Serpentinit ist ein natürliches Gestein das manchmal Asbest enthält. Bislang wurde dieses bei Gebäudeexpertisen kaum beachtet. Bei Umbau- oder Rückbauarbeiten kann es aber durchaus eine gewisse Gefahr für die Gesundheit darstellen. Wie aber identifiziert man asbesthaltige Serpentinite im Rahmen von Schadstoffexpertisen?
Wegen seiner charakteristischen Struktur und Farbe (sehr dunkles, glänzendes grün, fast schwarz, aber je nach Art manchmal auch rötlich), sowie seinen guten Verarbeitungseigenschaften, wurde Serpentinit nicht nur zur Herstellung von Tischplatten, in Küchen, Grabsteine und Denkmäler verwendet sondern in grösserem Umfang auch als Wand- und Bodenplatten, insbesondere in prestigeträchtigen Gebäuden wie Kirchen.
Im 2017 hat die Suva ein Merkblatt publiziert, dass die Massnahmen beim Bearbeiten von asbesthaltigem Serpentinit beschreibt. Ob solche Steine bei einer Schadstoffdiagnose/Gebäudecheck aber erfasst werden sollen, war bislang nirgendwo definiert, und viele Fachspezialisten waren sich der Problematik nicht bewusst. Dr. Stefan Scherer von der Suva präzisiert aber: Serpentinit müsse bei einer Schadstoffdiagnose "selbstverständlich" beurteilt werden.
Aber wie geht man dabei vor? Für Nicht-Gesteinsspezialisten dürfte es bereits schwierig sein, Serpentinit eindeutig zu erkennen. Philipp Rück, Mitglied vom Naturstein Verband Schweiz, Geologe und Spezialist für Materialtechnik im Bau sagt, dass man in einem ersten Schritt einige Photos von betreffenden Objekt (Übersicht und Detail) einem Naturstein-Spezialisten senden könne (z.B. beim Naturstein Verband Schweiz selber via serpentinit@nvs.ch). Damit kann meistens schon bestimmt werden ob weiteren Abklärungen und Untersuchungen zielführend und angemessen sind, respektive ob es bei Renovationen asbestfreie Ersatzprodukte gibt.
Handelt es sich nur um kleine Arbeiten, etwa das Bohren von einzelnen Löchern oder eben das Ersetzen von einzelnen Platten, kann auf eine Analyse verzichtet werden, wenn die Arbeiten gemäss Suva-Merkblatt 84072 ausgeführt werden. Befolgt man dann die Vorgaben der Suva, ist die Gesundheit geschützt. Auch wenn ein Material kein Asbest enthalten sollte, ist beim Bohren eine Quellabsaugung und Atemschutz so oder so empfohlen, da auch normaler Feinstaub Lungenkrankheiten wie Silikose auslösen können.
Erst bei grösseren Umbau- oder Rückbauprojekten, wo Serpentinit grossflächigen bearbeitet wird, etwa beim Abschleifen oder Herausspitzen, lohnt sich eine Asbest-Analyse.
Gemäss Philipp Rück kann man bei Materialien mit hohen Asbestgehalten relativ schnell sagen, ob Asbest vorhanden ist. Bei geringen Konzentrationen wird es aber komplizierter. Dr. Ivan Surace, Geologe und Mineraloge im Labor Geopro SA hat mehr als 15 Jahre Erfahrung in diesem Bereich. Im 2011 hat er einen wissenschaftlichen Artikel zu diesem Thema publiziert. Gesteine, erklärt Dr. Surace, seien anders als die klassischen Asbestprodukte, und man könne sie nicht gleich behandeln:
- Geringe Konzentrationen von Asbest (oft im Bereich von einigen ppm) sowie wenn vorhanden, grosse Heterogenität.
- Auf Grund der Härte und des Zusammenhalts, Schwierigkeit, die Asbestfasern aus dem Gestein zu lösen.
- Vorhandensein und Koexistenz im gleichen Gestein von Asbest- und Nicht-Asbest-Fasern (z.B. Serpentinite, die hauptsächlich aus Antigorit bestehen, dessen Fasern Asbestfasern sehr ähnlich sind). Wird in solchen Fällen die Analyse nicht korrekt und mit den richtigen Mitteln und viel Erfahrung ausgeführt, kommt man sehr einfach zu falschen Resultaten, und man findet Asbest da, wo es keinen hat.
- Vorhandensein von Asbest-Mineralien, vor allem der Amphibolgruppe (Tremolit, Anthophyllit, etc), die nicht die morphologischen Eigenschaften von Asbest haben, die aber bei mechanischer Bearbeitung trotzdem lungengängige Asbestfasern freisetzen können.
Für eine Analyse reicht es also nicht, ein wenig Material abzukratzen und ins Labor zu schicken, wie man dies für andere asbestverdächtige Materialien macht. Man braucht eine repräsentative Probenahme, die in gewissen Fällen, wie bei den Ophicalciten, mehrere Quatratdezimeter gross sein sollte. Oder man bittet den Geologen/Mineralogen, direkt vor Ort selber eine Probe zu nehmen.
Wegen dieser Komplexität, und weil es auf internationaler Ebene keine einheitlichen Kriterien gibt, ist es durchaus möglich, dass Gesteine, die in einem Land als "garantiert asbestfrei" verkauft werden, in andern Ländern als asbesthaltig beurteilt und somit verboten sind. Ein auf die Analytik von Asbest in Natursteinen spezialisiertes Labor ist also unabdingbar.
Noch völlig unklar ist hingegen das Vorgehen bei künstlichen Boden- und Wandplatten, die durchaus auch Serpentinit-Stücke enthalten können, etwa bei Terazzo-Böden.