Nach dem Kanton Genf führt jetzt auch der Kanton Waadt eine gesetzliche Grundlage ein, die eine Asbest-Expertise vor Umbau- oder Abbrucharbeiten obligatorisch macht. Sobald das Gesetz, über das der Grosse Rat des Kantons gestern entschieden hat, in Kraft tritt, wird eine Bewilligung für einen Abbruch oder einen Umbau eines Gebäudes das vor 1991 gebaut wurde, nur noch dann erteilt, wenn vorher durch eine ausgebildete Fachperson eine Asbest-Diagose durchgeführt hat.
In den Kantonen, die über keine kantonale gesetzliche Grundlage, kommt nach wie vor die EKAS Richtlinie 6503 zum Einsatz. Diese hält fest, dass ein Gebäude dann auf Asbest untersucht werden muss, wenn vor Abbruch- und Umbauarbeiten ein "Verdacht" auf das Vorhandensein von Asbest besteht. Diese Richtlinie lässt hingegen relativ viel Spielraum bei der Interpretation des Ausdrucks "Verdacht". Somit ist es in den meisten Kantonen, insbesondere in der Deutschschweiz, heute noch eher die Ausnahme, das vor Abbruch- und Umbauten eine Asbest-Expertise durchgeführt wird.
Den Kantonen Genf, und jetzt auch Waadt, war diese Definition zu wenig präzise. Da man heute weiss, dass wohl über 95% der Gebäude, die vor 1991 gebaut wurden, noch asbesthaltige Materialien enthalten, wurde in diesen Kantonen entschieden, dass sämtliche Gebäude, die vor 1991 erbaut wurden, als "verdächtig" angesehen und von einer Fachperson untersucht werden müssen.
Ähnliche Gesetzesvorschläge sind offenbar auch in anderen Kantonen in Vorbereitung, insbesondere im Kanton Neuenburg und Freiburg. Ob und wann diese konkreter werden, ist aber noch nicht bekannt.
Der waadtländer Grosse Rat hat aber den Vorschlag abgelehnt, die Resultate der Gebäude-Expertisen systematisch auf einer Internet-Datenbasis zu publizieren. Eine solche Publikation hätte es Handwerkern, etwa Kundenmaurern, Elektrikern, Plattenleger usw, erlaubt, vor dem Beginn einer Arbeit abzuklären, ob im Gebäude Asbest vorhanden ist, und zwar auch dann, wenn keine Baubewilligung notwendig ist. Eine Mehrheit hat aber den Vorschlag angenommen, die Publikation der Resultate freiwillig zu machen. Eine erneute Debatte zu diesem Thema ist aber vorgesehen.
5.5.2010
S. Schneebeli
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