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Der Beilsteintest zum Nachweis von FCKW

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Simon Schneebeli; Dezember 10, 2018

Schaumstoffe enthielten bis 90er Jahre und zum Teil sogar noch danach ozonschädigende Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW). Solche Isolationen gelten normalerweise nicht als Sonderabfälle und können in einer KVA entsorgt werden, da die FCKW dort weitgehend zerstört werden. Problematischer sind Sandwich-Elemente, wie man sie manchmal auf Dächern, in Fassaden oder in Kühlkammern findet. Wie  aber weiss man, ob eine Isolation FCKW enthält ? Und wenn ja, wie werden solche Materialien entsorgt ?

Um was geht es

Dämmaterialien wie Polyurethan (PU) oder Polystyren (XPS) enthalten ein "Treibgas". Dieses sollte chemisch inert und stabil sein. Diese Anforderungen erfüllten die Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW). Wenn diese Gase aber in die Atmostphäre gelangt, schädigen sie die Ozonschicht und wirken dort als starkes Treibhausgas.

Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass eine Entsorgung dieser Gase in einer normalen Kehrichtverbrennungsanlage gut funktioniert, da die FCKW dort weitgehend zerstört werden (1). Somit werden normale Schaumstoffe nicht als Sonderabfälle angesehen, müssen bei einer Schadstoffdiagnose nicht untersucht werden und können einfach in einer KVA entsorgt werden.

Problematischer sind aber sogenannte Sandwich-Elemente. Um diese zu entsorgen, müssen die Blech-Platten vom Schaumstoff getrennt werden. Dies geht aber nicht, ohne dass die Gase freigesetzt werden. Für den Menschen ist dies ungefährlich. In die Atmosphäre gelangen sollten sie aber nicht. Entsprechend sind sie auch in der neuen Vollzugshilfe zur VVEA Art. 16, Modul Bauabfälle (zur Zeit in Vernehmlassung) explizit erwähnt (2).

Wie kann man FCKW nachweisen.

Wie weiss man nun, ob ein solches Schaumstoffmaterial FCKW enthält? Grundsätzlich kann man sagen :

  • Bis Anfang 90er-Jahre : Das Material enthält praktisch immer FCKW.
  • Nach ca. 2004 : FCKW sind praktische aus der Produktion verschwunden (3).
  • Dazwischen : Entweder geht man auch hier einfach davon aus, dass sie FCKW enthalten. Alternativ kann man mit dem einfachen Beilsteintest prüfen, ob das Material Chlor enthält oder nicht.

Wie funktioniert der Test

Für den Beilsteintest braucht man ein Stück Kupferblech oder ein Kupferdraht, der genug dick ist, dass er sich auch bei hohen Temperaturen nicht gleich verbiegt (idealerweise 1mm oder mehr).

Diesen Draht erhitzt man, bis er in der Flamme des Bunsen- oder Propan-Brenners rot glüht und die Flamme des Brenners ausser dem normalen leichten Blaustich farblos ist.

Anschliessend hält man den Kupferdraht kurz auf das zu testende Material und dann gleich wieder in die Flamme.

Wenn sich die Flamme grün verfärbt enthält das Material Chlor, und im Fall von Schaumstoffen höchstwahrscheinlich FCKW.

Zu beachten

Um wirklich ein zuverlässiges Resultat zu erhalten, sollte man folgendes beachten (4) :

  • Sauberkeit: Zwischen Versuchen ist es gut, wenn man den Kupferdraht mit Wasser und Salpetersäure (10%) reinigt. Alternativ : jeweils einen neuen Draht nehmen. Grundsätzlich gilt aber, wenn die Farbe beim Erhitzen des Drahts farblos ist, kann man den Test durchführen.
  • Gedämmtes Licht: Wenn wirklich FCKW in einem Isolationsmaterial drin sind, sollte man dies relativ gut sehen. Im Zweifelsfall den Test im Dämmerlicht oder einem abgedunkelten Raum durchführen, damit man die Verfärbung besser sieht.
  • Guter Kontakt zwischen Dampf/Rauch und dem Kupfer: Um auch ganz geringe Mengen von Chlor noch nachweisen zu können, wird empfohlen, das zu testende Material in die Zuluft zum Brenner zu halten, dann den rotglühenden Kupferdraht drauf zu halten, damit der Rauch beim Verkohlen von der Flamme angesogen wird.
  • Keine andere Materialien berühren: Auch normales Plastik kann Chlorverbindungen enthalten. Der Draht sollte also nur mit dem zu testenden Schaumstoff in Kontakt kommen.
  • Achtung Dioxine: Beim Erhitzen von Plastik-Materialien können auch Dioxine entstehen. Wird dieser Test häufig durchgeführt, kann es gut sein, eine Atemschutzmaske mit Aktivkohlefilter zu tragen.

Wie entsorgt man das Material

Handelt es sich um ein Sandwichmaterial und wird beim Test FCKW nachgewiesen, stellt sich nun die Frage, wie man es entsorgen soll. Unsere Nachforschungen haben ergeben, dass Recycling-Firmen bereits heute Elemente von Kühlkammern (z.B. Türen) getrennt entgegennehmen und anschliessend einem Spezialunternehmen übergeben, das die Materialien in einer hermetisch geschlossenen Kammer auftrennt. Im Moment scheint es nur eine einzige Anlage in der Schweiz zu geben, die über eine solche Kammer verfügt. Es ist zu hoffen, dass es bald weitere Anlagen gibt, denn Treibgase ohne Chlor (z.B. FKW) sind zwar nicht mehr ozonschädigend, dafür aber sehr potente Klimagase (5). Entsprechend wäre es wohl sinnvoll, wenn eines Tages alle Sandwich-Materialien, unabhängig vom Alter, in einer KVA entsorgt werden.

Quellen:

Neues Ausbildungszentrum für Bauschadstoff-Spezialisten

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Simon Schneebeli; August 13, 2018

Von 2013 bis 2017 haben die Firmen Bafob GmbH und Picadus, S. Schneebeli, ein gemeinsames Kursangebot für Asbest- und Bauschadstoff-Spezialisten aufgebaut. Mit der Auflösung dieser Zusammenarbeit im Frühjahr 2018 stellte sich für Simon Schneebeli die Frage, ob daraus ein neues Kursangebot entstehen soll, und wenn ja in welcher Form.

Eine neue Organisation

Spannende Gespräche mit Fachleuten aus verschiedenen Bereichen haben zum Entschluss geführt, unter dem Namen Bildungszentrum Bauschadstoffe Bilbau eine neue, eigenständige und unabhängige, von verschiedenen Firmen mitgetragene Organisation aufzubauen. Diese wurde am 10. Juli 2018 formell gegründet.

Das Bildungszentrum ist eine Non-Profit organisation (Verein). Damit wollen wir sicherstellen, dass das Angebot wirklich im Dienst der Mitglieder steht.

Gleichzeitig wollen die Gründer aber keine schwerfällige Struktur aufbauen. Das Mitglieder-Modell sieht daher einen einfachen Mitglied-Status als Passiv-Mitglied vor und beschränkt das Stimmrecht auf jene Personen oder Organisationen, welche entweder aktiv am Aufbau der Organisation und des Kursangebotes mitwirken, oder dies substanziell finanziell unterstützen. Mehr Infos dazu finden sie hier.

Ein wachsendes Kursangebot

Das Bildungszentrum wird Grundkurse für Bauschadstoff-Spezialisten (Diagnostiker, Fachbauleiter, Sanierer) anbieten. Dieses Angebot wird in den nächsten Monaten aber mit weitere Kursen ergänzt werden.
Neben den Kursen wollen wir attraktive Workshops/Ateliers anbieten, in welchen Mitglieder ihre Kenntnisse vertiefen und ergänzen können. Diskussionen mit verschiedenen externen Partner sind bereits im Gang.

Eigene Räumlichkeiten

Noch sind wir auf der Suche nach eigenen Räumlichkeiten. Temporär können wir Räumlichkeiten der Firma Arcadis Schweiz AG nutzen, und für die Kurse für Asbest-Sanierer arbeiten wir mit dem Ausbildungszentrum der Baumeister in Effretikon zusammen. Längerfristig wollen wir aber unsere eigenen Räumlichkeiten. Ideal dafür wäre eine Zwischennutzung in einem älteren Gebäude (Industriegebäude?), das wir als „Übungsgelände“ verwenden könnten.

Die Partner des Bildungszentrums

Bislang beteiligte Firmen sind Gebäudediagnostik Schmid AG, DS-Projekte GmbH, Arcadis Schweiz AG und Picadus, S. Schneebeli. Wenn Sie selber an einer Zusammenarbeit interessiert sind, finden Sie Informationen zur Mitgliedschaft hier.

Sie finden uns auch auf Facebook und Linkedin.

Neue Asbest-Sanierungstechnologien: Test-Baustellen gesucht

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admin11; Juli 08, 2018

Offiziell müssen heute Verputze von Gebäude bei jeder Asbest-Expertise beprobt und untersucht werden. Die Erfahrung zeigt in der Tat, dass ca. 20% der Verputze sowohl innen als auch aussen Asbest enthalten. Und wenn dann Asbest vorhanden ist, geht es schnell um sehr grosse Flächen. Die Sanierung dieser Flächen wird zur Zeit in der Regel in einer Unterdruckzone ausgeführt. Die Verputze werden dabei in der Regel mit von Hand gehaltenen Schleifmaschinen mit einer Quellabsaugung abgeschliffen. Insbesondere bei Verputz an Decken ist dies eine extrem anstrengende Arbeit.

Verschiedene Firmen arbeiten an Geräten oder Anlagen, die diese Arbeit vereinfachen sollen, und die zum Teil schon sehr weit ausgereift sind.

AS-Protek: Schadstoffsanierung mit Wasser-Höchstdruck

Das am weitesten entwickelte Verfahren ist jenes, das die französische Firma AS-Protek zusammen mit Kärcher entwickelt hat. Vor mehreren Jahren schon haben sie mit der Entwicklung von einem Sanierungs-Roboter begonnen, der mit Wasser-Höchstdruck asbesthaltige Verputze aber auch Boden/Wandbeläge und sogar Spritzasbest entfernen kann. Die Anlage ist dabei mit einer Saug- und Filteranlage ausgestattet, die so effizient ist, dass die Behörden in Frankreich ihr ok gegeben haben, dass die Arbeiten ohne Einhausung durchgeführt werden können.

Der Wasser-Kompressor und die Filteranlage sind recht gross, können aber durchaus ausserhalb des Gebäudes stehen bleiben. Der Sanierungsroboter selber ist klein genug, dass er auch in kleinen Räumen wie Badezimmern und Wohnungen eingesetzt werden kann. Da man auf den Aufbau einer Unterdruckzone verzichten kann, ist die Zeiteinsparnis sehr gross. Ausserdem ist die Arbeit um ein vielfaches weniger anstrengend für die Arbeiter. Die Anlage funktioniert aber nur auf Beton-Untergrund und das Personal muss für die Arbeit mit der Anlage speziell geschult werden.

 

Decon-Green: Die Sanierungstechnik aus der Nuklear-Industrie

Decon-Green ist ein weiterer Sanierungsroboter, der sich allerdings noch im Stadium des Prototypen befindet. Im Gegensatz zu AS-Protek wird nicht mit Wasser gearbeitet, sondern geschliffen. Die Technologie wurde ursprünglich in Deutschland für die Sanierung von radioaktiv kontaminiertem Baumaterialien in Kernkraftwerden entwickelt. Die französische Firma Captivor arbeitet aber daran, diese Technologie für Asbestsanierungen nutzbar zu machen.

Im Gegensatz zu AS-Protek hat dieses Gerät den Vorteil, dass sie auch auf andern Materialien als Beton eingesetzt werden kann.

 

ASUP-enviro: Das kompakte Fräsverfahren für die Boden-und Wandbearbeitung

Bereits in der Schweiz auf dem Markt ist die von ASUP entwickelte Gerätekombination ASUP-enviro. Diese beinhaltet:

  • Eine leistungsfähige Saugzentrale bestehend aus einem Staubsauger und einem Vorabscheider

  • Verschiedene Fräsen (je nach Anwendung: Boden, Wand, Eck-Fräsen)

  • Unterdruck-Box (ein Gerät, das zwischen das Schleifgerät und den Sauger gehängt wird und den Strom unterbricht, wenn die Saugleistung unter einen eingestellten Wert fällt)

  • Alle weiteren Geräte und Utensilien um die Arbeiten sauber auszuführen

Das Arbeiten mit dieser Kombination von Geräten wurde auf verschiedenen Baustellen in Deutschland getestet und erfüllt die Anforderungen der BGI 664 (Verfahren mit geringer Exposition gegenüber Asbest) der deutschen Baugenossenschaft. Geräte für Arbeiten an der Wand und an der Decke müssen aber immer noch von Hand geführt werden. Aber auch ASUP arbeitet an einer Weiterentwicklung.

Gesucht: Test-Baustellen

Um solchen Geräten oder auch Anlagen, die von Sanierern selber entwickelt wurden, in der Schweiz zum Durchbruch zu verhelfen, sucht die Suva Baustellen, auf welchen solche Geräte getestet werden können. Sollten Sie etwas entsprechendes haben, bitte bei info@picadus.ch melden.

Weitere Informationen finden Sie ausserdem auf www.asbest.tech.

Ökobilanz von Asbestsanierungen: Asbest im Verputz und Fliesenkleber

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Simon Schneebeli; Dezember 08, 2017

Letztes Jahr berichteten verschiedene Medien dass Studien zeigen, dass der Nutzen von Zahnseide fraglich ist. Auch wurde erwähnt, dass es praktisch keinen zusätzlichen Nutzen bring, wenn man seine Zähne länger als zwei Minuten putzt.

Ist es möglich, dass wir bei Asbest in einer ähnlichen Situation sind? Gibt es einen Punkt, ab welchem weitere Vorkehrungen zum Schutz vor Asbest mehr schaden als nutzen?

Letztes Jahr hat die SUVA, die in der Schweiz für den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmenden zuständig ist, ein Merkblatt herausgegeben, gemäss welchem Gebäude mit Asbest im Fliesenkleber und – durch Analgie – Anstrichen oder Verputzen ohne vorgängige Asbestsanierung mit einem Bagger zurückgebaut werden können.

Zuvor mussten solche Materialien durch eine akkreditierte Sanierungsfirma in einer Unterdruckzone und mit voller Schutzausrüstung entfernt werden. Solche Arbeiten ziehen sich oft über Tage wenn nicht Wochen dahin. Während der ganzen Zeit atmen die Arbeiter geringe von Asbestfasern ein, denn keine Maske ist hundert Prozent dicht. Ausserdem sind Arbeiten auf einem Gerüst immer mit einer erhöhten Gefahr von Stürzen oder andern Verletzungen verbunden. Letztere Gefahr kann sogar noch grösser sein, als die Gefahr durch geringe Mengen von eingeatmeten Asbestfasern in diesem spezifischen Fall.

Gemäss des neuen Merkblattes dürfen Gebäude mit Asbest im Fliesenkleber oder im Verputz ohne vorherige Sanierung mit einem Bagger zurückgebaut werden. Die Materialien müssen permanent benetzt werden und die Arbeiter, auch der Baggerführer müssen eine “leichte” persönliche Schutzausrüstung tragen (FFP3-Maske, Schutzanzug).

Diese Methode hat eine Reihe von Vorteilen gegenüber einer „konventionellen“ Asbestsanierung: Die Dauer der Arbeiten, und somit die Dauer der Exponierung der Arbeiter ist viel kürzer. Das Risiko von „normalen“ Arbeitsunfällen ist geringer. Und natürlich kosten solche Arbeiten viel, viel weniger.

Aber was ist mit dem Schutz der Umwelt und der Bevölkerung? Wie gross ist die Asbestexponierung der Nachbarschaft? Was passiert mit dem Asbeststaub, der sich auf dem Boden ablagert? Und wie steht es mit dem Recycling von Materialien von solchen Baustellen aus?

Da diese Fragen nicht im Kompetenzbereich der SUVA liegen, verlangt sie, dass man für solche Baustellen auch die Bewilligung der lokalen Behörden (Gemeinde oder Kanton) einholt.

Zur Zeit sind nur wenige Behörden bereit, eine solche Bewilligung zu erteilen, auch wenn mittlerweile eine ganze Reihe von Messungen durchgeführt wurden, die zeigen, dass die Belastung mit Asbestfasern weit unter dem Grenzwert liegen. Das Hauptargument ist, dass es einfach zu viele Unbekannte gibt, insbesondere zur Frage der Kontamination der Umgebung.

Die Diskussion zu dieser Frage hat diesen Frühling mit der Publikation einer Ökobilanz zu verschiedenen Sanierungsmassnahmen neuen Schwung erhalten. Die im Auftrag vom Kanton Zürich ausgeführte Studie verglich den ökologischen Nutzen (gemessen in UBP, Umweltbelastungspunkte gemäss der Methode der ökologischen Knappheit) und gesundheitlichen Einfluss von verschiedenen Sanierungsmethoden (gemessen in DALY, Disability adjusted life years). Das heisst, über die Gefahr für die Gesundheit der Arbeiter hinaus, integriert diese Studie auch die „graue Energie“ (Energieverbrauch für die Sanierung und den Transport der Abfälle) sowie der Einfluss der Abfälle und die Gesundheit der Bevölkerung.

Die Studie kommt zum Schluss, dass die Sanierung eines Gebäudes mit Asbest im Fliesenkleber oder Verputz sowohl für die Umwelt als auch für die Gesundheit der Bevölkerung insgesamt schlechter ist, als wenn das Gebäude mit dem Bagger zurückgebaut wird, so wie es die SUVA vorschlägt. (Diese Argumentation bezieht sich nicht auf Umbau/Renovationsarbeiten).

Bevor wir zu den Schlussfolgerungen kommen ist es wichtig, dass wir verstehen um welche Grössenordnung es geht: Man geht zur Zeit davon aus, dass etwa 10 bis 15%, vielleicht sogar bis zu 20% der vor 1990 gebauten Gebäude Asbest im Verputz haben (innen oder aussen). Für Fliesenkleber sind es ca. 25%. Wir sprechen von Materialien, die in der Regel weniger als 1% Asbest enthalten. Insgesamt stellt das aber immer noch eine grosse Menge Asbest dar. In finanziellen Zahlen sprechen wir für die Schweiz von einigen Milliarden Franken, die für eine Sanierung notwendig wären.

In Anbetracht der Grösse des Problems ist es verständlich, dass die Behörden zurückhaltend sind mit einer Entscheidung. Aber einfach eine Sanierung verlangen, ist auch keine Option, wenn man weiss, dass der Nutzen für die Umwelt und die Bevölkerung aber auch für die Arbeitnehmenden gering oder sogar negativ ist. Es ist also notwendig, weitere Daten zu sammeln und auszuwerten, insbesondere zu Fragen wie: Wie verhält sich Asbest auf die Dauer in der Luft (Sedimentierung der Fasern aus der Luft)? Wie sieht es aus mit Asbestfasern im Boden? Und dem Abwasser der Baustelle?

Eine abschliessende Bemerkung: Es ist wichtig zu verstehen, dass Asbest im Verputz oder Fliesenkleber für die Bevölkerung/Einwohner KEINE Gefahr darstellt. Solche Materialien können problematisch werden, wenn sie entfernt werden. Aber wenn wir die von diesen Materialien ausgehende Gefahr mit andern Materialien vergleichen, etwa mit Spritzasbest, dann kommen wir auch bei einer unsachgemässen Bearbeitung auf eine Belastung, die um einen Faktor 1000 bis 1 Million niedriger ist. Eine Debatte, wir wir sie zur Zeit zum Thema Glyphosate haben, wäre somit nicht berechtigt.

Asbest-Diagnose vor Immobilien-Kauf : Ja oder nein ?

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admin11; Oktober 09, 2017

Die Mehrheit der Häuser enthalten Asbest. In den allerwenigsten Fällen stellt dieser Asbest eine Gefahr für die Gesundheit der Nutzern oder Anwohner dar. Hingegen kann bei einem Umbau oder Abbruch eine sehr teure Sanierung nötig werden. Sollte man daher vor dem Kauf eines Hauses eine Asbest-Untersuchung durchführen lassen?

Eine junge Familie kauft sich ein Eigenheim. Das Haus wurde in den siebziger Jahren gebaut und ist attraktiv gelegen. Kaufpreis: Wohl um die 1 Mio CHF.

Sobald der Vertrag unterzeichnet ist, machen sie sich an die Planung der Renovierung des Hauses: Neue Küche, neue Badezimmer, neue Bodenbeläge. Sie engagieren dafür einen Architekten der auch die Baubewilligung einholen soll.

Seit 2016 braucht es in der Schweiz für die Baubewilligung eine Asbest-Expertise (auch Asbest- oder Bauschadstoff-Diagnose oder Gebäude-Check genannt). Damit kann das Vorhandensein dieses gefährlichen Stoffs im Vornherein abgeklärt und der Schutz der Gesundheit der Arbeiter sichergestellt werden.

Ein Asbest-Spezialist macht also eine Runde im Gebäude und nimmt Proben von Materialien, die Schadstoffe enthalten können. Diese werden anschliessend in einem Labor untersucht.

Überraschung als die Resultate eintreffen: Sämtliche Fliesenkleber enthalten Asbest! Und leider ist ein Grossteil der Böden mit Fliesen bedeckt! Kein Problem für die Gesundheit der Familie: Der Asbest ist unter den Fliesen versteckt und stellt somit keine unmittelbare Gefahr dar. Hingegen: Ausgeschlossen, dass man die Renovierung ohne vorherige Asbest-Sanierung durchführt.

Kosten der ganzen Operation: Ca. 25‘000 CHF! Und da die Asbest-Expertise erst NACH der Unterzeichnung des Vertrags durchgeführt wurde, kann man sich nicht mehr an den Verkäufer wenden und „versteckte Mängel“ geltend machen (in Frankreich etwa wäre dies von Gesetzes wegen unter Umständen möglich).

Im Vergleich zum Kaufpreis ist dies nicht enorm. Da das Budget der Familie aber nicht unbegrenzt ist, müssen Sie bei der Renovierung ihres künftigen Eigenheims doch gewisse Abstriche machen.

Braucht es vor einem Hauskauf eine Asbest-Expertise?

Sollte man also jedem Hauskäufer empfehlen, vor dem Kauf eine Asbest-Expertise zu veranlassen? In Frankreich ist dies obligatorisch. In der Schweiz hingegen gibt es keine Vorschriften oder Empfehlungen? Hingegen empfehlen mehr und mehr Liegenschaftmakler ihren Kunden eine Expertise durchzuführen.

Ein Haus ohne Asbest-Expertise ist wie Lotto spielen: Ungefähr 25 bis 30% der Fliesenkleber enthalten Asbest (in Gebäuden, die vor dem Asbestverbot gebaut wurden, in der Schweiz 1990). Seltener findet man Asbest im Innen- oder Aussenverputz: Nach Angaben von verschiedenen Laboratorien enthalten etwa 7 bis 15% der Verputze Asbest. Die Kosten etwa für die Sanierung eines Badezimmers betragen ca. 2000 bis 4000 CHF. Muss eine ganze Fassade saniert werden, kann es schnell um mehrere Zehntausend Franken gehen. In ganz seltenen Fällen, insbesondere bei Industriegebäuden mit Spritzasbest kann die Sanierung sogar mehr kosten als die Liegenschaft wert ist.

Demgegenüber sind die Kosten einer guten Asbest-Expertise relativ gering. Für ein Einfamilienhaus muss man mit ca. 2000 CHF rechnen.

Sollte man also vor jeden Hauskauf eine Asbest-Expertise durchführen lassen? Letzten Endes muss dies jeder für sich entscheiden. Da ich als Asbest-Berater selber voreingenommen bin, enthalte ich mich einer Empfehlung.

Und wenn man eine Asbest-Expertise durchführt, was soll untersucht werden?

In der Schweiz gibt es keine Vorschriften oder Empfehlungen für Expertisen vor Verkauf. Die von der Vereinigung Asbest-Berater Schweiz VABS definierte „Diagnose Normale Nutzung“ betrifft nur die Risiken für die Gesundheit der Nutzer eines Gebäudes, nicht aber das finanzielle Risiko.

Wie soll man also vorgehen? Folgende zwei Punkte sollten Teil des Auftrags des Diagnostikers sein:

  • Risiken für die Nutzer / Anwohner identifizieren: Dies entspricht der „Diagnose Normale Nutzung“ gemäss Pflichtenheft der VABS. Sie betrifft sämtliche Materialien, die mit ohne oder mit einer einfachen Demontage zugänglich sind, etwa Spritz-Isolationen, Akustik-Platten etc. Wenn solche Materialien vorhanden sind, muss eine Probe genommen und im Labor untersucht werden, ob sie Asbest enthalten. Wenn dies der Fall ist, muss innert nützlicher Frist saniert werden.
  • Finanzielle Risiken identifizieren: Ein asbesthaltiger Fensterkitt oder eine Faserzement-Platte hinter einem Herd stellt ein sehr geringes finanzielles Risiko dar. Hingegen können Fliesen oder Verputze (innen sowohl als auch aussen) durchaus hohe Sanierungskosten verursachen, auch wenn sie für die Nutzer des Gebäudes keine Gefahr darstellen.

Soll man also vor jedem Verkauf eine komplette Asbest-/Bauschadstoff-Expertise durchführen („Diagnose vor Abbruch/Umbau“ gemäss Pflichtenheft VABS)? Nicht unbedingt. Hier ein Beispiel: Wir hatten den Auftrag ein grösseres Bürogebäude auf Asbest zu untersuchen. Verkaufspreis: Ca. 3 Mio. CHF. Der Auftrag kam vom möglichen Käufer, wobei der Vertrag aber noch nicht unterzeichnet war. Entsprechend konnten wir nur wenige Proben nehmen.

Es hat sich herausgestellt, dass sich auf jedem Stockwerk ein WC und eine Kochnische mit Fliesen befindet. Sollte der Kleber untersucht werden? Wenn diese tatsächlich Asbest enthalten, würde dies Sanierungskosten von ca. 50‘000 CHF verursachen. Der potentielle Käufer hat sich daher entschieden, die Fliesenkleber nicht zu beschädigen, da die 50‘000 CHF für die Sanierung im Vergleich zum Wert des Gebäudes einen geringen Betrag darstellen.

Ausser wenn sowieso eine Renovierung (oder ein Rückbau) des Gebäudes vorgesehen ist, muss also von Fall zu Fall entschieden werden, was sinnvoll ist.

Was also tun wenn man ein Haus kaufen will?

Wenn Sie ein Haus kaufen wollen, gibt es vier Möglichkeiten:

  • Vom Verkäufer eine Schadstoff-Diagnose verlangen. Der Verkäufer ist keineswegs gezwungen der Anfrage folge zu leisten.
  • Den Verkäufer fragen, ob Sie selber eine Expertise des Gebäudes veranlassen dürfen. Auch hier kann der Verkäufer ablehnen. Ausserdem: Wenn Sie das Gebäude dann doch nicht kaufen, müssen Sie die Kosten der Schadstoff-Diagnose selber tragen.
  • Im Kauf-Vertrag die Risiken für das Vorhandensein von Asbest nicht ausschliessen, damit Sie im Nachhinein Sanierungskosten weiter verrechnen können. Auch diese Praxis ist in der Schweiz nicht üblich und dürfte kaum durchsetzbar sein.
  • Den Vertrag unterzeichnen und dabei hoffen, dass kein Asbest vorhanden ist. Wie erwähnt sind die möglichen Kosten für eine Asbestsanierung im Vergleich zum Preis des Gebäudes meist gering. Ein gewisses Risiko bleibt aber.

Für den Verkäufer ist die letzte Option die beste, da er damit das Risiko auf den Käufer abwälzt. Dem Käufer ist aber klar die erste Option zu empfehlen, allenfalls die zweite.

Druck und Motivation: Erfolge darf man durchaus zelebrieren

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Simon Schneebeli; April 27, 2017

Am 9. Dezember fand in Bern der erste Asbest- und Schadstoff-Kongress der Schweiz statt.Am Anlass wurde auch dem Thema Stress und Motivation für Asbestsanierer eine Podiumsdiskussion gewidmet.

Warum ist Asbestsanieren ein stressiger Job

Zum Kontext: In Folge der strenger werdenden Vorschriften nimmt die Nachfrage im Bereich der Asbestsanierungen zu. Gleichzeitig nimmt aber auch das Angebot zu, wodurch der Kostendruck hoch bleibt. Die für die Sanierung eingeplante Zeit ist hingegen nicht immer genügend.

Schliesslich kommt hinzu, dass die SUVA Asbestsanierungen streng kontrolliert. Bei schwerwiegenden Verstössen gegen die Vorschriften, etwa wenn die zweiwöchige Meldefrist nicht eingehalten wird, erhält die Sanierungsfirma einen “Roten Punkt”. Sobald eine SUVA-anerkannte Firma vier Rote Punkte hat, muss sie die Sanierungsaktivität während eines Jahres einstellen, was wiederum für die gesamte Belegschaft enorme Konsequenzen hat.

Der Druck, der sich aus diesem Zusammenhalt ergibt, lastet in erster Linie auf den Personen, die für eine Sanierungsbaustelle verantwortlich sind. Dieser Druck wird als deutlich höher wahrgenommen als in andern Bereichen des Baugewerbes. Dies führt zu höherem Personalwechsel und im schlimmsten Fall sogar zu Burnouts. Daher die Frage: Wie kann man diesem “Verschleiss” entgegenwirken?

Verschleiss entgegen wirken

Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion waren sich einig, dass man bei der Arbeitssicherheit keine Abstriche machen dürfen. Einer der wichtigsten Ansatzpunkte bleibt somit die Planung der Arbeiten: Den Bauherrn, auch Privatpersonen, die Sanierungen in Auftrag geben, muss klar sein, dass die diese nicht eine “Kleinigkeit” ist, die neben andern Abbruch/Umbauarbeiten läuft, sondern dass es sich um eine explizit einzuplanende Bauphase handelt.

Die Sanierer nehmen hier auch die Fachbauleiter in die Pflicht, die hier einen Einfluss auf das Projekt nehmen können. Aber auch die Ausbildung und Erfahrung der Sanierer spielt eine Rolle: Je sicherer ein Sanierer ist, desto ruhiger und geht er eine Aufgabe an und desto mehr kann er Probleme antizipieren. Gerade wenn temporäres Personal auf der Baustelle ist, ist eine zum Teil intensive Begleitung notwendig.

Ein regelmässigerer Austausch unter Fachleuten sowie kontinuierliche Weiterbildungen, auch zur allgemeinen Arbeitssicherheit, ist hier anzustreben.

Ein Bonus-Malus-System?

In der Diskussion wurde auch vorgeschlagen, das Rote-Punkte-System der SUVA in ein “Bonus-Malus-System” umzuwandeln: Fängt eine die für die Sanierung zuständige Person heute einen “Roten Punkt” ein, ist dies für ihn äusserst frustrierend und kann für die Firma sogar ein Grund für eine Entlassung sein. Würde das System in ein Bonus-Malus-System umgebaut, in welchem nicht nur Mängel ermittelt, sondern auch Stärken erwähnt werden, hätte dies eine viel stärker motivierende Wirkung. Man könnte sich z.B. vorstellen, dass es einen “Grünen Punkt” gibt, wenn es auf einer Sanierungsbaustelle keine Beanstandungen gegeben hat, und wenn man zehn Grüne Punkte hat, würde dies einen Roten Punkt kompensieren.

Erfolge zelebrieren

Wir haben die Themen dieser Diskussion der SUVA unterbreitet. Sie weisst berechtigterweise darauf hin, das hohe Gefahrenpotential von Asbest das strenge Vorgehen berechtigt. Sie unterstreicht die Bedeutung der AVOR (Arbeitsvorbereitung). Zur Idee eines Bonus-Malus-Systems schlägt die SUVA vor, dass die Sanierungsfirmen selber aktiv werden und etwa das Wegfallen eines Roten Punktes (diese verfallen nach 3 bis 5 Jahren wieder) als einen Erfolg zu “zelebrieren” und die gute Leitung der Mitarbeitenden somit zu würdigen. Oder wenn man nicht ganze drei Jahre warten will: Jedes Jahr, das ohne “roten Punkt” vergeht, ist ein Erfolg und darf durchaus als solcher gefeiert werden.

An der Podiumsdiskussion teilgenommen haben Andreas Bischof (Galli AG), Heinz Ryf und Samuel Hänni (Messerli Bauteam AG), sowie Andreas Wyler und Paolo de Lenart (KMU-Personal). Moderation: Simon Schneebeli (Picadus Asbest-Beratung).

Asbest-Diagnosen: Wie viele Proben nehmen Sie? Und warum?

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Simon Schneebeli; Februar 16, 2017

Der Preis, aber auch die Qualität einer Schadstoff-Untersuchung hängt zu einem grossen Teil davon ab, wie viele Proben der Spezialist nimmt. Bestrebungen, hier Vorgaben zu machen, gibt es. Vergleicht man aber verschiedene dieser Normen und Empfehlungen merkt man, dass die Angaben zum Teil extrem auseinander gehen. Dies weisst darauf hin, dass sich die Experten alles andere als einig sind. Wie kommt man aber zu einem besseren Ansatz?


Letztes Jahr war ich in einem Projekt involviert: Büroräume mit einer Gesamtfläche von über 200’000 m2 mussten ungersucht werden mussten. Der Auftraggeber ging in einer ersten Schätzung von einigen hundert Materialproben aus. Letzten Endes waren es aber weit über tausend. Berechtigterweise stellte der Auftraggeber die Frage, ob denn so viele Proben wirklich notwendig seien. Der daraufhin durchgeführte Vergleich hat gezeigt, dass Normen zu diesem Thema auf internationaler Ebene sehr weit auseinander gehen.


Untenstehende Tabelle enthält einen Vergleich der Anzahl Proben für einige spezifische Materialien:
 

 

 

VABS

STIPI

EPA

AFNOR

HSG264

VDI

Bodenbelag

1 Raum, 10 m2

1

3

3

1

2

-

10 Räume à 10 m2, baugleich

8

3

5

1

-

-

Fliesenkleber

1 Raum, 10 m2

1

1

2

1

2

2

10 Räume à 10 m2, baugleich

8

3

-

-

-

6

Rohrisolation

20 m

1

-

-

1

7

-

200 m (gleicher Typ/ Durchmesser)

-

-

-

1

67

-

Akustik-Platten

10 Raum à 25 m2, mit 100 Platten

25

1

3

1

-

-

10 Räume à 25 m2, mit je 100 Platten

30

7

-

1

-

-


Schweiz: ASCA

Die Vereinigung Asbestberater Schweiz VABS verwendet ein stochastisches Modell: Grundsätzlich wird hier von der “homogenen Einheit” ausgegangen. Im Fall von Akustik-Platten wird etwa jede Platte als eine homogene Einheit angesehen. Ziel ist es, so viele Proben zu nehmen, dass man mit 75% Sicherheit Asbest findet, auch wenn nur 5% der "homogenen Einheiten" Asbest enthalten.

Diese Methode hat den Vorteil, dass sie nicht einfach aus der Luft gegriffene (respektive auf Expertenwissen/Gutdünken) Zahlen angibt, sondern dass eine stochastische Überlegung dahinter steckt. Was nun aber als eine “homogene Einheit” angeschaut werden soll und was nicht, wie auch die Hypothese, wie viele der Platten nun Asbest enthalten, bleibt letzten Endes dem Diagnostiker überlassen.  Der Ansatz erlaubt also weiterhin sehr viel Spielraum, führt aber insgesamt zu einer sehr hohen Anzahl Proben.

Genf: STIPI

Das Pflichtenheft der Vereinigung Asbestberater Schweiz baut seinerseits auf einem heute nicht mehr gültigen Pflichtenheft des Kantons Genf (früher STIPI genannt, heute SABRA). Dieses Dokument ist nicht mehr gültig. Es wird hier aber erwähnt, weil es wohl am ehesten der Praxis in der Deutschschweiz entspricht (in der Romandie orientiert man sich in erster Linie an den Vorgaben der VABS).

USA: EPA

Die Vorgaben für Asbest-Untersuchungen in den USA findet man in einem 1985 publizierten Dokument (EPA 585 / 5-85 030 a, auch “pink book” genannt). Dieses Dokument betrifft nur schwachgebundene Materialien und besagt dass normalerweise mindestens 9 Proben genommen müssen, dass aber gerade bei kleineren Räumen folgende Anzahl Proben genommen werden können:

  • 3 Proben für Flächen unter 1000 ft2 (92m2)
  • 5 Proben für Flächen zwischen 1000 ft2 (92m2) und 5000 ft2 (464m2)
  • 7 Proben für Flächen mit mehr als 5000 ft2 (464m2)

Für festgebundene Materialien spricht dieses Dokument von “Samples” in der Mehrzahl, weshalb in den USA davon ausgegangen wird, dass jeweils mindestens 2 Proben genommen werden müssen.

Frankreich: Afnor

In Frankreich ist das Vorgehen für Asbest-Expertisen durch die AFNOR NF X 46-020-Norm geregelt. Diese Norm besagt, dass der Diagnostiker selber entscheiden muss, wie viele Proben notwendig sind, dass die Angaben aber - ausser wenn dies begründet ist - den in der Beilage der Norm gegebenen Werten entsprechen muss.

Für Fliesenkleber wie auch bei Akustikplatten besagt die Norm, dass  man pro Nutzung 1 Probe pro Anwendung nehmen muss. Bei 10 Badezimmern müssten also (im Prinzip) nur 1 Probe genommen werden.

England: HSG 264

Die englische Norm HSG 264 gibt explizite Angaben für einige wenige Materialien. Grundsätzlich wird auch hier gesagt, dass pro homogene Einheit 1 Probe genommen werden muss. Gerade bei Rohrisolationen wird aber explizit gefordert, dass alle 3 bis 6m eine Probe genommen wird.

Deutschland : VDI

In Deutschland gibt es zur Zeit keine Norm für Asbestexpertisen. Eine Arbeitsgruppe zu diesem Thema hat im Sommer 2016 ein Diskussionspapier zum Thema Putze und Spachtelmassen veröffentlicht. Es handelt sich dabei nicht um eine Norm, sondern nur um eine Diskussionsgrundlage. Angaben zu andern Materialien werden später in Form einer neuen Norm publiziert werden.

Interpretation

Die zum Teil extremen Unterschiede zur Anzahl Proben zeigt vor allem eins: Wir sind weit entfernt von einheitlichen Standards/Praxis.

Als Spezialist in diesem Gebiet könnte man jetzt schliessen, dass man - da es eh keine einheitliche Meinung gibt - jeder selber entscheiden soll, wie viele Proben sie oder er nimmt.

Da ich selber Personen zu Asbest-Beratern ausbilde, ist dieses Vorgehen für mich aber keine Lösung. Wir können unseren Kursteilnehmern nicht einfach sagen: Nehmt so viele Proben, wie ihr richtig findet. Wir brauchen hier zumindest ein ungefährens Vorgehensschema.

Aber welche Faktoren sollen in Betracht gezogen werden?

Kriterien zum Bestimmen der Anzahl Proben

Risikobasierter Ansatz: Ein erster Punkt, den es zu bestimmen gibt, ist die angestrebte Zuverlässigkeit einer Untersuchung. Oder in andern Worten: Wie viel unbeabsichtigte Asbest-Exponierung der Arbeiter (oder Anwohner, wenn eine Sanierung/Renovation in Anwesenheit der Gebäude-Nutzer durchgeführt wird) erachte ich als akzeptabel. Strebe ich ein Null-Risiko-Ziel an, dann muss ich sehr viele Proben nehmen. Gehe ich davon aus, dass eine Reduktion der Exponierung um 99,9% (oder welche Zahl auch immer) im Vergleich etwa zur Exponierung in den 70er Jahren genügend ist, dann kann ich mich wohl mit einer geringeren Anzahl zufrieden geben.

Homogeneität: Die verschiedenen Normen sind sich einig, dass die Anzahl Proben sehr stark von der Heterogeneität eines Materials abhängen: Je heterogener ein Material ist, desto mehr Proben sind notwendig. Diese Heterogeneität sollte aber irgend wie quantifiziert werden.

Zuverlässigkeit der Laboratorien: Auch in Laboratorien arbeiten nur Menschen. Von einem Labor zu erwarten, dass es null Fehler macht, hat keinen Sinn. Sind die 3 Proben (resp. 2 für festgebundene Materialien), die die EPA seit 1985 als Minimum verlangt, aber noch begründet, oder erreicht ein Labor heute höhere Zuverlässigkeiten als in 1985, was eine Reduktion dieser Zahl zulassen würde?

Asbest-Gehalt: Dies hängt mit der Zuverlässigkeit der Laboratorien zusammen: Bei hohem Asbestgehalt ist der Nachweis einfacher und es geschehen weniger Fehler. Bei geringem Asbestgehalt nimmt die Zuverlässigkeit der Laboranalyse aber ab.

Faserbindung: Aus einem bituminösen Material lösen sich beim Bearbeiten viel weniger Asbestfasern als etwa bei einem gips- oder zementbasierten Material. Somit ist es auch weniger ein Problem, wenn ein solches Material irrtümlicherweise als asbestfrei eingestufft wird.

Weitere: Ziel dieses Artikels ist es nicht hier eine vollständige Lösung zu skizieren, sondern eine Diskussion anzustossen. Entsprechend sind Kommentare und Ergänzungen willkommen.

Der stochastische Ansatz

Aus all diesen Ausführungen wird klar: Einen Ansatz mit einfachen Vorgaben für alle Materialtypen wird es nicht geben. Wenn wir Vorgaben zur Anzahl Proben machen wollen, dann müssen wir differenziert vorgehen (dabei aber immer noch versuchen, praktikabel zu bleiben). Dazu sind Kenntnisse von Fachleuten genau so nötig wie gewisse Daten, insbesondere zum Faserfreisetzungspotential aber auch zum Asbestgehalt, zur Heterogeneität, zur Bindung etc.

Dieser erfahrungs- und datenbasierte Ansatz könnte (oder sollte) aber auch mit einem risikobasierten / statistischen Ansatz ergänzen: Was kann als akzeptables Risiko angesehen werden? Strebe ich ein Null-Risiko an? Und welche Massnahmen erlauben es, dieses Ziel zu erreichen?

Hier ein Beispiel: Die VABS strebt an, dass man asbesthaltige Materialien mit einer Wahrscheinlichkeit 75% findet, auch wenn nur 5% der homogenen Einheiten Asbest enthalten. Betrachten wir ein einzelnes Objekt, z.B. eine Wohnung, die renoviert wird, dann scheint dies ein doch recht niedrig Wert. Folgende Tabelle enthält eine Abschätzung zur Zuverlässigkeit nicht einer einzelnen Expertise, sondern von einer ganzen Reihe von Expertisen.

 

Beispiel: 100 baugleiche Akustik-Platten (visuell gleich) in 100 verschiedenen Gebäuden.

(Die Zahlen basieren auf informellen Angaben von verschiedenen Laboratorien, dürften also ungefähr realen Grössenordnungen entsprechen. Trotzdem dürfen die Angaben durchaus in Frage gestellt werden).

 

Anzahl Proben

Zuverlässigkeit

In 1% der Gebäude sind alle 100 Akustikplatten asbesthaltig.

5 Proben

Wenn alle Platten asbesthaltig sind, kommt man bereits mit einer einzigen Probe auf eine Zuverlässigkeit von 100%.

In 5% der Gebäude ist ein Teil der Akustikplatten asbesthaltig und ein Teil nicht. Gehen konservativ davon aus, durchschnittlich nur 10% der Platten Asbest enthalten und 90% nicht.

5 Proben

41% (Berechnung gemäss Schema VABS)

In 94% der Gebäude ist keine einzige Platte asbesthaltig.

5 Proben

100%

Durchschnitt

 

97%

Mit relativ wenig Proben kommt man über viele Expertisen hinweg also bereits zu einem sehr guten Resultat. Betrachtet man nun aber ein einzelnes Objekt (etwa eine bewohnte Wohnung), dann stellt sich die berechtigte Frage, ob die 3% Restrisiko für die Anwohner nicht ein zu hohe Gefährdung darstellen.

Wie weiter

Der Vergleich der verschiedenen Normen/Empfehlungen zeigt die Uneinigkeit der Experten sehr deutlich. Bis in alle Details zu regeln, in welcher Situation wie viele Proben genommen werden müssen, wäre wohl übertrieben. Trotzdem wäre eine gewisse Angleichung auch auf internationaler Ebene wünschenswert. Ein internationaler Austausch, und warum nicht eine Studie zu diesem Thema wären wünschenswert.

Um nochmals auf das eingangs erwähnten Beispiel zurückzukommen: Nach einigen Diskussion, auch mit den Behörden wurde schliesslich strickt nach VABS-Ansatz über 1000 Proben genommen (die Behörden verlangten eigentlich noch mehr). Das interessante daran: Im Vergleich zu vorher mit weniger Proben durchgeführten Untersuchungen erwiesen sich einige vorher durch Analogie als asbesthaltig eingestufte Elemente als nicht asbesthaltig. Die hohe Anzahl Proben hat also dazu geführt, dass die Sanierungskosten reduziert werden konnten. Das Beispiel zeigt, dass alleine aus Kostengründen die Anzahl Proben beschränken zu wollen, nicht unbedingt rentabel ist.

UPDATE 10.5.2017: Anzahl Proben gemäss VABS

Verschiedene in der französischen Schweiz tätige Asbest-Spezialisten haben bestätigt, dass sie das statistische Modell der VABS wie oben beschrieben anwenden. Der Autor des Modells, VIncent Perret hat aber korrigiert: Gerade im Rahmen eines Abbruchs ist es durchaus sinnvoll als "homogene Einheit" etwa ein ganzer Raum anzuschauen und nicht - wie in der Erklärung zum Schema angegeben - jede einzelne Akustikplatte. Ein neue Version der Vorgaben ist in Bearbeitung.

Neue SUVA-Publikation: Rückbau von asbesthaltigen Gebäuden mit dem Bagger

Posted by

Simon Schneebeli; Juni 17, 2016

Im Rahmen von Abbrucharbeiten findet man sehr oft Faserzement-Elemente und Fliesenkleber mit Asbest. Diese Elemente zu entfernen kann sehr aufwändig und entsprechend teuer sein und es stellt sich die Fragen, ob diese Kosten immer gerechtfertigt sind.

Die Suva hat eine neue Broschüre herausgegeben, gemäss welcher gewisse Arbeiten auch mit einem Bagger durchgeführt werden können:

  • Rückbau von asbesthaltigen Schindeln, Wellplatten, Dachschiefer, Rohrleitungen im und am Gebäude

  • Keramikplatten mit asbesthaltigem Plattenkleber

  • ein- und zweischichtige asbesthaltige Boden- und Wandbeläge (Floor-Flex) ohne asbesthaltigen Kleber

Um die Arbeiten mit einem Bagger ausführen zu können, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:

  • Vor Beginn der Rückbauarbeiten ist der Suva ein Überwachungskonzept zur Genehmigung vorzulegen.

  • Voraussetzung einer Genehmigung durch die Suva ist, dass bereits eine schriftliche Bewilligung der kantonalen und/oder kommunalen Behörde vorliegt, die sich mit der geplanten Arbeitsmethode einverstanden erklärt.

  • Der Beginn der Rückbauarbeiten ist mindestens zwei Wochen im Voraus der Suva zu melden.

  • Je nach Grösse und Komplexität der Baustelle ist eine externe, unabhängige Fachbauleitung mit Weisungsbefugnis beizuziehen. Die Suva entscheidet fallweise, ob ein Beizug nötig ist. Die Entscheidungskriterien dazu werden den Baufirmen bekannt gegeben.

Da es bei diesen Arbeiten nicht nur um den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmenden geht, sondern auch um den Bevölkerungsschutz, ist eine Bewilligung durch den Kanton oder die Gemeinde notwendig. Es ist also durchaus möglich, dass dieses Vorgehen gerade in dicht besiedelten Gebieten vom Kanton nicht genehmigt wird.

 

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