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Was sind dioxin-ähnliche PCB, und wie bewertet man sie

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Simon Schneebeli; Oktober 28, 2019

PCB sind chemische Verbindungen, die in der Schweiz bis zum Verbot im Jahr 1972 (Umsetzung bis 1975) in vielen Anstrichen und Fugendichtungsmassen verwendet wurden. Noch bis 1986 wurde PCB-haltiges Öl in Transformatoren, Kondensatoren und Blindstrom-Kompensationsanlagen eingesetzt. Danach wurden sie verboten, denn die PCB gelten unter anderem als erbgutschädigend und krebserregend.

Mit dem Verbot von PCB in den siebziger resp. achtziger Jahren sind die PCB nicht einfach verschwunden. Wir finden sie auch heute noch in zahlreichen Baumaterialien und elektrischen Geräten aus der Zeit vor dem Verbot. Bei einem Gebäudecheck sollten die Baumaterialien entsprechend untersucht werden. Materialien, die PCB in relevanten Mengen enthalten, müssen vor den Um- oder Rückbauarbeiten sorgfältig entfernt werden.

Welche Massnahmen dabei getroffen werden, ist dabei gar nicht so klar. Einschlägige Richtlinien sind alle über 15 Jahre alt und gelten zumindest teilweise als veraltet. Neuere Vorgaben sind zumindest kurzfristig nicht in Sicht, auch wenn die Suva an dem Thema arbeitet.  

Zwei Arten, die Toxizität von PCB zu bestimmen

Der Grund, warum die bestehenden Richtlinien als überholt gelten, liegt darin, dass die humantoxische Wirkung der PCB gar nicht so klar ist. Insgesamt gibt es 209 PCB- Verbindungen, die alle ein Biphenyl-Gerüst besitzen, sich aber insbesondere im Chlor-Gehalt unterscheiden.

"Konventionell" wird die Konzentration von PCB via sechs "Indikator-Kongeneren" (iPCB) bestimmt, anhand von welchen auf die Gesamtkonzentration im Material hochgerechnet wird. Für diese gibt es sowohl in Bezug auf den Bevölkerungsschutz, als auch in Bezug auf den Arbeitnehmerschutz Grenzwerte (MAK-Wert). Für die Sanierung von PCB-haltigen Materialien, beispielsweise für Fugendichtungsmassen, liegen die Anforderungen an den Gesundheitsschutz in der Regel weit unter jenen, die etwa für die Sanierung von asbesthaltigen Materialien nötig sind.

Die Toxizität von PCB kann man aber auch anders bestimmen: Zwölf der insgesamt 209 PCB-Verbindungen gleichen jenen von Dioxinen und haben eine ähnliche toxische Wirkung. Man spricht von den dioxin-ähnlichen PCB (dioxin-like PCB oder dl-PCB). Deren Toxizität wird mittels "Toxizitätsäquivalenz TEQ" mit den Grenzwerten für das Seveso-Dioxin (2,3,7,8-TCDD) verglichen (siehe unten). Mit dieser Berechnungsart erhält man in der Regel Werte, die auf eine viel höhere Toxizität hinweisen. Dies kann dann heissen, dass bei einer PCB-Sanierung aufwändige Massnahmen, etwa Unterdruckzonen wie bei einer Asbestsanierung, durchaus angebracht sind.

Toxizität von Dioxinen: nicht ganz unumstritten

Verschiedene Behörden in der Schweiz und im Ausland zögern, die Humantoxizität von PCB über die TEQ im Vergleich zu Dioxin zu definieren. Die Folgen einer solchen Entscheidung wären in der Tat weitreichend: Die Sanierungskosten würden massiv zunehmen, Abfälle müssten viel aufwändiger behandelt werden, und ev. könnten viele Nahrungsmittel, selbst Trinkwasser, plötzlich nicht mehr als sicher angesehen werden.
Die Bestimmung der Humantoxizität via dl-PCB hat aber noch einen anderen Haken: Die langfristige Humantoxizität von Dioxinen ist umstritten. Weder die erbschädigende Wirkung, noch die Karzinogenität beim Menschen, sind eindeutig nachgewiesen. Auch kann man heute noch nicht mit Sicherheit sagen, ob Dioxine wirklich Missbildungen beim Nachwuchs auslösen können (teratogene Wirkung).

Bei der Festlegung der empfohlenen akzeptablen täglichen Dosis durch die WHO wurde äusserst vorsichtig vorgegangen und bewusst von der schlimmstmöglichen Situation ausgegangen. Insbesondere wurde in Betracht gezogen, dass:

  • die Daten zu den Gesundheitsfolgen der Dioxine sehr unsicher und variabel sind.
  • sich die Stoffe im Körper ansammeln können (Bioakkumulation) und sich die Wirkung über die eigentliche Tagesdosis hinaus verstärken kann.
  • die Menge von Dioxinen und dioxin-ähnlichen Verbindungen im Körper von Müttern, die ein Leben lang exponiert waren, deren Reproduktion und die Entwicklung ihrer Kinder beeinträchtigen kann. Demnach müssen (werdende) Mütter besonders geschützt werden.

Man ist also tendenziell auf der sicheren Seite, auch wenn man sich nicht 100 % sicher ist. Es gibt durchaus auch Stimmen, welche strengere Grenzwerte fordern, etwa für Nahrungsmittel.

Zusammenfassung und Schlussfolgerung

Zusammenfassend und stark vereinfacht kann gesagt werden, dass:

  • es heute zwei Möglichkeiten gibt, die Gefährdung durch PCB zu bestimmen, welche dann zu ganz anderen Schlussfolgerungen führen können.
  • die Toxizität von Dioxinen und dioxinähnlichen Substanzen nicht unumstritten ist. Die bestehenden Empfehlungen sind in der Regel sehr "vorsichtig" definiert, damit auch werdende Mütter, resp. deren zukünftig möglichen Kinder, nicht gefährdet sind.

Was heisst das in der Praxis? Kann man sich auf die bestehenden Grenzwerte für PCB berufen? Oder soll man tendenziell übervorsichtig sein und mit dem Toxizitätsäquivalenz zum Dioxin 2,3,7,8-TCDD rechnen?
Sollte man bei einer Sanierungsbaustelle eine Entscheidungsbefugnis diesbezüglich haben, ist man wohl sowohl aus rechtlicher, wie auch aus arbeitshygienischer Sicht gut beraten, die Sache frühzeitig mit den zuständigen Behörden abzusprechen.

Toxizitätsäquivalenz TEQ

Die einzelnen Kongenere der PCB, wie auch der Dioxine, unterscheiden sich in ihrer Toxizität für den Menschen beträchtlich. Diese Toxizität wird relativ zum Dioxin 2,3,7,8-TCDD zugewiesen, daraus entsteht ein Toxizitätsäquivalenzfaktor (TEF). Die Gesamttoxizität eines PCB-Gemisches wird dann als Summe der Konzentrationen, multipliziert mit den TEF berechnet und als Toxizitätsäquivalent (TEQ) ausgedrückt, etwa als pg TEQ/g.

TEQ Toxizitaetsaequivalenz Dioxinähnliche PCB Dioxine

Die von der WHO als weitgehend unproblematische "akzeptable tägliche Aufnahmedosis", sowie die MAK-Werte für PCB und 2,3,7,8-TCDD.

Grenzwerte für PCB und Dioxin

Einladung zur offiziellen Eröffnung unseres Bildungszentrums

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Simon Schneebeli; Juli 16, 2019

Seit der Gründung unseres Bildungszentrums im letzten Sommer haben wir uns nach geeigneten Räumlichkeiten umgeschaut. Zentral in der Schweiz, sowohl mit dem ÖV als auch mit dem Auto erreichen und gross genug. Am 1. Juni 2019 konnten wir nun unsere eigenen Kursräume beziehen, und zwar im "Gleis 1" in Lenzburg. Unmittelbar neben dem Bahnhof. Viel besser geht’s kaum.

Am 17. September feiern wir entsprechend die offizielle Eröffnung unseres Bildungszentrums. Auf dem Programm:

  • Ab 15:00: Besichtigung der Räume mit Proben-/Materialsammlungen und Geräte/Ausrüstungen und Kennenlernen der Personen, die das Bildungszentrum unterstützen.
  • 17:00: Offizielle Begrüssung mit Apéro.

Damit wir vorausplanen können, möchten wir Sie bitten, sich hier anzumelden:

Sich für die Eröffnung anmelden - Button

 

Geräte und Ausrüstung testen

Besonders für angehende Asbestsanierer ist es wichtig, dass sie einen Überblick über die neuesten auf dem Markt verfügbaren Geräte und Ausrüstungen bekommen. In Zusammenhang mit den neuen Kursräumen sind wir deshalb mit verschiedenen Herstellern und Vertreibern von Geräte und Ausrüstungen in Kontakt getreten.

Es freut uns sehr, dass alle wichtigen Firmen aus diesem Bereich uns zugesichert haben, uns Geräte für die Kurse zur Verfügung zu stellen. Somit ist eine interessante Sammlung zusammengekommen, die wir auch weiter vervollständigen werden.

Neue Partner

Unser Bildungszentrum ist als Verein aufgestellt. Als solchen möchten wir uns breit abstützen und im Dienste unserer Mitglieder Fachwissen vermitteln. Neu zu den Mitgliedern dazu gekommen sind das Ingenieurbüro Carbotech AG und das Asbestlaber Aatest Romer GmbH. Insbesondere mit letzterem hat sich auch wegen der geographischen Nähe (das Labor befindet sich im gleichen Gebäude wie unser Bildungszentrum) eine gute Zusammenarbeit entwickelt. So dürfen wir etwa die sehr umfangreiche Materialsammlung von Aatest für unsere Kurse verwenden, was eine ausserordentliche Bereicherung ist.

Unabhängigkeit und Neutralität

Kann man trotz Nähe zu verschiedenen Firmen unabhängig und neutral bleiben?Wir legen viel Wert auf diese Punkte und arbeiten an internen ethischen Richtlinien dazu. Dass unsere Kurse nicht zu Warenmessen werden, ist klar und wir werden auch in Zukunft nicht spezifische Geräte oder Laboratorien oder Berater empfehlen.

Ausbau des Kursangebots

Neben all diesen Themen arbeiten wir aktiv an der Überarbeitung und Ergänzgung des bestehenden Kursangebots. Mehr dazu finden Sie hier.

Neue Kurse für Asbest- und Bauschadstoff-Spezialisten

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Simon Schneebeli; Juli 15, 2019

Kurs allgemeine Arbeitssicherheit bei Schadstoff-Sanierungen

Für angehende Asbestsanierer wird ab nächste Jahr voraussichtlich verlangt werden, dass sie auch eine Grundausbildung zur allgemeinen Arbeitssicherheit haben. Aber auch Fachbauleiter können mit entsprechenden Kenntnissen den Arbeitnehmerschutz verbessern helfen.

Sanierung von PCB und PAK

Die VVEA-Vollzugshilfe zu den Baumaterialien präzisiert, wann welche Elemente auf PCB, PAK und andere Stoffe zu untersuchen sind. Entsprechend werden auch mehr kontaminierte Elemente gefunden und es braucht mehr Sanierungen. Aber wann ist welche Sanierungsmethode die beste? Wie plant und leitet man eine solche Sanierung?

Entsorgungskonzept und Begleitung vom Rückbau

Die VVEA Vollzugshilfe verlangt, dass bei Gebäuden mit Verdacht auf Bauschadstoffe für das Baugesuch auch ein Entsorgungskonzept erstellt werden muss (welches wiederum auf dem Schadstoffgutachten basiert). Dieses schliesst auch unbelastete Materialien ein. Dieser 2-tägige Kurs vermittelt, wie ein solches Konzept zu erstellen ist und sicher stellt, dass die Abfälle anschliessend auch sauber entsorgt werden.

Einführung Baukunde und Gebäudetechnik für Diagnostiker

Um eine gute Schadstoff-Diagnose durchzuführen und ein Entsorgungskonzept erstellen zu können, sind gute allgemeine Baukenntnisse nötig. Welches sind gängige Aufbauten von Fassaden? Wo hat es üblicherweise einen Brandschutz, und wo Dilatationsfugen? Dieser Kurs wendet sich an Personen, die Bauschadstoff-Diagnosen durchführen aber keine Grundausbildung in diesem Bereich haben.

Neue Anforderungen für die Ausbildung von Asbestsanierern gemäss EKAS-6503

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Simon Schneebeli; Mai 25, 2019

Am 3. Mai fand in Bern eine Zusammenkunft der Suva mit Vertretern aller in der Schweiz anerkannten Ausbildungsstätten von  Spezialistinnen und Spezialisten für Asbestsanierungen statt. Ziel des Treffens war einerseits ein Austausch über den gegenwärtigen Stand der Dinge. Andererseits ging es um die Frage, wie man die Ausbildung von Spezialisten für Asbestsanierung weiter verbessern kann. Konkret möchte die Suva durch eine verbesserte Ausbildung den Gesundheitsschutz der Arbeiter verbessern.

Stand der Dinge

Zu Beginn des Treffens präsentierte die Suva verschiedene Zahlen:

  • Anzahl Suva anerkannte Asbestsanierungsfirmen: Zur Zeit gibt es 120 Firmen, die von der Suva für Arbeiten im "Roten Bereich" anerkannt sind (wovon gewisse zur gleichen Gruppe von Firmen gehören).
  • Rote Punkte: Für jeden "gravierenden Mangel" in Bezug auf die Anforderungen der EKAS-Richtlinie 6503 erhält eine Sanierungsfirma eine  Ermahnung. Die Firmen durchlaufen so ein vierstufiges Aberkennungsverfahren (die berühmten "roten Punkte") an dessen Ende dem Sanierungsbetrieb die Anerkennung entzogen wird. Von 2015 bis 2019 wurden in der Deutschschweiz 504 "gravierende Mängel" geahndet. Die gute Neuigkeit: die Anzahl solcher Verwarnungen nimmt ab, bleibt aber nach wie vor hoch:
    • 2015: 140 mal
    • 2016: 120 mal
    • 2017: 141 mal
    • 2018: 96 mal
    • 2019: bisher 17 mal
  • Hauptprobleme: Eine Analyse der Daten erlaubt es, die wichtigsten Gründe für diese Verstösse resp. die wichtigsten gravierenden Mängel zu identifizieren:
    • Kein Alarm: 100 mal wurde auf Baustellen beanstandet, dass keine automatische oder optische Alarmauslösung bei ungenügendem Unterdruck vorhanden ist. Dies lässt sich auch darauf zurückzuführen, dass bei älteren Unterdruck-Messgeräten dieser automatische Alarm nicht direkt eingebaut war. Die Tendenz hier ist aber klar rückläufig.
    • Ungenügender Unterdruck: In 84 Fällen war der Unterdruck in der Sanierungszone ungenügend (weniger als 20 Pa).
    • Reste von Asbest: Nach einer Sanierung dürfen keine visuell sichtbaren Reste von Asbest mehr vorhanden sein. In 73 Fällen wurde dieser Mangel beanstandet, weil nach der Schlussreinigung oder sogar nach Aufhebung der Sanierungszone Reste von Asbest noch vorhanden waren.
    • Abluft ins Freie: Gemäss EKAS-Richtlinie muss die Abluft von den Unterdruckhaltegeräten ins Freie geleitet werden. Auf 40 Baustellen war dies nicht der Fall.

Die Suva berichtete anekdotisch auch von sehr speziellen Fällen, etwa von einer Sanierungsfirma, die Faserzementschindeln durch Brechen von einer Fassade entfernt und die Bruchstücke dann unverpackt in den Lieferwagen geladen hat. Wohlgemerkt: es handelte sich um eine Sanierungsfirma und der ausgebildete Asbestspezialist war vor Ort anwesend.

Die Ausbildung verbessern

Solchen Fällen kann man durch viele Massnahmen vorbeugen. Die Firmenkultur und das interne Sicherheitskonzept spielen sicher eine grosse Rolle. Die Ausbildung der Spezialisten kann hier aber auch einen wichtigen Beitrag leisten.

Der gegenwärtige Rahmen zur Ausbildung von Asbestspezialisten ist in der Bauarbeitenverordnung (BauAV) gegeben. Über die BauAV hinaus hat die Suva aber einen gewissen Spielraum bei den Vorgaben für die Ausbildungen, etwa durch das Pflichtenheft für die von der Suva anerkannten Bildungsstätten. Hier strebt die Suva Änderungen an. Als Entwurf wurden folgende Massnahmen vorgeschlagen:

Anforderungen an die Kandidaten für die Ausbildung zum Asbestspezialisten:

  • Sprache: Kandidaten sprechen/schreiben eine der Amtssprachen, bzw. die Kurssprache
  • Grundausbildung: Kandidaten verfügen mindestens über eine Lehrausbildung mit eidgenössischem Attest oder eine gleichwertige Ausbildung im Ausland.
  • Berufserfahrung: Kandidaten müssen mind. ½ Jahr Bauerfahrung, idealerweise bereits im Bereich der Asbestsanierung haben.
  • Grundkurse: Die 4.5-tägige Ausbildung für Asbestspezialisten soll nicht verlängert werden. Hingegen sollen Kandidaten in Zukunft erst für diesen Kurs zugelassen werden, wenn sie vorher folgende Einführungskurse besucht haben:
    • 1-tägiger Einführungskurs zu Asbest (Grundkenntnisse)
    • 2-tägiger Kurs allgemeine Arbeitssicherheit (z.B. Kopas-Kurs)

Anforderungen an das Ausbildungsinstitut:

Neben den strengeren Grundvoraussetzungen für die Kursteilnehmer, setzt die Suva auch bei den Ausbildungsstätten selber an:

  • Abklärung der Kriterien: Ausbildungsstätten müssen systematisch überprüfen, ob die Kursteilnehmer die obigen Anforderungen erfüllen.
  • Anpassung des Kursangebotes: Dadurch, dass die Grundkenntnisse aus dem 4.5-tägigen Kurs ausgegliedert werden, steht mehr Zeit für andere Inhalte zur Verfügung. Diese Zeit soll weitgehend dazu genutzt werden, die Teilnehmer zu befähigen, selbstständig ein Sanierungskonzeptes zu erstellen.
  • Anspruchsvollere Prüfung: Die Prüfung darf sich nicht auf eher simple Multiple-Choice-Fragen reduzieren, sondern muss die Fähigkeit der Kursteilnehmer, Gefahren einzuschätzen und Massnahmen zu planen, wirkungsvoll testen. Die Prüfung soll sowohl praktischer als auch theoretischer Natur sein.
  • Anforderungen an die Ausbildner: Die Personen, die die Kurse geben, müssen natürlich über berufliche Erfahrung und Fachwissen verfügen, auch im Bereich der Arbeitssicherheit. Zur Diskussion steht auch die Anforderung einer formellen Ausbildung als Erwachsenenbildner.

Regelmässige Audits der Bildungsstätten

Um sicher zu stellen, dass die Anbieter von Kursen für Asbestspezialisten die obigen Kriterien erfüllen, wird die Suva regelmässige Audits durchführen. Die Bildungsstätten müssen dabei nachweisen können, dass sie z.B. die Vorkenntnisse der Kursteilnehmer überprüfen und dass sie korrekte Prüfungen durchführen.

Um die Prüfungen zwischen den Bildungsstätten zu harmonisieren, schlägt die Suva ausserdem vor, dass die Ausbildner zusammen arbeiten und idealerweise eine gemeinsame Prüfung ausarbeiten.

Weiteres Vorgehen

Die Konsultation der vorgeschlagenen Neuerungen läuft bis Ende Juni, wobei die Bildungsstätten selber noch Vorschläge einbringen dürfen. Die definitiven Anforderungen werden im Herbst publiziert werden und treten voraussichtlich Anfang 2020 in Kraft.

 


Update: 

Die von der Suva vorgeschlagenen Änderungen sind auf 1. Januar 2020 in Kraft getreten. Mehr dazu lesen Sie hier.

Wie bereite ich mich auf die Nationale Prüfung der Bauschadstoff-Diagnostiker vor

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Simon Schneebeli; April 08, 2019

Ab 2019 müssen Personen, die sich auf die Liste der Asbest- und Bauschadstoff-Berater eintragen lassen wollen, einer "Nationalen Prüfung" der Fachverbände VABS und FAGES unterziehen. Auch Personen und Firmen, die bereits auf der Liste aufgeführt sind, müssen die Prüfung bis 2022 absolvieren.

Welche Fragen kommen an der Prüfung

Die Prüfung besteht insgesamt aus drei Teilen.

  • Teil 1 (30% der Note) der Prüfung besteht aus MC-Fragen: Hier kommen allgemeine Fragen zu Asbest und Bauschadstoffen. Viele sind eher trivial (z.B. wann das Verbot von gewissen Schadstoffen eingeführt wurde), andere weniger (z.B. Verantwortlichkeiten).
  • Teil 2 (40%) besteht aus offenen Fragen: Hier geht es um nicht so triviale Fragen. Einige Stichworte: widersprüchlichen Laborresultate, Mischproben, Anzahl Proben, wann welche Schadstoffe zu untersuchen sind, ...?
  • Im Teil 3 (30%) schliesslich muss ein Fallbeispiel analysiert werden. Bei der Test-Prüfung ging es hier um einen Fall wo tatsächlich Sofortmassnahmen notwendig waren. Aber welche genau? Und wie begründet man diese?

Wie bereite ich mich auf die Prüfung vor

Wie also bereitet man sich auf am besten auf die Prüfung vor? Wir können folgendes empfehlen:

  • Bestehende Dokumente lesen: Um die Prüfung zu bestehen, muss man die bestehenden Vorschriften und Empfehlungen zum Thema Asbest und Bauschadstoffe gut kennen. Dazu gehören die EKAS-Richtlinie, Polludoc, Übersicht der Massnahmen der Suva, Dringlichkeitsbeurteilung, VVEA Art. 16. Zur Entsorgung wurden in der Testprüfung selber nur wenige Fragen gestellt, obwohl das Erstellen eines Entsorgungskonzeptes gemäss Prüfungsreglement eigentlich Teil der Zielsetzungen der Prüfung ist. Vorsichtshalber empfehlen wir aber trotzdem, sich mit der VVEA-Vollzugshilfe auseinander zu setzen, zumal man als Bauschadstoff-Diagnostiker mit dieser insgesamt sowieso vertraut sein muss.
  • Sich mit komplexen Fällen auseinandersetzen: Bei den offenen Fragen und dem Fallbeispiel reicht es nicht aus, auswendig zu lernen. Hier geht es darum, komplexe Fälle aus verschiedenen Perspektiven beurteilen und daraus aufbauend die richtigen Massnahmen ableiten zu können. Für Personen, die in einer Firma arbeiten, kann es etwa hilfreich sein, die komplexesten Fälle der letzten Jahre herauszusuchen und im Team zu besprechen.
  • Kurs nehmen: Ja klar! Nehmen Sie einen Kurs! Und am besten bei uns ;-) Nein, mal ernst: Wer sich wirklich intensiv und regelmässig mit den neuesten Regeln und Dokumenten auseinandersetzt und viel Praxiserfahrung hat, hat gute Chancen, die Prüfung ohne Vorbereitungskurs zu bestehen. Wer aber kein Risiko eingehen will (die Prüfungsteilnahme kostet immerhin 900 CHF) kann diese Prüfung natürlich als eine Gelegenheit nehmen, sein Fachwissen auf den neuesten Stand zu bringen.
  • Abwarten und Tee trinken: Bestehende Bauschadstoff-Spezialisten, die bereits auf der FACH-Liste eingetragen sind, haben bis 2022 um die Prüfung absolvieren. Somit besteht keine Eile, die Prüfung rasch zu absolvieren. Einfacher wird sie mit der Zeit wohl nicht, im Gegenteil: Weitere Inhalte dürften dazu kommen. Hingegen dürte unklare Prüfungsfragen mit der Zeit aussortiert oder umformuliert werden. Somit mag es das richtige sein, noch etwas zu warten.

Welche Weiterbildungen gibt es

Wir bieten zwei verschiedene Weiterbildungen an:

Für Personen, die beide Kurse buchen, können wir einen Rabatt gewähren. Beide Kurse können auch firmenintern durchgeführt werden.

Allgemeine Betrachtungen

Von verschiedenen Ausbildnern von Bauschadstoff-Spezialisten wurde die Prüfung zum Teil kritisiert: Der Preis ist hoch (900 CHF, und wenn man die Prüfung nochmals wiederholen will, sind es nochmals 900 CHF). Die Prüfung bleibt recht theoretisch. Viele Fragen erlauben einen erheblichen Interpretationsspielraum, werden aber - nach unserer Erfahrung - recht streng korrigiert.

Wir sehen die Prüfung aber als einen wichtigen Schritt in die Richtung zu einer Verbesserung der Qualität der Schadstoff-Expertisen und damit zu einem verbesserten Gesundheits- und Umweltschutz. Dass jeder Anfang schwer ist und es eine Testphase benötigt, ist auch beim ambitiösen Projekt dieser Nationalen Prüfung so: Eine faire Prüfung mit klaren Fragen, die wenig Interpretationsspielraum lassen, die es aber wirklich erlauben, die Fähigkeiten eines Diagnostikers zu testen, das ist alles andere als einfach.

Asbesthaltiger Serpentinit: Eine Gesetzesänderung aus ästhetischen Gründen

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Simon Schneebeli; März 04, 2019

Serpentinit ist ein natürliches Gestein, das manchmal Asbest enthält. Obwohl seit 1990 in der Schweiz keine asbesthaltigen Produkte mehr in den Verkehr gebracht werden dürfen, wurden bis vor wenigen Jahren solche Gesteine noch verbaut ohne dass man sich der Problematik bewusst war. Eine vorgeschlagene Änderung der Chemikalien-Risikoreduktionsverordnung ChemRRV soll die Situation klären. In bestimmten Fällen sollen Ausnahmen vom Verbot aber weiterhin möglich sein, was nicht unumstritten ist.

Seit 1990 dürfen in der Schweiz keine asbesthaltigen Produkte mehr in den Verkehr gebracht werden. Für einige Materialien gab es eine Übergangsfrist bis 1995 und für spezielle Anwendungen erlaubt die Chemikalien-Risikoreduktionsverordnung ChemRRV auch heute noch Ausnahmen.

Obwohl dieses Gesetz wohl implizit auch asbesthaltige Natursteine betraf, wurden diese bis vor einigen Jahren in der Schweiz noch verbaut, ohne dass man sich der Problematik wirklich bewusst war. Natursteine mit Asbest gibt es aber mehr als man gemeinhin denkt. Dazu gehören viele "grüne" metamorphe Gesteine wie der Speckstein, Serpentinite, Ophicalcite oder Amphibolite. (Zu bemerken, dass die weitaus meisten Natursteine nie Asbest enthalten).

Von besonderer Bedeutung ist besonders Serpentinit. Wegen seiner charakteristischen Struktur und Farbe (sehr dunkles, glänzendes grün, fast schwarz, aber je nach Art manchmal auch rötlich), sowie seinen guten Verarbeitungseigenschaften, wurde Serpentinit nicht nur zur Herstellung von Tischplatten in Küchen, Grabsteine und Denkmäler verwendet sondern in grösserem Umfang auch als Wand- und Bodenplatten. Philipp Rück, Mitglied vom Naturstein Verband Schweiz, Geologe und Spezialist für Materialtechnik im Bau geht davon aus, dass es in der Schweiz einige Hundert Gebäude mit grossflächigen Anwendungen von Serpentinit gebe.

Das Bundesamt für Umwelt BAFU schlägt nun vor, die ChemRRV dahingehend zu ändern, dass nicht nur das Inverkehrbringen, sondern auch die Verwendung von asbesthaltigen Materialien, inkl. asbesthaltiger Natursteine verboten wird.

Ein Verbot, das Ausnahmen aus ästhetischen Gründen zulässt

Dieses Verbot ist unumstritten. Das Verbot bringt aber ein Problem: Serpentinit wurde häufig in Prestigebauten, wie Kirchen, Gerichten, oder Kulturzentren, oder für Denkmäler verwendet. Möchte man hier Reparaturarbeiten durchführen, findet man nicht ohne weiteres ein Ersatzmaterial mit gleichen ästhetischen Eigenschaften.

Daher schlägt das BAFU, in Absprache mit dem Bundesamt für Gesundheit BAG und der Suva vor, dass bei punktuellen Reparaturarbeiten Ausnahmen vom Verbot möglich sein sollen, wenn kein asbestfreies Ersatzmaterial gefunden werden kann. Für solche Reparaturarbeiten hat die Suva bereits 2017 ein Merkblatt publiziert, welches genaue Vorgaben für den Gesundheitsschutz enthält.

Bei der vorgeschlagenen Änderung der ChemRRV geht es insgesamt um folgende Punkte (siehe Kapitel 4.5 der Erläuterungen):

  • Neu soll ein allgemeines Verbot der Verwendung von asbesthaltigen Zubereitungen  und  Gegenstände eingeführt werden. Dieses soll auch für asbesthaltige Natursteine gelten. Bislang war nur das Inverkehrbringen verboten. Ob dieses auch für Natursteine galt, war unklar.
  • Unter speziellen Bedingungen sollen aber Ausnahmebewilligungen möglich sein. Bedingungen sind:
    • Aus optischen Gründen kommt kein asbestfreies Ersatzmaterial in Frage. Gemäss den Erläuterungen zur ChemRRV wird präzisiert, dass dies nur für Natursteine möglich ist, nicht aber für andere Materialien.
    • Ausnahmen sind nur für punktuelle Reparatur- und Restaurationsarbeiten in bestehenden Bauten und Baudenkmälern möglich, und nur wenn asbestlose Alternativen nicht verfügbar sind. Grossflächige Anwendungen oder Anwendungen in neuen Gebäuden sind ausgeschlossen.
    • Für jede Reparatur- oder Restaurationsarbeit muss beim BAFU ein begründeter Antrag auf eine Ausnahmebewilligung gestellt werden.
    • Nach eingehender Prüfung kann das BAFU, im Einvernehmen mit dem BAG, eine fallspezifische Ausnahmebewilligung erteilen.

Exponierung der Bevölkerung und der Arbeiter

Eine Reportage des Westschweizer Fernsehens erweckte nun den Eindruck, dass es sich um eine Wiedereinführung des Asbests durch die Hintertür handelte.

David Vernez, Leiter der Abteilung für Gesundheit am Arbeitsplatz und Umwelt  von Unisanté und Professor an der Universität Lausanne gibt sich schockiert über die vorgeschlagene Änderung. Ihm geht es vor allem ums Prinzip. Er sieht in der Änderung einen Widerspruch zu den bisherigen Anstrengungen zum Arbeitnehmerschutz. Für ihn ist die Änderung der ChemRRV ausserdem zu vage formuliert. Er befürchtet, dass die Gesetzesänderung nicht nur auf Serpentinit angewendet werde, sondern dass unter dem Vorwand der Ästhetik auch andere asbesthaltigen Materialien wieder eingeführt werden. Ausserdem ist für ihn die Frage der Arbeitsbedingungen bei der Herstellung von Natursteinplatten nicht geklärt.

Tatsächlich mussten die beiden Schweizer Steinbrüche, in welchen Serpentinit abgebaut wurden, bereits im 2013 geschlossen werden, da die Grenzwerte für Asbest in der Luft nicht eingehalten werden konnten. Gemäss Dr. Christoph Moor, Sektionschef der Abteilung Luftreinhaltung und Chemikalien beim BAFU, müssten Natursteine für solche punktuellen Reparaturarbeiten in Zukunft tatsächlich aus dem Ausland importiert werden. In der Praxis werden sie wohl vor allem aus dem benachbarten Italien kommen. Hier müssen EU-Vorschriften eingehalten werden, aber insbesondere die Kriterien zur Beurteilung des Asbestgehalts von Natursteinen sind unklar, weshalb es durchaus möglich ist, dass ein Produkt im Ausland als "garantiert asbestfrei" verkauft wird, das in der Schweiz gar nicht auf dem Markt kommen dürfte (siehe Artikel zur Diagnostik von Serpentinit).

Es geht aber um sehr geringe Mengen: Gemäss Philipp Rück dürften es pro Jahr nicht mehr als ca. 5 bis 10 Fälle sein. Christoph Moor vom BAFU geht sogar von eher noch weniger Fällen aus.

Im Vergleich zu den Tausenden von Badezimmern und Küchen, die jedes Jahr renoviert werden, und deren Plattenkleber oder Verputz Asbest enthalten kann, geht es also um eine sehr kleine Zahl. Ausserdem ist bei der punktuellen Bearbeitung in der Regel nur von einer sehr niedrigen Asbest-Exposition auszugehen, welche mit den Massnahmen gemäss Suva-Merkblatt 84072 unter dem MAK-Wert bleibt.

Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass asbesthaltige Serpentinite oder andere asbesthaltige Natursteine auch für die Nutzer eines Gebäudes keine Gefahr darstellen. So lange diese nicht bearbeitet werden, und auch wenn sie Sprünge oder Spalten aufweisen, gibt es keine Gefahr für die Anwohner. Erst bei mechanischem Bearbeiten werden Asbestfasern freigesetzt.

Schlussfolgerung

So lange die Ausnahmen vom Asbest-Verbot wirklich nur restriktiv gewährt werden, kann man tatsächlich davon ausgehen, dass die vorgeschlagene Änderung der ChemRRV nicht zu einer Erhöhung des Gesundheitsrisikos von Arbeitnehmern oder der Bevölkerung führt. Im Vergleich zu den vielen bestehenden Regeln und Vorschriften der Suva, kann man auch annehmen, dass dies nicht zu einer Verwässerung der bisherigen Anforderungen zum Arbeitnehmerschutz führt. Die damit angestossene Debatte dürfte sogar zu einer besseren Sensibilisierung auf die Thematik der asbesthaltigen Natursteine führen.

Bleibt einzig die Sache mit dem Import von asbesthaltigen Natursteinen aus dem Ausland: Auch wenn es sich nur um sehr geringe Mengen handelt, ist es nicht kohärent, wenn der Abbau in Schweiz nicht mehr möglich ist, der gleiche Stein gleich "ennet der Grenze" aber weiter abgebaut und dann in die Schweiz importiert werden darf. Es scheint logischer, bei Rückbauarbeiten anfallende asbesthaltige Natursteine zu sammeln (mit entsprechenden Massnahmen zum Gesundheitsschutz), damit man sie bei punktuellen Reparaturen wieder einsetzen kann. Aber auch dafür bräuchte es eine Ausnahmebewilligung vom OFEV.

Photos

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Aktuelle Version
Schaufenster-Brüstung aus Serpentinit

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Aktuelle Version
Schaufenster-Brüstung aus Serpentinit

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Terazzo-Bodenplatte mit potentiell asbesthaltigem Serpentinit-Einschluss

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Aktuelle Version
Asbesthaltiger Terazzo-Boden mit Serpentinit

Diagnostik von asbesthaltigem Serpentinit

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Simon Schneebeli; März 04, 2019

Serpentinit ist ein natürliches Gestein das manchmal Asbest enthält. Bislang wurde dieses bei Gebäudeexpertisen kaum beachtet. Bei Umbau- oder Rückbauarbeiten kann es aber durchaus eine gewisse Gefahr für die Gesundheit darstellen. Wie aber identifiziert man asbesthaltige Serpentinite im Rahmen von Schadstoffexpertisen?

Wegen seiner charakteristischen Struktur und Farbe (sehr dunkles, glänzendes grün, fast schwarz, aber je nach Art manchmal auch rötlich), sowie seinen guten Verarbeitungseigenschaften, wurde Serpentinit nicht nur zur Herstellung von Tischplatten, in Küchen, Grabsteine und Denkmäler verwendet sondern in grösserem Umfang auch als Wand- und Bodenplatten, insbesondere in prestigeträchtigen Gebäuden wie Kirchen.

Im 2017 hat die Suva ein Merkblatt publiziert, dass die Massnahmen beim Bearbeiten von asbesthaltigem Serpentinit beschreibt. Ob solche Steine bei einer Schadstoffdiagnose/Gebäudecheck aber erfasst werden sollen, war bislang nirgendwo definiert, und viele Fachspezialisten waren sich der Problematik nicht bewusst. Dr. Stefan Scherer von der Suva präzisiert aber: Serpentinit müsse bei einer Schadstoffdiagnose "selbstverständlich" beurteilt werden.

Aber wie geht man dabei vor? Für Nicht-Gesteinsspezialisten dürfte es bereits schwierig sein, Serpentinit eindeutig zu erkennen. Philipp Rück, Mitglied vom Naturstein Verband Schweiz, Geologe und Spezialist für Materialtechnik im Bau sagt, dass man in einem ersten Schritt einige Photos von betreffenden Objekt (Übersicht und Detail) einem Naturstein-Spezialisten senden könne (z.B. beim Naturstein Verband Schweiz selber via serpentinit@nvs.ch). Damit kann meistens schon bestimmt werden ob weiteren Abklärungen und Untersuchungen zielführend und angemessen sind, respektive ob es bei Renovationen asbestfreie Ersatzprodukte gibt.

Handelt es sich nur um kleine Arbeiten, etwa das Bohren von einzelnen Löchern oder eben das Ersetzen von einzelnen Platten, kann auf eine Analyse verzichtet werden, wenn die Arbeiten gemäss Suva-Merkblatt 84072 ausgeführt werden. Befolgt man dann die Vorgaben der Suva, ist die Gesundheit geschützt. Auch wenn ein Material kein Asbest enthalten sollte, ist beim Bohren eine Quellabsaugung und Atemschutz so oder so empfohlen, da auch normaler Feinstaub Lungenkrankheiten wie Silikose auslösen können.

Erst bei grösseren Umbau- oder Rückbauprojekten, wo Serpentinit grossflächigen bearbeitet wird, etwa beim Abschleifen oder Herausspitzen, lohnt sich eine Asbest-Analyse.

Gemäss Philipp Rück kann man bei Materialien mit hohen Asbestgehalten relativ schnell sagen, ob Asbest vorhanden ist. Bei geringen Konzentrationen wird es aber komplizierter. Dr. Ivan Surace, Geologe und Mineraloge im Labor Geopro SA hat mehr als 15 Jahre Erfahrung in diesem Bereich. Im 2011 hat er einen wissenschaftlichen Artikel zu diesem Thema publiziert. Gesteine, erklärt Dr. Surace, seien anders als die klassischen Asbestprodukte, und man könne sie nicht gleich behandeln:

  • Geringe Konzentrationen von Asbest (oft im Bereich von einigen ppm) sowie wenn vorhanden, grosse Heterogenität.
  • Auf Grund der Härte und des Zusammenhalts, Schwierigkeit, die Asbestfasern aus dem Gestein zu lösen.
  • Vorhandensein und Koexistenz im gleichen Gestein von Asbest- und Nicht-Asbest-Fasern (z.B. Serpentinite, die hauptsächlich aus Antigorit bestehen, dessen Fasern Asbestfasern sehr ähnlich sind). Wird in solchen Fällen die Analyse nicht korrekt und mit den richtigen Mitteln und viel Erfahrung ausgeführt, kommt man sehr einfach zu falschen Resultaten, und man findet Asbest da, wo es keinen hat.
  • Vorhandensein von Asbest-Mineralien, vor allem der Amphibolgruppe (Tremolit, Anthophyllit, etc), die nicht die morphologischen Eigenschaften von Asbest haben, die aber bei mechanischer Bearbeitung trotzdem lungengängige Asbestfasern freisetzen können.

Für eine Analyse reicht es also nicht, ein wenig Material abzukratzen und ins Labor zu schicken, wie man dies für andere asbestverdächtige Materialien macht. Man braucht eine repräsentative Probenahme, die in gewissen Fällen, wie bei den Ophicalciten, mehrere Quatratdezimeter gross sein sollte. Oder man bittet den Geologen/Mineralogen, direkt vor Ort selber eine Probe zu nehmen.

Wegen dieser Komplexität, und weil es auf internationaler Ebene keine einheitlichen Kriterien gibt, ist es durchaus möglich, dass Gesteine, die in einem Land als "garantiert asbestfrei" verkauft werden, in andern Ländern als asbesthaltig beurteilt und somit verboten sind. Ein auf die Analytik von Asbest in Natursteinen spezialisiertes Labor ist also unabdingbar.

Noch völlig unklar ist hingegen das Vorgehen bei künstlichen Boden- und Wandplatten, die durchaus auch Serpentinit-Stücke enthalten können, etwa bei Terazzo-Böden.

Photos

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Terazzo-Bodenplatte mit asbesthaltigem Serpentinit

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Terazzo-Bodenplatte mit potentiell asbesthaltigem Serpentinit-Einschluss

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Schaufenster-Brüstung aus Serpentinit

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Schaufenster-Brüstung aus Serpentinit

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Fensterfront Serpentinit

Workshop Radium

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Simon Schneebeli; Dezember 10, 2018

Das Bildungszentrum Bauschadstoffe hat zum Ziel, durch hochstehende Kurse den Schutz der Gesundheit und der Umwelt zu verbessern. Neben regelmässigen Kursen werden wir in diesem Jahr auch verschiedene kurze Weiterbildungen oder Workshops durchführen in welchen wir  spezifische Themen aufgreifen und Kenntnisse vertiefen oder ergänzen wollen.

In Zusammenhang mit dem Aktionsplan Radium ist dieser erste Workshop dem Thema Radium gewidmet. Er wird in Zusammenarbeit mit Herrn Gennaro di Tommaso vom BAG gegeben. Dabei geht es darum, die wichtigsten Grundlagen zur Identifikation und zum Umgang mit Radium oder andern radioaktiven Stoffen zu vermitteln. Das Ziel ist aber auch ganz konkret, dass die Teilnehmer wissen, wann eine Radium-Untersuchung angezeigt ist, und wie man in diesem Fall vorgehen soll.

   Radium-Workshop 1: 25. Januar 2019 in Waldenburg

Radium-Workshop 2: 21. Juni 2019 in Waldenburg

Als Non-Profit-Organisation (Verein) können Sie Mitglied vom Bildungszentrum Bauschadstoffe werden. Sie unterstützen damit unsere Arbeit und erhalten vergünstigte Kurspreise. Die Teilnahme an unseren Workshops ist für Mitglieder gratis.

Kurs Arbeitssicherheit für Asbestsanierer und Fachbauleiter

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Simon Schneebeli; Dezember 10, 2018

Beim Umgang mit Asbest gilt die Hauptaufmerksamkeit in der Regel diesem Bauschadstoff. Es wird alles unternommen, um die Risiken diesbezüglich einzuschränken. Dabei kann es aber passieren, dass man andere Gefahren vernachlässigt, etwa das Arbeiten auf Gerüsten, herunterfallende Gegenstände, Lärm und besonders Stolperfallen.

Um dieser Problematik zu begegnen, bietet das Bildungszentrum Bauschadstoffe ab nächstem Jahr einen Kurs zum Thema allgemeine Arbeitssicherheit im Kontext von Asbest- und Bauschadstoffsanierungen an.

Der Kurs wendet sich sowohl an die Sanierer, als auch an jene Personen, die Fachbauleitungen durchführen.Der Kurs teilt sich in zwei Teile, die einzeln besucht werden können:

  • 1. Tag: Einführung und Grundlagen
    • Gefahren sehen und begrenzen: Die wichtigsten Gefahren und unsichere Handlungen erkennen und die richtigen Massnahmen umsetzen
    • Verhalten verstehen und verändern: verstehen, warum sich Menschen unsicher verhalten, und dieses Verhalten verändern.
  • 2. Tag: Aufbau und Weiterentwicklung
    • Planung: einen Sanierungsplan mit Massnahmen zur allgemeinen Arbeitssicherheit ergänzen, resp. daraufhin überprüfen.
    • Instruktion: Auf einer Baustelle Arbeiter zu den Grundlagen im Umgang mit Gefahren instruieren.

Der Kurs wird von Daniel Ardüser, Spezialist Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz geleitet.

Mehr Informationen und Anmeldung hier.

Neue Empfehlungen und Referenzen

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Simon Schneebeli; Dezember 10, 2018

Fach-Broschüre "Asbestsanierung beim Um- und Rückbau von Gebäuden

Die erste Version des FACH-Dokuments 2994 wurde 2014 publiziert. Seit Juli ist eine überarbeitete Version verfügbar. Grundsätzlich geändert hat sich relativ wenig, ausser dass die Neuerungen der Verordnung über die Vermeidung und Entsorgung von Abfällen integriert wurden:

  • Andere Schadstoffe: Die Broschüre weisst noch expliziter als bisher darauf hin, dass neben Asbest auch andere Schadstoffe, auch nutzungsbedingte untersucht werden müssen.
  • Entsorgungskonzept: Die Publikation erwähnt, dass der Diagnosebericht auch Angaben zu den Abfällen und zur Entsorgung erhalten muss.
  • Hydraulische und thermische Behandlung von Asbest-Abfällen: Neben der Entsorgung in einer Deponie wird die "hydraulische Verfestigung" (Vermischen mit Zement) und die thermische Behandlung (Verglasung) explizit erwähnt. (Letztere ist zur Zeit nur in Frankreich möglich).
  • Anforderungen Ausbildung: Die neue Version präzisiert, dass für komplexe Sanierungsvorhaben empfohlen wird, einen Spezialisten mit einer formellen Ausbildung von 4 bis 5 Tage und viel Erfahrung (mindestens 100 untersuchte Objekte), sowie mit Kenntnissen zum Erstellen von Entsorgungskonzepten beizuziehen.

Polludoc-Vernehmlassung

Seit einem Jahr arbeitet eine Arbeitsgruppe der Fachverbände VABS und FAGES an einer neuen Dokumentation zu Asbest und andern Bauschadstoffen. In einem ersten Schritt wurden die wichtigsten Anwendungen von Asbest sauber dokumentiert und jetzt zur Vernehmlassung veröffentlicht. Die Dokumentation enthält Angaben zur Gefährdung, zur Diagnostik, zur Sanierung und zur Entsorgung und soll als Referenz für Schadstoff-Spezialisten gelten. Im folgenden Jahr wird die Dokumentation mit Angaben zu andern Schadstoffen wie PCB, PAK, etc. ergänzt werden.

Neue PCB-Richtlinie im Kanton Genf

Für jene Personen, die auch im Kanton Genf arbeiten: Diesen Sommer wurde einen neue PCB-Richtlinie publiziert. Die Richtlinie selber hat sich kaum geändert.  In einem Anhang werden aber einige Punkte präzisiert:

  • Zu untersuchende Elemente: Beinhalten explizit auch Metalltüren, -Fenster und -Rahmen, Heizungsradiatoren sowie Kabelummantelungen und Ölradiatoren
  • Luftmessungen: Eine Luftmessung wird bereits ab einer Konzentration von 1'000 mg/kg erwähnt (bisher ging man von "Konzentationen im Prozent-Bereich" aus).
  • Anforderung an die Analytik: Die Nachweisgrenze muss bei mindestens 10 mg/kg liegen und die PCB-Mischung muss angegeben werden (der Umrechnungsfaktor 5 darf nur verwendet werden, wenn die Mischung nicht bestimmt werden kann). Auch muss die Messungsicherheit angegeben werden. 

Im Vordergrund der neuen Richtlinie steht der Arbeitnehmerschutz. Vorgaben zur Entsorgung gemäss VVEA und VVEA-Vollzugshilfe sind zusätzlich noch zu beachten.