Suva-Informationsveranstaltung für Asbestsanierer: Zusammenfassung

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Simon Schneebeli; Juli 08, 2021

Um den Austausch mit den anerkannten Asbestsanierungsfirmen zu fördern, organisierte die Suva am 27. Mai eine Informationsveranstaltung. Corona-bedingt fand diese online statt.
Die Suva nutzte den Anlass um über Neuerungen zu informieren und um die Umsetzung bestehender Regeln zu präzisieren. Hier das wesentliche in Kürze.

Einige Zahlen

Zum Beginn präsentierte Marino Basile, Teamleiter Bereich Bau (zuständige für den Asbest-Vollzug in der deutschen und italienischen Schweiz) einige Zahlen:

  • Gemeldete Sanierungsbaustellen: 8315 (im 2019 waren es 7648).
  • Kontrollierte Sanierungsbaustellen: 547 (im 2019 waren es 401). Dies entspricht 6% aller Sanierungsbaustellen.
  • Rote Punkte: Bei diesen Kontrollen wurden im 2020 19 schwerwiegende Mängel festgestellt (2019 waren es 16), was bei 2 Firmen zu einem Entzug der Anerkennung führte.

Weiter verwies Marino Basile erneut auf die neuen Anforderungen an die Ausbildung (Grund-Ausbildung vom Niveau EBA, Sprachkenntnisse, Grundausbildung Arbeitssicherheit und Grundkenntnisse zu Asbest). So muss ein ausgebildeter Spezialist auch einen Diagnosebericht lesen und kritisch hinterfragen, sowie einen Arbeitsplan schreiben können.

Nochmals erwähnt wurde, dass das Suva-Factsheet 33050 (Bodenbeläge, weniger als 5m2) zurückgezogen wurde.

Auch wies Basile darauf hin, dass das Merkblatt zum Rückbau mit dem Bagger kein Freipass ist. So wird jedesmal verlangt:

  • Arbeitsplan: Es braucht ein Sanierungskonzept / ein Arbeitsplan
  • Meldung an die Suva, mind. 2 Wochen vor dem Rückbau
  • Einverständniserklärung: Von den kantonalen oder kommunalen Behörden muss eine Einverständniserklärung eingeholt werden.

Die neue BauAV

Infolge informierte Adrian Bloch, Bereichsleiter Bau über die Änderungen, die in der neuen Bauarbeitenverordnung (BauAV) vorgesehen sind. Die neue Fassung dieser Verordnung tritt auf den 1. Januar 2022 in Kraft. Eine Übersicht über die Änderungen finden sich hier.

Für Asbest-Sanierer besonders relevant:

  • Meldepflicht: Neu werden alle Asbest-Sanierungsarbeiten im «Roten Bereich» meldepflichtig sein, auch Arbeiten von kleinem Ausmass, die ohne Unterdruckzone ausgeführt werden dürfen.
  • Weiterbildung: Spezialisten für Asbestsanierung werden sich regelmässig weiterbilden müssen. Als Minimalanforderung gilt eine Weiterbildung alle 5 Jahre.
  • Eigenes Personal: Suva-anerkannte Spezialfirmen für Asbestsanierungen müssen eigene Spezialist:innen für Asbest-Sanierungsarbeiten, sowie mindestens weitere eigene, bei der Suva gemeldete und für Asbestsanierungen instruierte Arbeitskräfte beschäftigen.
  • Information der Mitarbeitenden: Die Mitarbeitenden müssen über die Ergebnisse des Schadstoffgutachtens informiert werden.

Der Asbest-Sauger

Bereits in der Vergangenheit hat die Suva darüber informiert, dass sie ein erhebliches Gefährdungspotential beim Umgang mit Saugern von Asbestsanierern sieht. Diese Gefährdung lässt sich darauf zurückführen, dass Sauger – im Gegensatz zu UHG – zur Zeit seltener (oder gar nicht) überprüft werden und der Unterhalt nicht immer sachgemäss ist.

Marino Basile präzisierte diesbezüglich:

  • Filter prüfen: Mindestens 1 mal pro Jahr und bei jedem Wechsel des H-Filters muss durch den Hersteller oder Inverkehrsbringer mit einer Partikelmessung nachgewiesen werden, dass der Durchlassungsgrad unter 0.005% liegt. Auf Nachfrage präzisiert die Suva, dass dies sowohl bei einem H13 als auch bei einem H14-Filter gemacht werden muss. Sie müssen also wie die UHG eine Prüfettikette haben.
  • Nur für Asbest: Die Sauger dürfen nur noch bei Arbeiten mit Asbest eingesetzt werden, nicht für andere Arbeiten.
  • Quellabsaugung: Ein Sauger darf nur zur Quellabsaugung verwendet werden, wenn er gemäss Bedienungsanleitung dafür geeignet ist.
  • Sack wechseln: Wenn nicht in einer Zone, dürfen die Säcke von Saugern im Freien mit einer FFP3-Maske gewechselt werden. Wie genau, muss im Benutzerhandbuch definiert sein.
  • Abluft des Saugers: Es muss sichergestellt werden, dass die Abluft des Saugers, die Umgebungsluft nicht kontaminiert. Gemäss Suva ist das in der Praxis wie folgt umzusetzen:
    • Schwarz-Sauger: Der Sauger steht in der Zone und wird nur in der Zone verwendet. Da ein solcher Sauger nie wirklich komplett
      dekontaminiert werden kann, muss er vor dem Ausschleusen eingepackt werden und darf erst in der nächsten Sanierungszone wieder ausgepackt werden.
    • Weiss-Sauger: Der Sauger wird ausserhalb der Zone verwendet und ist somit «sauber». Hingegen muss die Abluft wie bei den UHG ins Freie abgeleitet werden. Auch möglich ist, dass der Sauger ganz im Freien steht.
    • Arbeiten im Orangen Bereich: Der Sauger ist gemäss der Bedienungsanleitung des Herstellers zu verwenden.

Zonen-Freimessung und visuelle Kontrollen

Auch in der Vergangenheit gab es viele Diskussionen zu den Messungen, etwa ob die Freimessung nach einer Sanierung vom Sanierer selber ausgeführt werden darf, und wie viele Messungen nötig sind.
Tobias Styner präzisiert nun:

  • Unabhängigkeit: Die Messung muss von einer rechtlich unabhängigen Firma ausgeführt werden.
  • Anzahl Messungen:
    • Jede Zone muss einzeln freigemessen werden. Auch wenn man mehrere baugleiche Zonen hat (etwa viele Badezimmer bei Strangsanierungen) muss jede Sanierungszone einzeln freigemessen werden.
    • Bei Teilzonen kann man reduzieren: Einzig wenn mehrere Teilzonen zu einer grossen Unterdruckzone zusammengeführt werden, ist eine Reduktion der Anzahl Messungen zulässig (z.B. wenn Küche, Bad, WC, Gang Teil einer grossen Zone sind).
    • Vor Rückbau: Wenn das Gebäude nach der Sanierung zurückgebaut wird, und wenn keine weiteren Arbeiter die Zone betreten, sind keine Messungen nötig.
  • Visuelle Kontrollen sind zu dokumentieren.

Bezüglich Unabhängigkeit war die bisherige Lesart, dass die visuellen Kontrollen und Luftmessungen von einer unabhängigen Person ausgeführt werden sollen, aber nicht müssen (gemäss FACH-Publikation 2955: «die Fachperson, die die visuellen Kontrollen vornimmt, soll von der Asbestsanierungsunternehmung unabhängig sein»). In der französischen und italienischen Version dieses Dokuments heisst es aber, dass sie unabhängig sein müssen («Le technicien réalisant les contrôles visuels doit être indépendant de l’entreprise de désamiantage»). Auf Nachfrage bestätigt die Suva, dass ihre Juristen letztere Lesart als korrekt ansehen und dass die Publikation 2955 diesbezüglich angepasst werden soll.

Zur Anzahl der Luftmessungen besagt die FACH-Publikation 2955 in der Fussnote 7 eigentlich «Fanden Asbestsanierungen in einer hohen Anzahl gleichartiger Räume aus der selben Bauphase statt, kann der zuständigen Behörde folgender Vorschlag gemacht werden: Solange keine erhöhten Konzentrationen lungengängiger Asbestfasern gemessen werden, sind nur in 25 % der sanierten Räume Raumluftmessungen durchzuführen, andernfalls verpflichtet sich die Bauleitung in allen Räumen Messungen vorzusehen». Auf Nachfrage präzisiert die Suva, dass eine Arbeitsgruppe des FACH zur Zeit dran ist, die Publikation 2955 zu überarbeiten. Dabei werden diese Vorgaben nochmals geprüft.

Ausschleusen von Abfällen und Geräten

Auch beim Umgang mit Abfällen gab es Unsicherheiten, respektive unterschiedliche Vorgehensweisen, die zum Teil auch auf kantonale Vorgaben zurückzuführen sind. In seinem Referat präzisiert Daniel Lang folgende Punkte:

  • Materialschleuse obligatorisch: Wenn es Platz hat, muss eine Materialschleuse aufgestellt werden. Wenn dies nicht der Fall ist, muss in der Suva-Meldung angegeben werden, dass die Sanierung nicht konform zu den Vorgaben der EKAS-Richtlinie 6503 ausgeführt wird.
  • Arbeitsweise: Wie die Abfälle auszuschleusen sind, ist im Arbeitsplan zu präzisieren, insbesondere wenn es keinen Platz für eine Materialschleuse hat.
  • Dekontamination der Abfälle: Abfälle müssen in der Schleuse gewaschen und dann nochmals verpackt werden. Das bestehende Vorgehen, die Abfälle bereits in der Zone doppelt zu verpacken, diese dann in der Schleuse zu waschen und schliesslich abzutransportieren, ist nicht mehr zulässig. Inliner-Säcke sind zwar sehr robust, verlangt wird aber auch hier, dass sie in der Schleuse ein zweites Mal verpackt werden.
  • Abfälle müssen vor der visuellen Kontrolle / Schlussmessung ausgeschleust werden. Die bisherige Praxis, Abfälle in der Zone zu belassen (etwa in der Badewanne) und erst nach dem Rückbau der Zone zu entfernen, ist nicht mehr zulässig. Dieser Punkt wurde auch mit dem UGZ so abgesprochen.
  • Zwischenlagern der Abfälle: Abfallsäcke wurden bisher oft in einem andern Raum oder auf einem Parkplatz zwischengelagert, bis sie weggeführt wurden. Neu besagt die Suva dass Abfälle ausserhalb der Sanierungszone in abschliessbaren Behältern zwischenzulagern sind. «Geschlossen» heisst i.A. «abschliessbare Mulde». Abschliessbare Räume gelten als nicht optimal. Auch das Zwischenlagern in Pausenräumen oder ähnlichem ist nicht in Ordnung.

Auch bezüglich Dekontaminieren und Ausschleusen von Geräten sieht die Suva Verbesserungspotential: Geräte müssen entweder «asbestfrei» gereinigt werden, oder sie werden in der Zone verpackt, ausgeschleust und dekontaminiert, und erst in der nächsten Zone wieder ausgepackt. Das Ausblasen von Geräten mit Druckluft betrachtet grundsätzlich kritisch, und zur Reinigung eines Geräts als nicht ausreichend. Ev. können gewisse Geräte in einer fixen Zone auf dem Werkhof ausreichend gereinigt werden.

Weiter Unklarheit besteht bezüglich der Entsorgung vom groben Spitzgut auf einer Deponie B. Einer der Teilnehmer erwähnte, dass gewisse Kantone dies immer noch zulassen. Herr Lang bestätigt, dass dies aus Sicht der Suva in Ordnung ist, dass der Vollzug der Entsorgung aber bei den Kantonen liegt. Dabei muss der Sanierer auf jeden Fall sicherstellen, dass zu keinem Zeitpunkt Asbestfasern freigesetzt werden.

Die häufigsten Fehler

In einem weiteren Vortrag präsentierte Paul Looser die Mängel, die die Suva am häufigsten beanstandet hat.

Zu den schwerwiegenden Mängeln, die auch einen Roten Punkt zur Folge haben, zählen folgende Punkte:

  • Keine oder falsch eingestellte Überwachung des Unterdrucks, z.B. weil das Messgerät ausgeschaltet oder nur auf 10 Pa eingestellt ist. Herr Looser insistiert dabei, dass der Unterdruck auch dann überwacht werden muss, wenn es um kleine Mengen geht (z.B. weniger als 5 m² gemäss Suva Factsheet 33077)
  • Abluft wird nicht ins Freie abgeleitet. Looser empfielt hier, dies täglich zu überprüfen.

Weitere Mängel, die die Suva regelmässig feststellt:

  • Meldefrist: Immer wieder wird die Meldefrist von 2 Wochen nicht eingehalten. Wenn eine Baustelle in Etappen ausgeführt wird, oder wenn der exakte Startzeitpunkt noch nicht bekannt ist, dann kann man auch einen Zeitraum angeben.
  • Beschädigte zu sanierende Materialien: Oft sind zu sanierende Flächen schon vor der Sanierung beschädigt, z.B. durch den Eigentümer, bei der Probenahme oder durch andere Handwerker. Hier muss der Bereich vorher gereinigt werden.
  • Sauger im Weissbereich und Materialschleuse: Diese Punkte wurde oben bereits ausführlich erwähnt.
  • Schlechte Rasur: Damit der Atemschutz effektiv ist, müssen Sanierer immer gut rasiert sein.
  • Arbeitsausführung und Instruktion: Es muss klar sein, wie die Arbeiten auszuführen sind, Die Arbeiter müssen dafür richtig instruiert sein.

Ausserdem erwähnte Looser, dass die Arbeitspläne immer wieder ungenügend seien. Er sprach sich dafür aus, dass Arbeitspläne lieber kurz und bündig seien, anstatt viel Informationen zu enthalten, die nicht relevant sind. Andererseits komme es immer wieder vor, dass wichtiges fehlt, etwa wer die Messungen macht, was saniert werden muss, wer die Abfälle transportiert, etc.

Neue Sanierungsverfahren

Abschliessend sprach Stefan Scherer über die neuen Sanierungsverfahren, in denen die Suva viel Potential sieht, die aber aus Sicht der Suva immer noch in Entwicklung sind und deren Einsatz eine gute Planung voraussetzen.

Die Verfahren und die zur Zeit notwendigen Massnahmen sind auf Polludoc genau beschrieben.

 

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