Die bisherigen Referenz-Dokumente für die Sanierung von PCB-haltigen Materialien sind alle schon rund 20 Jahre alt und gelten als teilweise überholt. Gleichzeitig gab es aber noch nichts Neueres. Nun hat die Suva ein Factsheet zur Sanierung von PCB-haltigen Fugendichtungsmassen veröffentlicht. Weitere Factsheets zu PCB sollen folgen.
Neben Asbest gelten PCB zu den am häufigsten vorkommenden Bauschadstoffe. Zur Frage, wie gefährlich PCB sind, gibt es aber verschiedene Ansichten. Die einen gehen davon aus, dass sie insgesamt noch gefährlicher sind als Asbest. Andere betrachten PCB in Baumaterialien als so ungefährlich, dass sie garnicht untersucht werden müssen. So muss man etwa in Frankreich bei Gebäudeuntersuchungen Anstriche auf Blei prüfen, hingegen werden Analysen auf PCB nicht einmal empfohlen.
Die Suva hat in den letzten Jahren verschiedene Messungen bei PCB-Sanierungen ausgeführt und ist allgemein zum Schluss gekommen, dass PCB für den Arbeitnehmerschutz deutlich weniger problematisch sind als Asbest. Auf Grund der durchgeführten Messungen wurde nun ein erstes Factsheet veröffentlich. Es beschreibt, welche Massnahmen zum Arbeitnehmerschutz bei der Sanierung von PCB-haltigen Fugendichtungsmassen nötig sind.
Arbeitnehmerschutz: Das besagt das neue Suva-Factsheet
Das neue Suva-Factsheet 33111 verlangt zusammenfassend folgende Massnahmen:
- PSA:
- Atemschutz: FFP3-Maske
- Schutzanzug Kat. 3 Typ 6/5
- Handschuhe Nitril-oder Butylkautschuk
- Geräte:
- Nicht schleifen, keine hitzeerzeugende Arbeitsmittel
- Industriesauger mit M-Filter
- Arbeitsbereich:
- Zugang zum Arbeitsbereich für Drittpersonen sperren. Zutrittsverbotsschild anbringen.
- Rutschfeste Folie am Boden um anfallenden Abfälle vollständig zu sammeln
- Weitere Massnahmen:
- Keine Esswaren und Getränke im Arbeitsbereich aufbewahren oder konsumieren
- Waschgelegenheiten installieren. Vor Pausen werden die Hände gewaschen
- …
Von der Suva nicht gefordert werden hingegen ein abgegrenzter Arbeitsbereich, eine aktive Durchlüftung des Arbeitsbereichs oder sogar eine Unterdruckzone.
Ab wann gilt ein Material als «belastet»
Von der Suva nicht explizit geregelt ist die Frage, ab wann ein Material relevant als PCB-belastet gilt. Aus abfallrechtlicher Sicht gilt eine Fugendichtungsmasse aber ab 50 mg/kg als Sonderabfall und muss entsprechend von den restlichen Abfällen getrennt werden. Dabei sind die oben beschriebenen Massnahmen zum Arbeitnehmerschutz zu treffen.
Wie sieht es mit dem Nutzerschutz und dem Umgebungsschutz aus? Da der Umgebungsschutz nicht im Kompetenzbereich der Suva liegt, macht das neue Factsheet der Suva auch keine Vorgaben zum Schutz der Umgebung. Daraus zu schliessen, dass diese grundsätzlich nicht nötig sind, wäre aber falsch. Hier dürften die bestehenden Vorgaben der Richtlinie des Kantons BL von 2004 weiter Gültigkeit behalten:
- Staubfreie Verfahren (z.B. Fugen mit Messer herausschneiden): Keine Unterdruckzone, kein abgegrenzter Arbeitsbereich.
- Verfahren mit Grobstaub (Elektro-Fugenschneider, Stechbeitel, manueller Schaber):
- Im Innenbereich: Staubdichte Abschottung oder Luftumwälzung über Entstaubungsgerät mit M-Filter und optional einem Aktivkohlenfilter falls relevante Emissionen von gasförmigen PCB zu erwarten sind
- Im Aussenbereich: Staubdichte Einhausung
- Verfahren mit viel Staub (z.B. Elektroschaber, Nadelhammer, Hammer und Meissel oder Drahtbürste bei spröden Fugen): Das Factsheet 33111 der Suva schliesst solche Massnahmen aus. Zu Arbeiten mit Schleifen soll demnächst ein weiteres Factsheet der Suva veröffentlicht werden, das weitere Informationen enthält. Bis dahin dürften die Vorgaben gemäss Basler Richtlinie anzuwenden sein, das heisst:
- Im Innenbereich: Unterdruckzone
- Im Aussenbereich: Staubdichte Einhausung
Wann gibt es eine neue PCB-Richtlinie?
Neben dem bereits erwähnten Factsheet zu Schleif-Arbeiten an PCB-haltigen Materialien arbeitet die Suva an einem weiteren Factsheet zu Thema Sandstrahlen bei PCB-haltigen Anstrichen / Beschichtungen. Beide dürften im Verlauf des Jahres veröffentlicht werden. Aber auch diese werden nur die Massnahmen zum Arbeitnehmerschutz, nicht aber zum Nutzer- oder Umgebungsschutz abdecken.
Wünschenswert wäre eine übergeordnete «Richtlinie», die die Vorgaben zum Arbeitnehmerschutz, zum Umgebungsschutz und zum Nutzerschutz, eventuell auch zur Entsorgung zusammenbringen, etwa im Sinn einer Aktualisierung der PCB-Richtlinie des Kantons Basel-Landschaft. Zur Zeit planen die Behörden aber kein entsprechendes Dokument. Hingegen sollen die Einträge zu PCB auf PolluDoc entsprechend aktualisiert und ergänzt werden.
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