören).
- Rote Punkte: Für jeden "gravierenden Mangel" in Bezug auf die Anforderungen der EKAS-Richtlinie 6503 erhält eine Sanierungsfirma eine Ermahnung. Die Firmen durchlaufen so ein vierstufiges Aberkennungsverfahren (die berühmten "roten Punkte") an dessen Ende dem Sanierungsbetrieb die Anerkennung entzogen wird. Von 2015 bis 2019 wurden in der Deutschschweiz 504 "gravierende Mängel" geahndet. Die gute Neuigkeit: die Anzahl solcher Verwarnungen nimmt ab, bleibt aber nach wie vor hoch:
- 2015: 140 mal
- 2016: 120 mal
- 2017: 141 mal
- 2018: 96 mal
- 2019: bisher 17 mal
- Hauptprobleme: Eine Analyse der Daten erlaubt es, die wichtigsten Gründe für diese Verstösse resp. die wichtigsten gravierenden Mängel zu identifizieren:
- Kein Alarm: 100 mal wurde auf Baustellen beanstandet, dass keine automatische oder optische Alarmauslösung bei ungenügendem Unterdruck vorhanden ist. Dies lässt sich auch darauf zurückzuführen, dass bei älteren Unterdruck-Messgeräten dieser automatische Alarm nicht direkt eingebaut war. Die Tendenz hier ist aber klar rückläufig.
- Ungenügender Unterdruck: In 84 Fällen war der Unterdruck in der Sanierungszone ungenügend (weniger als 20 Pa).
- Reste von Asbest: Nach einer Sanierung dürfen keine visuell sichtbaren Reste von Asbest mehr vorhanden sein. In 73 Fällen wurde dieser Mangel beanstandet, weil nach der Schlussreinigung oder sogar nach Aufhebung der Sanierungszone Reste von Asbest noch vorhanden waren.
- Abluft ins Freie: Gemäss EKAS-Richtlinie muss die Abluft von den Unterdruckhaltegeräten ins Freie geleitet werden. Auf 40 Baustellen war dies nicht der Fall.
Die Suva berichtete anekdotisch auch von sehr speziellen Fällen, etwa von einer Sanierungsfirma, die Faserzementschindeln durch Brechen von einer Fassade entfernt und die Bruchstücke dann unverpackt in den Lieferwagen geladen hat. Wohlgemerkt: es handelte sich um eine Sanierungsfirma und der ausgebildete Asbestspezialist war vor Ort anwesend.
Die Ausbildung verbessern
Solchen Fällen kann man durch viele Massnahmen vorbeugen. Die Firmenkultur und das interne Sicherheitskonzept spielen sicher eine grosse Rolle. Die Ausbildung der Spezialisten kann hier aber auch einen wichtigen Beitrag leisten.
Der gegenwärtige Rahmen zur Ausbildung von Asbestspezialisten ist in der Bauarbeitenverordnung (BauAV) gegeben. Über die BauAV hinaus hat die Suva aber einen gewissen Spielraum bei den Vorgaben für die Ausbildungen, etwa durch das Pflichtenheft für die von der Suva anerkannten Bildungsstätten. Hier strebt die Suva Änderungen an. Als Entwurf wurden folgende Massnahmen vorgeschlagen:
Anforderungen an die Kandidaten für die Ausbildung zum Asbestspezialisten:
- Sprache: Kandidaten sprechen/schreiben eine der Amtssprachen, bzw. die Kurssprache
- Grundausbildung: Kandidaten verfügen mindestens über eine Lehrausbildung mit eidgenössischem Attest oder eine gleichwertige Ausbildung im Ausland.
- Berufserfahrung: Kandidaten müssen mind. ½ Jahr Bauerfahrung, idealerweise bereits im Bereich der Asbestsanierung haben.
- Grundkurse: Die 4.5-tägige Ausbildung für Asbestspezialisten soll nicht verlängert werden. Hingegen sollen Kandidaten in Zukunft erst für diesen Kurs zugelassen werden, wenn sie vorher folgende Einführungskurse besucht haben:
- 1-tägiger Einführungskurs zu Asbest (Grundkenntnisse)
- 2-tägiger Kurs allgemeine Arbeitssicherheit (z.B. Kopas-Kurs)
Anforderungen an das Ausbildungsinstitut:
Neben den strengeren Grundvoraussetzungen für die Kursteilnehmer, setzt die Suva auch bei den Ausbildungsstätten selber an:
- Abklärung der Kriterien: Ausbildungsstätten müssen systematisch überprüfen, ob die Kursteilnehmer die obigen Anforderungen erfüllen.
- Anpassung des Kursangebotes: Dadurch, dass die Grundkenntnisse aus dem 4.5-tägigen Kurs ausgegliedert werden, steht mehr Zeit für andere Inhalte zur Verfügung. Diese Zeit soll weitgehend dazu genutzt werden, die Teilnehmer zu befähigen, selbstständig ein Sanierungskonzeptes zu erstellen.
- Anspruchsvollere Prüfung: Die Prüfung darf sich nicht auf eher simple Multiple-Choice-Fragen reduzieren, sondern muss die Fähigkeit der Kursteilnehmer, Gefahren einzuschätzen und Massnahmen zu planen, wirkungsvoll testen. Die Prüfung soll sowohl praktischer als auch theoretischer Natur sein.
- Anforderungen an die Ausbildner: Die Personen, die die Kurse geben, müssen natürlich über berufliche Erfahrung und Fachwissen verfügen, auch im Bereich der Arbeitssicherheit. Zur Diskussion steht auch die Anforderung einer formellen Ausbildung als Erwachsenenbildner.
Regelmässige Audits der Bildungsstätten
Um sicher zu stellen, dass die Anbieter von Kursen für Asbestspezialisten die obigen Kriterien erfüllen, wird die Suva regelmässige Audits durchführen. Die Bildungsstätten müssen dabei nachweisen können, dass sie z.B. die Vorkenntnisse der Kursteilnehmer überprüfen und dass sie korrekte Prüfungen durchführen.
Um die Prüfungen zwischen den Bildungsstätten zu harmonisieren, schlägt die Suva ausserdem vor, dass die Ausbildner zusammen arbeiten und idealerweise eine gemeinsame Prüfung ausarbeiten.
Weiteres Vorgehen
Die Konsultation der vorgeschlagenen Neuerungen läuft bis Ende Juni, wobei die Bildungsstätten selber noch Vorschläge einbringen dürfen. Die definitiven Anforderungen werden im Herbst publiziert werden und treten voraussichtlich Anfang 2020 in Kraft.
Update:
Die von der Suva vorgeschlagenen Änderungen sind auf 1. Januar 2020 in Kraft getreten. Mehr dazu lesen Sie hier.