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Wie werde ich zum "Fachexperten / Fachexpertin" für Bauschadstoffe? (Weiterbildung Niveau 2)

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Simon Schneebeli; März 24, 2025

Bereits im Jahr 2020 haben die Fachverbände VABS und FAGES ihr gemeines Weiterbildungskonzept vorgestellt. Dieses sieht unter dem Namen «PolluEdu» eine Reihe von insgesamt 10 Weiterbildungsmodulen, sowie zwei Wahlmodule vor, die zum Titel der «Fachexpertin oder des Fachexperten für Bauschadstoffe» führen wird.

Vorgesehen ist, dass nicht die Fachverbände diese Weiterbildung anbieten, sondern dass private Bildungsstätten diese Kurse entwickeln und durchführen. Damit ein Kurs «anerkannt» wird, müssen diese privaten Kursanbieter ein Kurskonzept einreichen, das anschliessend von der entsprechenden Fachkommission von VABS und FAGES überprüft wird.

 

Sind die Kurse von BilBau für diese Weiterbildung anerkannt?

Ja, der grösste Teil der von uns angebotenen Kurse sind bereits anerkannt und wir empfehlen, die Kurse in dieser Reihenfolge zu besuchen:

Diagnostik:

Fachplanung / Fachbauleitung

Weitere:

 

Welche weiteren Kurse stehen auf der BilBau-Liste?

Zurzeit sind folgende Kurse in Bearbeitung:

  • Kommunikation im Kontext der Bauschadstoffe (2 Tage): Wir werden für diesen Kurs demnächst die Anerkennung beantragen. Bestenfalls werden wir diesen Kurs bereits im Herbst 2025 anbieten können.
  • Fachplanung und Fachbauleitung Schadstoffsanierung – Vertiefungsmodul: Unser Antrag auf Anerkennung wurde in einem ersten Schritt abgelehnt. Zurzeit laufen Gespräche, ob die Anforderungen an dieses Kursmodul nochmals angepasst werden. Sobald die Fachkommission von VABS/FAGES die Anforderungen geklärt hat, werden wir unser Kurskonzept anpassen und die Anerkennung nochmals beantragen. Auch hier hoffen wir, bereits im Herbst loslegen zu können.

 

Und wie sieht es mit den anderen Kursen aus?

Unser Ziel ist es natürlich, auch die anderen Kurse baldmöglichst anbieten zu können. Der Aufwand für die Entwicklung dieser Kurse ist jedoch sehr hoch. Für gewisse Themen heisst das: zuerst kompetente Expertinnen oder Experten suchen, dann ein Kurskonzept entwickeln, und schliesslich den eigentlichen Kurs «erschaffen». Die Erfahrung mit dem Vertiefungsmodul Fachplanung / Fachbauleitung, dessen Anerkennung in einem ersten Schritt abgelehnt wurde (mit durchaus stichhaltigen Argumenten), zeigt auch, dass die Anforderungen, die die Fachverbände an die Kursanbieter stellen, sehr hoch sind.

Obwohl wir auf ein Netzwerk von sehr kompetenten und engagierten Expertinnen und Experten Fachpersonen zurückgreifen können, kommen wir mit der Entwicklung dieser Kursmodule wirklich an die Grenzen dessen, was ohne externe Finanzierung machbar ist. 

Ziel ist es jetzt, die oben aufgeführten Kurse durchführen zu können. Erst wenn diese Kurse die Entwicklungskosten wieder eingebracht haben, wird es für uns möglich sein, die weiteren Kurse in Angriff zu können. Wie lange das noch dauert, können wir zurzeit nicht sagen. Wir gehen jedoch davon aus, dass wir dieses Ziel erst 2027 schaffen werden.  

 

Gibt es noch andere Weiterbildungen?

Neben den Kursen gemäss Weiterbildungskonzept der Fachverbände VABS und FAGES arbeiten wir in der Tat noch an einem weiteren vielversprechenden Kurs:  

  • Bauteil-ReUse: Erfassen von Bauteilen für die Wiederverwendung: In Zusammenarbeit mit dem Fachverband Cirkla und sanu future learning AG und mit finanzieller Unterstützung des BAFU werden wir diesen Kurs im Herbst ein erstes Mal durchführen können. Die Kursdaten werden wir demnächst kommunizieren.

 

Gibt es eine Möglichkeit bei BilBau mitzuwirken?

Das Bildungszentrum Bauschadstoffe BilBau ist eine Non-Profit Organisation (Verein) mit dem Ziel, relevantes Fachwissen zu sammeln, aufzubereiten und weiterzugeben, damit der Schutz der Personen und der Umwelt verbessert werden kann.

Wenn Sie selbst daran interessiert sind, Fachwissen und Kompetenzen weiterzugeben, und wenn Sie sich vorstellen können, vor einem Publikum wissensbegieriger Personen zu stehen und wenn Sie Freude am Unterrichten haben, dann melden Sie sich bei uns. Wie Sie sehen, gibt es noch viel zu tun! 

Sie können uns auch sehr gerne unterstützen, indem Sie Mitglied des Bildungszentrums werden.

 

Baukunde: Ein besseres Verständnis für gute Bauschadstoff-Diagnosen

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Judith Trachsel; März 14, 2025

Seit 2024 bieten wir einen offiziell als Weiterbildung zur/zum "Fachexpertin / Fachexperten Bauschadstoffe" von VABS und FAGES anerkannten Einführungs zum Thema "Baukunde" an. Die Bedeutung dieses Kurses wird häufig unterschützt. Wir haben der Kursleiterin, Bettina Scherer daher einige Fragen gestellt.

Bettina, warum sind gute Kenntnisse in der Baukunde bei Bauschadstoffgutachten so wichtig?

Damit wir gut verständliche Diagnoseberichte erstellen können, müssen wir uns mit der Fachterminologie der Gebäudeteile auskennen.

Ebenso essenziell ist das Wissen, welche Materialien, mit welchen Bauschadstoffen, in welcher Bauzeit zu erwarten sind. Zu diesen beiden Themen möchten wir Inputs geben und haben in den Kursunterlagen ein Nachschlagewerk diverser Bauteile und Materialien zusammengestellt.

Jedes Gebäude hat seine Geschichte, ohne die Geschichte zu kennen untersuchen wir Gebäude nicht richtig. Wir lernen am Kurs Hilfsmittel kennen, um mit geringem Aufwand mehr über die Entstehungsgeschichte des Gebäudes in Erfahrung zu bringen.

Kombiniert man das Wissen über die Entstehungsgeschichte des Gebäudes, mit dem Wissen über die Baumaterialien, ergibt das eine umfassende Bauschadstoffdiagnose, mit korrekter Probenahmestrategie. Mit diesem Vorgehen werden deutlich weniger verdeckte Vorkommen übersehen.

Ein wichtiger Teil des Kurses ist die Begehung eines Gebäudes. Könntest du uns dazu mehr erzählen?

Wir hatten bei allen Kursen das Glück, interessante "Übungsgebäude" finden zu können. Insbesondere Gebäude, die «früher einmal» Spritzasbest enthielten. Die Praxisübungen wurden jeweils mit den effektiven Problemstellungen und Erkenntnissen aus dem Praxisalltag der Gebäudediagnostiker oder Fachbauleiter der jeweiligen Objekte abgerundet.

Im letzten Kurs, der firmenintern beim Ingenieurbüro Geotest AG durchgeführt wurde, konnten wir ein altes Fabrikgebäude als Praxisobjekt nutzen, bei dem anhand alter Archivpläne interessante Erkenntnisse zur Baugeschichte gewonnen werden konnten. Wieder einmal hat sich gezeigt, wie wichtig die Entstehungsgeschichte eines Gebäudes oder ganzer Areale für Probenahmen ist. Der Austausch der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über die verschiedenen Filialen hinweg war sehr interessant und zeigte unterschiedliche Ansätze und Vorgehensweisen auf.

Was sollte man mitbringen, um am Kurs teilnehmen zu können?

Der Kurs ist vor allem für Personen, die sich schon mit Bauschadstoffen auskennen, aber nicht aus dem Baubereich kommen. Unsere Erfahrung aus den letzten Kursdurchführungen ist aber, dass selbst erfahrene Bauschadstoff-Spezialisten ein Gebäude nach dem Kurs anders angehen. Wir empfehlen diesen Kurs also grundsätzlich für alle Bauschadstoffspezialistinnen und -spezialisten.

 


Bettina Scherer ist diplomierte Hochbautechnikerin HF, Energieingenieurin Gebäude MAS und Bauschadstoffdiagnostikerin bei Buri Bauphysik & Akustik AG. Sie verfügt über sechs Jahre Erfahrung in der Bauleitung und über zehn Jahre Erfahrung in der Bauphysik.

Der nächste Baukunde-Kurs findet am 03.-04.04.2025 statt.

 

Zum Start ins Jahr: Das Review des betriebliche Sicherheitskonzept steht an

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Simon Schneebeli; Januar 10, 2025

Firmen, die mit besonderen Gefahren konfrontiert sind – und dazu gehören Asbest-Sanierungsfirmen – brauchen ein betriebliches Sicherheits- und Gesundheitsschutzkonzept (SiGeKo). Kleinere Firmen können dies mit «einfachen Mitteln» tun, grössere brauchen ein umfassendes Konzept (1).

Immer wieder gibt es Firmen, die dieses Konzept erstellen, weil die Suva das verlangt. Danach verschwindet es in einem Schrank und sammelt Staub an. Das ist dann ungefähr so effektiv, wie Neujahrsvorsätze, die man Mitte Januar bereits wieder vergessen hat.

Nein, das betriebliche SiGeKo ist nicht da, um die Suva zufrieden zu stellen. So ein Konzept erstellt man, um den Schutz der Arbeitnehmenden vor Unfällen und Berufskrankheiten zu schützen. Und diese Aufgabe endet nicht nach einem Suva-Audit.

 

Was ist ein jährliches Review?

Damit das SiGeKo wirklich funktioniert, muss es umgesetzt werden. Das heisst, dass allen Beteiligten wissen, was wie gemacht werden muss, und wer für was verantwortlich ist. Und man muss es regelmässig aktualisieren. Das heisst auch, dass man regelmässig ein «Review» durchführt.

Ein solches Review erfolgt in der Regel jährlich, oft Anfang Jahr: Genau so, wie man die Buchhaltung abschliesst und sich für das kommende Jahr finanzielle Ziele setzt, sollte man es auch für die Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz tun.

Wie genau ein solches Review abläuft und was man sich dabei genau anschaut, dazu gibt es keine expliziten Vorgaben. In der Regel umfasst das jährliche Review aber folgende Punkte:

Unfälle / Zwischenfälle: Welche Vorkommnisse gab es im vergangenen Jahr? Wie sieht die Unfallstatistik aus? Manche Firmen geben den Unfallzahlen genau so viel Gewicht, dass sie sie auch im Geschäftsbericht erwähnen. Damit signalisieren sie, dass die Arbeitssicherheit ebenso wichtig wenn nicht noch wichtiger ist, als der Gewinn.

  • Sicherheitsziele:
    • Wurden die Sicherheitsziele vom letzten Jahr erreicht?
    • Welches sind Ziele für das kommende Jahr? Und mit welchen Massnahmen wollen wir diese Ziele erreichen?
  • Hat sich der Betrieb verändert:
    • Neue Mitarbeitende und neue Organisation: Ist die Organisation gewachsen? Gibt es eine neue Firmenstruktur? Neue Zuständigkeiten?
    • Neue Abläufe, Prozesse
    • Neue Maschinen und neue Gefahren
    • Gibt es allgemeines Optimierungspotential, vielleicht auch um Effizienz zu gewinnen?

Dazu kommen Fragen wie:

  • Gibt es neue Vorschriften
  • Müssen Geräte demnächst gewartet oder sogar ersetzt werden?
  • Gibt es Aus- oder Weiterbildungen, die die Mitarbeitenden machen müssen?

 

 

Wer führt das Review durch

Arbeitssicherheit ist Chefsache (auch wenn es bei der Umsetzung natürlich alle braucht). Die Geschäftsleitung oder Abteilungsleitung ist also zentral am Review beteiligt. Aber: Eine ganz wichtige Rolle spielt auch die Kontaktperson Arbeitssicherheit (KOPAS), respektive der oder die Sicherheitsbeauftragte SiBe.

Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz funktionieren aber nur teilweise, wenn alles «von Oben» kommt. Wirklich umsetzen müssen die Massnahmen ja alle Mitarbeitenden. Daher ist es wichtig, diese nicht nur zu informieren, sondern im Prozess auch zu involvieren. Das heisst:

  • Wo sehen die Mitarbeitenden noch Verbesserungspotential?
  • Was meinen die Mitarbeitenden, warum gewisse Sicherheitsziele nicht erreicht wurden?
  • Scheinen ihnen die neuen Sicherheitsziele und die dazugehörigen Massnahmen sinnvoll und machbar? Können sie sie auch nachvollziehen?

 

Und darüber hinaus?

Das jährliche Review des SiGeKo ist ein wichtiger Baustein, damit Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz funktionieren. Es reicht aber nicht, einmal pro Jahr über Arbeitssicherheit zu sprechen. Die Kommunikation und Sensibilisierung aller Mitarbeitenden, sowie die regelmässig durchzuführenden Audits sind weitere wichtige Bausteine.

 

Quellen:

  1. Die Notwendigkeit eines betrieblichen Sicherheits- und Gesundheitsschutzkonzeptes ist in der EKAS-Richtlinie 6508, Kap. 3 beschrieben.
  2. Das ASA-Sicherheitssystem - Kontrolle und Audits

Droht bei Asbestsanierern ein Fachkräftemangel?

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Simon Schneebeli; Januar 10, 2025

Ausbildung zum Asbestsanierer: Steigende Anforderungen

Seit 2019 gilt: Um die Ausbildung Spezialist Asbestsanierung gemäss EKAS Richtlinie 6503 zu machen, muss man:

  • über eine abgeschlossene, mindestens einjährige Berufsausbildung verfügen
  • eine Landessprache einigermassen gut beherrschen (mindestens Sprachniveau B1)
  • über mindestens ein halbes Jahr Berufserfahrung auf Sanierungsbaustellen verfügen

Nach wie vor melden Firmen viele Mitarbeitende an, die diese Anforderungen nicht erfüllen.

Bei der Berufsausbildung lässt die Suva einen gewissen Spielraum indem auch ausländische Ausbildungen zulässt. Die Suva hat hingegen präzisiert, dass Erfahrung zwar wichtig, aber Erfahrung alleine nicht ausreicht, um eine fehlende Berufsausbildung zu kompensieren. Die Anforderungen müssen formell erfüllt sein.

Aber selbst wenn alle Anforderungen erfüllt sind, ist das noch keine Garantie, dass die Kursteilnehmer bestehen: Der Kurs endet mit einer schriftlichen und einer mündlichen Prüfung. Diese ist nicht besonders schwierig, aber es kommt regelmässig vor, dass Teilnehmer durchfallen. Der häufigste Grund ist, dass sie - trotz Sprachniveau B1 - entweder die Kursinhalte oder die Prüfungsfragen nicht verstehen, oder aber das konzeptionelle und planerische Denken, dass für die Prüfung (und die Arbeit als Sanierer) wichtig ist, nicht haben. Diese können sie auch nicht mit jahrelanger Erfahrung als Asbestsanierer kompensieren.

 

Ein drohender Fachkräftemangel

Wenn wir Personen nicht zum Kurs zulassen können, oder diese die Prüfung nicht bestehen, führt das unweigerlich zu einem Fachkräftemangel.

Bei einem Erfahrungsaustausch zwischen der Suva und den Ausbildungsstätten für Asbestsanierer hat die Suva Zahlen zu den ausgebildeten Fachpersonen für Asbestsanierung kommuniziert (siehe Graphik unten).
Gemäss den Zahlen der Suva wurden bis zum Jahr 2019 pro Jahr über 200 Asbestsanierer ausgebildet. Im Jahr 2020 wurden die oben erwähnten Anforderungen eingeführt. Seither werden pro Jahr nur noch ein Drittel so viele Personen ausgebildet.

Bei rund 300 Suva-anerkannten Asbest-Sanierungsfirmen und einem nach wie vor leicht wachsenden Markt, dürfte das auf die Dauer nicht genug sein.

Daher unser Rat: Wenn Sie Verstärkung in Ihrem Team brauchen, schauen Sie, dass Sie Personen einstellen, die über eine berufliche Grundausbildung verfügen und die gut Deutsch (oder Italienisch oder Französisch) sprechen. Setzen Sie diese rasch auf Baustellen ein, damit sie Erfahrung sammeln können, und schicken Sie sie dann in einen Kurs. Und schauen Sie vor allem, dass Sie gute Personen behalten können.

Statistik der bei der Suva neu gemeldeten Spezialisten für Asbestsanierung. Quelle: Suva

 

Wie bereite ich meine Mitarbeitenden auf den Kurs vor

Ein wichtige Fähigkeit, die Spezialisten für Asbestsanierung beherrschen müssen, ist das konzeptionelle und planerische Denken: Um den Kurs zu bestehen, wird erwartet, dass die Kursteilnehmer eine einfache Sanierungsbaustelle selbstständig planen können, inkl. zeitlichem Ablauf, Zonenplan und Luftbilanz.

Sie können die Erfolgschancen Ihrer Mitarbeiter beim Kurs enorm steigern, indem Sie sie schon vor dem Kurs in die Planung involvieren und zwischendurch kleinere Projekte zum «Üben» geben.

 

Wie war das nochmals mit der Weiterbildung

In der Bauarbeitenverdordnung steht, dass sich Spezialistinnen und Spezialisten für Asbestsanierung alle fünf Jahre weiterbilden müssen (Art. 85). Die Suva hat weiter präzisiert, dass es sich um einen 2-tägigen Auffrischungskurs bei einer Suva-anerkannten Ausbildungsstätte handeln soll.

Die Frist der fünf Jahre begann mit dem Inkrafttreten der aktuellen Fassung der Bauarbeitenverordnung am 1. Januar 2022. Rechtlich haben Sie also noch bis zum 31. Dezember 2026 Zeit, Ihre Mitarbeitenden in einen Auffrischungskurs zu schicken. Es sei denn, Ihre Mitarbeitenden brauchen eine «Auffrischungsimpfung». Dann können sie selbstverständlich schon früher einen Weiterbildungskurs besuchen.

Wir bieten einen solchen Auffrischungskurs selbstverständlich an. Im Moment empfehlen wir, noch zu warten, bis die überarbeitete EKAS-Richtlinie 6503 in Kraft tritt. Dies ist voraussichtlich diesen Sommer der Fall. Ab dann werden wir selbstverständlich auch die neuen Vorgaben der EKAS-Richtlinie in den Kursen behandeln.

 


Das Kursangebot für Asbestsanierer

 

 

Bilbau Geschäftsstelle: Neue Kurse, neues Team

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Judith Trachsel; Oktober 05, 2024

Neuer Kurs-Katalog 2024-2025

Wir sind mit viel Elan in den Herbst gestartet und präsentieren Ihnen nun unseren neuen Kurs-Katalog für Bauschadstoff-Diagnostik, Fachplanung und Fachbauleitung. Neben vielen neuen Kursen wurden die schon bestehenden überarbeitet und aktualisiert.

Folgende Kurse sind auch schon von PolluEdu als Teil der Ausbildung zur Expertin oder Experte Bauschadstoffe» anerkannt:

Für weitere Kurse hoffen wir, die entsprechende Anerkennung bald zu bekommen.

Hier finden Sie unseren ganzen Kurskatalog.

Wir freuen uns, Sie schon bald an einem unserer Kurse hier in Lenzburg begrüssen zu dürfen.

 

Neue Mitarbeitende

Das Team in Lenzburg ist seit August zu dritt unterwegs. Als Stv. Geschäftsleiterin unterstützt Judith Trachsel Oberleitner den Geschäftsleiter Simon Schneebeli und Corinne Oezen (Aministration und Organisation) in allen wesentlichen Belangen, insbesondere Kursentwicklung, Kursplanung, Kommunikation und Koordination.

 

Kursleitende gesucht

Sind Sie ein Experte oder eine Expertin in Bauschadstoffen und möchten Ihr Wissen gerne weitergeben? Können Sie ich vorstellen, vor einem Publikum zu sprechen und möchten Sie immer wieder Neues dazu lernen? Dann freuen wir uns, dies einmal mit Ihnen zu besprechen.

 

Als in der Schweiz die Milch mit Insektiziden vergiftet war

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Pascal Diefenbacher; Oktober 02, 2024

In den 1960er-Jahren wurden in der Schweiz viele Ställe und Scheunen mit Holzschutzmitteln behandelt. Schnell stellte sich heraus, dass diese über das Futter der Kühe in die Milch gelangen können. Das führte soweit, dass auf manchen Landwirtschaftsbetrieben die ganze Milchproduktion entsorgt werden musste. Aber auch heute findet man noch Gebäude mit belastetem Holz. Dieser Erfahrungsbericht zeigt die Herausforderungen, die Gutachter bei entsprechenden Objekten angehen müssen.

 

Kindheitserinnerungen

Im Frühjahr 2024 wurde die Ecosens AG von einem Herrn kontaktiert, der in der Region Winterthur ein Bauernhaus mit angebauter Scheune besitzt. Es handelt sich dabei um sein Elternhaus, in dem er aufgewachsen ist. Nach seinen Erinnerungen aus der Kindheit sei das gesamte Holzwerk der Scheune in den 1960er-Jahren gegen den Befall mit Hausbock und weiteren Schädlingen mit Holzschutzmitteln (HSM) behandelt worden. Das habe zu einer «Vergiftung» von Milch sowie Heu sowie und sogar zu gesundheitlichen Problemen bis zu Totgeburten bei den Kühen geführt. Die Milch habe in der Folge der Behandlung mit HSM in der Jauchegrube entsorgt oder sogar verbrannt werden müssen.

 

Zukünftige Nutzung beurteilen

Die Scheune sowie das angrenzende Wohnhaus befinden sich in einem seit den 1960er Jahren weitgehend unveränderten Zustand. Das Wohnhaus wird aktuell von einem Angehörigen bewohnt.

Der Eigentümer wandte sich an die Ecosens AG mit der Frage, wie das Haus sowie die Scheune zukünftig genutzt werden können. Im Raum stehen dabei entweder eine Sanierung des Gebäudes mit Umnutzung der Scheune zu Wohnraum oder ein Rückbau des Gebäudes. Es ist zu klären, ob auch Jahrzehnte nach der mutmasslichen Behandlung noch Holzschutzmittel-Belastungen in der Bausubstanz nachweisbar sind. Die Untersuchungsresultate sollen als Grundlage für die Entscheidung hinsichtlich der zukünftigen Nutzung des Gebäudes dienen.

Liegt ein Verdacht bezüglich der Verwendung von HSM vor, lässt sich durch die Entnahme von Materialproben der Holzbauteile sowie durch die Beprobung des Liegestaubs die Belastungssituation schnell und kostengünstig eruieren. Aufgrund ihrer physikalischen Eigenschaften (schwerflüchtig) reichern sich HSM üblicherweise im Staub an. Staub stellt somit ein ideales Medium dar, um den Verdacht einer Anwendung von HSM zu überprüfen.
Aus diesem Grund wurden im Frühjahr 2024 durch den Gutachter sechs Materialproben der Balken der Scheune sowie des Dachbodens des Wohnhauses entnommen. Da damit zu rechnen war, dass die HSM-Behandlung oberflächlich erfolgte, wurden Holzspäne abgehobelt. Zusätzlich wurde in der Scheune eine Mischprobe des Liegestaubs entnommen.

 

Schriftliche Belege tauchen auf

Im Rahmen der Begehung vor Ort wurde der Eigentümer intensiv zur mutmasslichen Behandlung der Scheune befragt. Dieser konnte die damaligen Vorgänge aus seiner Erinnerung lebhaft rekonstruieren.

Im Anschluss an die Begehung vor Ort durchforstete der Kunde nochmals den Nachlass seiner Eltern und konnte der Ecosens AG diverse Dokumente aus den Jahren 1967 bis 1972 zustellen. Diese belegen eindeutig, dass das Gebäude mit Insektiziden behandelt wurde und dadurch das Heu und die Milch stark kontaminiert wurden.

Aus Gutachtersicht stellte sich die Frage, ob es sich bei der vorbeugenden und systematischen Behandlung der Scheune mit Insektiziden um einen Einzelfall handelte, weshalb eine Literaturrecherche in öffentlich zugänglichen Archiven von Zeitungen und Zeitschriften durchgeführt wurde. Bei der Recherche wurden rasch Dokumente gefunden, die zeigen, dass die grossflächige Behandlung von Scheunen mit Holzschutzmitteln in den 1960er-Jahren weit verbreitet war. Der folgende Abschnitt basiert auf einem im Jahr 1972 in der schweizerischen Zeitschrift für Forstwesen publizierten Artikel zu Pflanzenschutz und Umwelt [1] sowie einer Interpellation von Curt Signer (Kantonsrat der Sozialdemokratischen Partei) vom 3. Februar 1969 über Rückstände von Schädlingsbekämpfungsmitteln in Lebensmitteln im Kantonsrat des Kantons Zürich [2].

 

Der Käse-Skandal und seine Folgen

Im Frühjahr 1968 kam es zu einem Skandal, als die USA den schweizerischen Exportkäse wegen zu hoher Pestizidrückstände beanstandete und zurücksandte. Die Eidgenössische Forschungsanstalt Wädenswil (heute Agroscope) wurde damit beauftragt die Kontaminationsquellen ausfindig zu machen. Durch die tatkräftige Mitwirkung von kantonalen Laboratorien und der Industrie gelang es bis im Herbst 1968 die wichtigste Quelle ausfindig zu machen.

Das in der Lebensmittelverordnung aus dem Jahr 1936 vorgesehene jährlich zweimalige Weisseln mit Kalkmilch oder blosse Reinigen der Ställe wurde ab den 1950er-Jahren mehr und mehr mittels chemischer Mittel, wie z.B. mit dem Produkt «Pintox», vollzogen. Dabei handelt es sich um ein Stallweisselmittel mit Zusätzen von Insektiziden (DDT, Dieldrin, Hexachlorcyclohexan resp. Lindan), das auf Empfehlung der Milchverbände in vielen Gemeinden jeweils in den meisten Ställen angewandt wurde. Die im Stallweisselmittel enthaltenen Insektizide gehören alle zur Gruppe der Organochlorpestizide. DDT und Lindan sind wahrscheinlich den meisten Lesern ein Begriff. Der Einsatz von Dieldrin als Holzschutzmittel ist hingegen weniger bekannt. Bei Dieldrin handelt es sich um ein hochwirksames Insektizid, das häufig als Kontakt- und Frassgift gegen Insekten eigesetzt wurde. Es ist mit grosser Wahrscheinlichkeit krebserregend und wie auch andere Organochlorpestizide persistent (wird nur sehr langsam abgebaut) und reichert sich in Organismen an (bioakkumulativ). Ziel des Einsatzes von «Pintox» war die präventive und gelegentlich auch akute Bekämpfung des Hausbocks im Dachgebälk von Scheunen und Wohnhäusern.

Abbildung 1: Cartoon Pestizid in Käse

Abbildung 1: Cartoon aus dem Wochenblatt «Wir Brückenbauer» vom 17. Januar 1969

 

Curt Signer führte dazu in seiner Interpellation im Jahr 1969 aus: «Es grenzt geradezu an Fahrlässigkeit, wenn man weiss, dass diese giftigen Mittel in den Scheunen versprüht wurden, ohne die eingelagerten Heuvorräte genügend abzudecken. Allein im Kanton Zürich wurden letztes Jahr rund 100 Scheunen auf diese Weise behandelt. Ob der Bedenkenlosigkeit der verantwortlichen chemischen Fabriken und dem viel zu lange Zögern der wissenschaftlichen Fachleute können wir heute nur noch staunen. Es ist bekannt, dass vor allem eine Holzimprägnierungsfirma den Bauern das Weisse vom Himmel zu malen verstand und sie von der Notwendigkeit solcher Scheunenbehandlungen zu überzeugen vermochte, deren eine nota bene 10’000 Franken kostete.»

Abbildung 2: Werbung Pintox, Bieler Tagblatt vom 21. April 1962

Abbildung 2: Werbeanzeige für Weisselungsmittel «Pintox» aus dem Bieler Tagblatt vom 21. April 1962

 

Im Elternhaus unseres Auftraggebers sei es gemäss seinen Erinnerungen genau wie oben beschrieben abgelaufen. Im Jahr 1967 wurden seine Eltern von zwei Vertretern einer Bautenschutz-Firma besucht, die die Scheune besichtigten. Aufgrund eines kleinflächigen Befalls von Holzbalken empfahlen die Vertreter eine Behandlung der gesamten Scheune sowie des Dachstockes des angrenzenden Wohnhauses mit Insektiziden. Gemäss der uns vorliegenden Original-Auftragsbestätigung betrugen die Kosten für die Behandlung von Wohnhaus und Scheune CHF 10'600. Was gerade zu der damaligen Zeit ein beträchtlicher Betrag war, lag doch der durchschnittliche Jahreslohn im Jahr 1967 bei rund CHF 16'000.

Die Holzschutzmittel-Belastungen können über verschiedene Wege in die Kühe und somit in die Milch gelangen. Neben der direkten Aufnahme durch Ablecken von behandeltem Holz sowie dem Einatmen von belasteter Stallluft oder Staub erfolgt die Aufnahme vor allem über in der Scheune eingelagerte Futtermittel wie Heu. Besonders problematisch ist, dass insbesondere in den heissen Sommermonaten die Wirkstoffe aus den Holzbalken ausgasen und das frisch eingelagerte Heu rasch kontaminieren. Wenn das Milchvieh im Herbst und Winter wieder mit Heu gefüttert wird, steigt auch die Belastung der Milch an und erreicht im Frühjahr die höchsten Werte.
Zur Sanierung wurden verschiedene Schutzanstriche geprüft, die das Ausblühen und Verdampfen von Holzschutzmittel hätten verhindern sollen. Gemäss den Studien der Forschungsanstalt Wädenswil blieben allerdings alle diese Versuche ohne positives Ergebnis, denn es wurde nachgewiesen, dass die Wirkstoffe alle Schutzschichten durchdringen konnten und so die Futtervorräte von neuem vergifteten. Zudem zeigte sich, dass die Kontaminationen des Heus und damit der Milch auch über mehrere Jahre nur sehr langsam zurück gingen. So lieferte ein Betrieb aus einer zürcherischen Gemeinde im Herbst 1968 Milch mit einem Dieldringehalt von 140 ppb und im Herbst 1971, also nach drei vollen Jahren, von immer noch 120 ppb. Die toxikologische Limite für Dieldrin in der Milch lag damals bei 5 ppb und wurde somit bei diesem Hof um mehr als einen Faktor 20 überschritten.

Solange stark belastete Milch in einen grossen Milchstrom fliesst und mit unbelasteter Milch verdünnt wird, bestehe zwar für den Menschen keine unmittelbare Gefahr. Wenn aber die belastete Milch des Hofes als Eigenbedarf konsumiert wird, so wird die Toleranzgrenze deutlich überschritten. Curt Signer hält dazu fest: «Dass hierbei vor allem die Kinder unmittelbar gefährdet sind, wird wohl jedermann einleuchten, insbesondere weil noch bekannt wurde, dass sogar Milchtiere durch Insektizide erkrankt sind.»

 

Langfristige Auswirkungen auf Landwirtschaftsbetrieb

Anhand der uns vom Auftraggeber zugestellten Dokumente lassen sich die Vorgänge auf seinem Hof gut nachverfolgen. Nach dem Auftragen der Insektizide im Jahr 1967 wurde das Heu in der Scheune im Februar 1969 vom damaligen Zürcher Kantonschemiker Dr. Ernst Roman untersucht. Dabei wies das an der Aussenwand der Scheune anliegende Heu hohe Lindan und Dieldrin-Konzentrationen von bis zu 50 mg/kg auf. Es wurde deshalb verfügt, dass das Heu auf keinen Fall verfüttert werden darf und zu entfernen und zu verbrennen ist.

Im April 1969 erfolgte schliesslich eine Verfügung betreffend einer Milchsperre. Darin wird festgehalten, dass die Milch unter Aufsicht der Gesundheitsbehörde mit einem Farbstoff bis zur deutlichen Färbung zu denaturieren und anschliessend auf unschädliche Art (Jauchegrube) zu beseitigen sei. Mitte 1970 wurde die Milch erneut untersucht und aufgrund der starken Belastungen weiterhin und bis zum Vorliegen von «günstigeren» Untersuchungsresultaten für den Verzehr oder die Verfütterung gesperrt. Zusätzlich wurde im Jahr 1970 verfügt, dass in der Scheune aufgrund der Belastung bis auf Weiteres kein Heu mehr eingelagert werden darf. Das entsprechende Schreiben kam vom Milchverband Winterthur. Es war an «Verbandsmitglieder, deren Scheunen gegen Hausbock behandelt worden sind» adressiert. Es scheinen also in der Region Winterthur diverse weitere Betriebe betroffen gewesen zu sein.

Untersuchungsbericht des Kantonschemikers des Kantons Zürich

Abbildung 3: Auszug aus dem Untersuchungsbericht des Kantonschemikers des Kantons Zürich vom 17. Februar 1969 (Quelle: Privates Dokument Auftraggeber)

 

Diese Vorkommnisse seien ein Faktor dafür gewesen, dass die Eltern unseres Auftraggebers im Jahr 1973 die landwirtschaftliche Tätigkeit auf dem Hof einstellten. Ein Gerichtsprozess seiner Eltern gegen die Bautenschutz-Firma sei erfolglos verlaufen. Ein Hauptgrund dafür dürfte gewesen sein, dass die Firma eine offizielle Bewilligung zur Abgabe dieser Holzschutzmittel von der Direktion des Gesundheitswesens des Kantons Zürich vorweisen konnte (Dokument liegt dem Gutachter vor).

Als Folge dieser Krise ersuchte die Eidgenössischen Forschungsanstalt Wädenswil im Frühjahr 1970 das Eidgenössische Gesundheitsamt, die Verwendung einer ganzen Reihe von chlorierten Kohlenwasserstoffen in Haushalt und Gewerbe zu verbieten. Mit Inkrafttreten der Verordnungen zum eidgenössischen Giftgesetz im Jahr 1972 wurde die Verwendung von Holzschutzmitteln, die Dieldrin, Aldrin, Lindan und DDT enthalten, verboten. Pentachlorphenol (PCP) hingegen wurde bis in die 1980er-Jahre hinein als Wirkstoff in Holzschutzmitteln verwendet. Erzeugnisse mit solchen Wirkstoffen durften in der Schweiz noch bis im Jahr 1989 hergestellt, abgegeben oder eingeführt werden.

 

Beurteilung aktuelle Belastungssituation

Aufgrund der seit der Probenahme erhaltenen Informationen und Dokumente, wurden die Analysenresultate der Material- und Staubproben aus Scheune und Wohnhaus unseres Kunden mit Spannung erwartet. Es stellte sich nämlich die berechtigte Frage, ob auch rund 55 Jahre nach der Behandlung in den Proben noch Holzschutzmittel nachweisbar sind.

Tatsächlich wurden in sämtlichen entnommenen Proben die Holzschutzmittel Dieldrin und Lindan in erhöhten Konzentrationen nachgewiesen. Die Konzentration von Dieldrin lag in allen Proben, auch in der Staubprobe, in einem sehr ähnlichen Bereich von 20 bis 26 mg/kg, die Konzentration von Lindan mit rund 3.3 bis 13 mg/kg etwas tiefer. Daneben wurden in einigen Proben geringe Konzentrationen von DDT und PCP nachgewiesen (< 2 mg/kg). Interessanterweise waren mit Ausnahme eines einzelnen Balkens keine weissen Beläge erkennbar, die visuell auf eine Weisselung respektive Belastung mit Holzschutzmitteln hinweisen würden.

Es liegen uns keine Informationen zur Belastung des Holzes mit Dieldrin und Lindan kurz nach der Behandlung vor. Da das an der Aussenwand gelagerte Heu im Jahr 1969 mit 50 mg/kg Dieldrin belastet war, ist davon auszugehen, dass kurz nach der Behandlung deutlich höhere Konzentrationen im Holz vorlagen. Dennoch zeigt diese Untersuchung eindrücklich die geringe Abbau- resp. Freisetzungsgeschwindigkeit von Holzschutzmitteln in Gebäuden, da selbst 50 Jahre nach einer oberflächlichen Anwendung noch deutlich erhöhte Belastungen nachgewiesen werden können. Die sehr homogene Belastungssituation der Holzbalken zeigt, dass damals tatsächlich alle freiliegenden Oberflächen der Scheune behandelt wurden.

 

Umnutzung oder Rückbau?

Nach der Übermittlung dieser Analysenresultate an den Kunden, stellte dieser die entscheidende Frage, was die nachgewiesenen Belastungen nun für eine allfällige Weiternutzung oder einen Rückbau der Scheune bedeuteten. Eine Beantwortung dieser Frage ist nicht trivial. In der Schweiz bestehen nämlich kaum explizite Vorschriften bezüglich des Umgangs mit Gebäuden mit HSM-Belastungen. Üblicherweise wird deshalb auf die deutsche PCP-Richtlinie [3] verwiesen. Dabei wird angenommen, dass die darin vorgegebenen Richtwerte für PCP sinngemäss auch auf weitere Chlorkohlenwasserstoffe (wie z.B. Lindan oder DDT) angewendet werden können.

Bei einem Rückbau der Scheune gilt aus unserer Sicht folgendes:

Gemäss der Verordnung über die Vermeidung und die Entsorgung von Abfällen (VVEA) gelten Holzbalken, die Beschichtungen aus halogenorganischen Verbindungen (wie HSM) aufweisen, als problematische Holzabfälle und müssen der thermischen Entsorgung in einer bewilligten Kehrichtverbrennungsanlage (KVA) oder im Zementwerk zugeführt werden. Zur Einstufung als problematischer Holzabfall wird allerdings nur für PCP ein Grenzwert (> 5 mg/kg) vorgeben (VVEA, Anhang 7, Absatz 2). Für andere Holzschutzmittel bestehen keine expliziten Grenzwerte. Gemäss der gängigen Praxis wird aber üblicherweise eine Belastung mit vergleichbaren HSM wie Lindan, DDT oder Dieldrin analog bewertet.

Dennoch muss festgehalten werden, dass gemäss VVEA vor einer Entsorgung von Holz nur Analysen auf PCP vorgeschrieben werden. Im vorliegenden Objekt lag die Konzentration von PCP bei maximal 0.2 mg/kg. Bei einer Analyse des Holzes auf die Einzelsubstanz PCP, wäre es gemäss VVEA als unbehandelt eingestuft worden und hätte der stofflichen Verwertung (Recycling) zugeführt werden dürfen.

Neben einem Rückbau steht für den Eigentümer auch eine Umnutzung der Scheune zu Wohnraum zur Diskussion. Dabei stellt sich die Frage, ob die im Holz nachgewiesenen Belastungen zu einer möglichen Gesundheitsgefährdung für zukünftige Bewohnende führen könnten. Diese Frage konnte dem Kunden auf der Basis der Untersuchungsresultate nicht abschliessend beantwortet werden.

Zur Beurteilung einer möglichen gesundheitlichen Gefährdung ist die Durchführung von Raumluftmessungen und der anschliessende Vergleich mit toxikologisch abgeleiteten Richtwerten nötig. Bei einer Umnutzung von Scheunen oder Dachgeschossen zu Wohnräumen wird allerdings üblicherweise der Luftwechsel drastisch reduziert. Dies bedeutet, dass aufgrund von Luftmessungen in der aktuell ungedämmten und stark durchlüfteten Scheune keine qualifizierten Aussagen über eine mögliche zukünftige Belastung der Raumluft nach dem Umbau gemacht werden können. Aus diesem Grund wurde in der aktuellen Phase auf Luftmessungen verzichtet.  
Zur orientierenden Bewertung der HSM-Belastung in Hausstaub und Materialproben können die Beurteilungswerte gemäss ecobau herangezogen werden. Eine Überschreitung des Eingreifwerts bedeutet dabei, dass eine Sanierung unverzüglich anzugehen ist. Nach einer Sanierung sollte die Belastung den Sanierungszielwert nicht überschreiten, um eine gesundheitliche Gefährdung ausschliessen zu können.

Beurteilungsgrundlagen HSM gemäss ecobau

Abbildung 4: Beurteilungsgrundlagen HSM gemäss ecobau

 

Mit maximalen Konzentrationen von 26 mg/kg in Holz und Staub werden die Eingreifwerte gemäss ecobau in diesem Objekt zwar unterschritten. Die Sanierungszielwerte werden allerdings deutlich überschritten. Liegen die Werte zwischen Eingreif- und Sanierungszielwert, dann sollte aus Gründen der Vorsorge die Schadstoffsituation verbessert werden, so dass am Ende möglichst der Sanierungszielwert erreicht wird.

Im Gutachten wurde dem Kunden mitgeteilt, dass bei einem geplanten Umbau zusätzliche Untersuchungen hinsichtlich der Belastungssituation nötig wären (z.B. Bestimmung Eindringtiefe HSM). Aufgrund der vorliegenden Resultate und der vollflächigen Behandlung aller Balken ist allerdings davon auszugehen, dass im Rahmen eines Umbaus mit grosser Wahrscheinlichkeit eine fachgerechte Sanierung der Holzschutzmittel-Belastungen vorgenommen werden muss. Die Eingrifftiefe der Sanierungsmassnahmen hängt von der geplanten späteren Nutzung, dem Vorkommen von freiliegenden Holzbalken in Wohnräumen, dem Luftwechsel sowie weiteren Faktoren ab und ist aktuell nicht genau abschätzbar.

 

Lehren für zukünftige Untersuchungen

Dieses Praxisbeispiel zeigt auf, welche Folgen die unkritische Verwendung von Chemikalien auch Jahrzehnte später noch haben können. Aus unserer Sicht lassen sich daraus folgende Schlüsse ableiten:

Auch 50 Jahre nach dem Verbot von diversen Organochlorpestiziden sind entsprechende Belastungen noch von Relevanz. Gemäss dem Bericht zu Pflanzenschutz und Umwelt [1] wurden mehrere hundert Scheunen bei diesen «Stallweisselungs-Aktionen» mit Holzschutzmitteln belastet. Daneben wurden Holzschutzmittel auch vorbeugend oder nach einem Befall in vielen weiteren Gebäuden oder Dachstöcken eingesetzt. Insbesondere bei einer geplanten Umnutzung sind ältere Gebäude mit relevantem Anteil an Holzbauteilen systematisch auf Holzschutzmittel zu untersuchen.

Mit der Entnahme von Material- oder Staubproben lässt sich eine Verwendung von Holzschutzmitteln im Gebäude in der Regel schnell und kostengünstig nachweisen. Bei der Entnahme von Materialproben ist allerdings darauf zu achten, dass immer Mischproben von mehreren Balken entnommen werden. Dadurch lässt sich das Risiko einer falsch negativen Analyse bei einer lokalen Behandlung von einzelnen Balken reduzieren. Da sich Holzschutzmittel an Staubteilchen anlagern und diese anschliessend in Innenräumen verteilt werden, lassen sich in Staubproben HSM üblicherweise auch bei lokaler Anwendung nachweisen. Zur Durchführung von Luftmessungen sind weiterführende Fachkenntnisse nötig. Dabei haben die Messbedingungen (Temperatur, Luftwechsel etc.) einen entscheidenden Einfluss auf die Ergebnisse.

Gemäss VVEA sind Holzbauteile vor der Entsorgung oder Wiederverwendung auf PCP zu untersuchen. Für die Analytik vor Umbauten bestehen keine verbindlichen Vorgaben. Gemäss unserer Erfahrung wird das Holz meist auf PCP, Lindan und DDT untersucht. Die hier präsentierten Untersuchungen und Recherchen zeigen aber, dass in der Schweiz auch Dieldrin und allenfalls weitere Insektizide grossflächig eingesetzt wurden. Insbesondere bei der Umnutzung von Scheunen oder Dachböden zu Wohnraum wird zum Ausschluss einer möglichen Gesundheitsgefährdung ein umfassendes Analysenprogramm empfohlen, das neben PCP, Lindan und DDT mindestens noch Dieldrin enthält. Damit kann verhindert werden, dass belastetes Holz zu einer möglichen Gesundheitsgefährdung in bewohnten Innenräumen führt oder ins Baustoffrecycling gelangt.

 

Literaturverzeichnis:

[1] Bosshardt, H.-P. (1972). Pflanzenschutz und Umwelt. Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen, Band 123, Heft 10. Abrufbar unter: https://doi.org/10.5169/seals-765074
[2] Interpellation Curt Signer – Wädenswil vom 3. Februar 1969 über Rückstände von Schädlingsbekämpfungsmitteln in Lebensmitteln, StAZH MM 24.78 KRP 1969/063/0483
[3] ARGEBAU (1997). Richtlinie für die Bewertung und Sanierung von Pentachlorphenolbelasteter Baustoffe und Bauteile in Gebäuden (PCP-Richtlinie). Fassung Oktober 1996

 

 

 


Fachwissen aneignen: Messtechnik Bauschadstoffe

Das Bildungszentrum Bauschadstoffe bietet verschiedene Kurse zu diesem Thema an, insbesondere ein Kurs zum Thema Messtechnik für Bauschadstoff-Spezialisten oder die Weiterbildung zur Sanierung von chemischen Bauschadstoffen.

Sanierung von PCB-haltigen Fugendichtungsmassen: Neues Suva-Factsheet!

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Simon Schneebeli; Juni 22, 2024

Die bisherigen Referenz-Dokumente für die Sanierung von PCB-haltigen Materialien sind alle schon rund 20 Jahre alt und gelten als teilweise überholt. Gleichzeitig gab es aber noch nichts Neueres. Nun hat die Suva ein Factsheet zur Sanierung von PCB-haltigen Fugendichtungsmassen veröffentlicht. Weitere Factsheets zu PCB sollen folgen.

Neben Asbest gelten PCB zu den am häufigsten vorkommenden Bauschadstoffe. Zur Frage, wie gefährlich PCB sind, gibt es aber verschiedene Ansichten. Die einen gehen davon aus, dass sie insgesamt noch gefährlicher sind als Asbest. Andere betrachten PCB in Baumaterialien als so ungefährlich, dass sie garnicht untersucht werden müssen. So muss man etwa in Frankreich bei Gebäudeuntersuchungen Anstriche auf Blei prüfen, hingegen werden Analysen auf PCB nicht einmal empfohlen.  

Die Suva hat in den letzten Jahren verschiedene Messungen bei PCB-Sanierungen ausgeführt und ist allgemein zum Schluss gekommen, dass PCB für den Arbeitnehmerschutz deutlich weniger problematisch sind als Asbest. Auf Grund der durchgeführten Messungen wurde nun ein erstes Factsheet veröffentlich. Es beschreibt, welche Massnahmen zum Arbeitnehmerschutz bei der Sanierung von PCB-haltigen Fugendichtungsmassen nötig sind.

 

Arbeitnehmerschutz: Das besagt das neue Suva-Factsheet

Das neue Suva-Factsheet 33111 verlangt zusammenfassend folgende Massnahmen:

  • PSA:
    • Atemschutz: FFP3-Maske
    • Schutzanzug Kat. 3 Typ 6/5
    • Handschuhe Nitril-oder Butylkautschuk
  • Geräte:
    • Nicht schleifen, keine hitzeerzeugende Arbeitsmittel
    • Industriesauger mit M-Filter
  • Arbeitsbereich:
    • Zugang zum Arbeitsbereich für Drittpersonen sperren. Zutrittsverbotsschild anbringen.
    • Rutschfeste Folie am Boden um anfallenden Abfälle vollständig zu sammeln
  • Weitere Massnahmen:
    • Keine Esswaren und Getränke im Arbeitsbereich aufbewahren oder konsumieren
    • Waschgelegenheiten installieren. Vor Pausen werden die Hände gewaschen

Von der Suva nicht gefordert werden hingegen ein abgegrenzter Arbeitsbereich, eine aktive Durchlüftung des Arbeitsbereichs oder sogar eine Unterdruckzone.

 

Ab wann gilt ein Material als «belastet»

Von der Suva nicht explizit geregelt ist die Frage, ab wann ein Material relevant als PCB-belastet gilt. Aus abfallrechtlicher Sicht gilt eine Fugendichtungsmasse aber ab 50 mg/kg als Sonderabfall und muss entsprechend von den restlichen Abfällen getrennt werden. Dabei sind die oben beschriebenen Massnahmen zum Arbeitnehmerschutz zu treffen.

Wie sieht es mit dem Nutzerschutz und dem Umgebungsschutz aus? Da der Umgebungsschutz nicht im Kompetenzbereich der Suva liegt, macht das neue Factsheet der Suva auch keine Vorgaben zum Schutz der Umgebung. Daraus zu schliessen, dass diese grundsätzlich nicht nötig sind, wäre aber falsch. Hier dürften die bestehenden Vorgaben der Richtlinie des Kantons BL von 2004 weiter Gültigkeit behalten:  

  • Staubfreie Verfahren (z.B. Fugen mit Messer herausschneiden): Keine Unterdruckzone, kein abgegrenzter Arbeitsbereich.
  • Verfahren mit Grobstaub (Elektro-Fugenschneider, Stechbeitel, manueller Schaber):
    • Im Innenbereich: Staubdichte Abschottung oder Luftumwälzung über Entstaubungsgerät mit M-Filter und optional einem Aktivkohlenfilter falls relevante Emissionen von gasförmigen PCB zu erwarten sind
    • Im Aussenbereich: Staubdichte Einhausung
  • Verfahren mit viel Staub (z.B. Elektroschaber, Nadelhammer, Hammer und Meissel oder Drahtbürste bei spröden Fugen): Das Factsheet 33111 der Suva schliesst solche Massnahmen aus. Zu Arbeiten mit Schleifen soll demnächst ein weiteres Factsheet der Suva veröffentlicht werden, das weitere Informationen enthält. Bis dahin dürften die Vorgaben gemäss Basler Richtlinie anzuwenden sein, das heisst:  
    • Im Innenbereich: Unterdruckzone
    • Im Aussenbereich: Staubdichte Einhausung

 

Wann gibt es eine neue PCB-Richtlinie?

Neben dem bereits erwähnten Factsheet zu Schleif-Arbeiten an PCB-haltigen Materialien arbeitet die Suva  an einem weiteren Factsheet zu Thema Sandstrahlen bei PCB-haltigen Anstrichen / Beschichtungen. Beide dürften im Verlauf des Jahres veröffentlicht werden. Aber auch diese werden nur die Massnahmen zum Arbeitnehmerschutz, nicht aber zum Nutzer- oder Umgebungsschutz abdecken.

Wünschenswert wäre eine übergeordnete «Richtlinie», die die Vorgaben zum Arbeitnehmerschutz, zum Umgebungsschutz und zum Nutzerschutz, eventuell auch zur Entsorgung zusammenbringen, etwa im Sinn einer Aktualisierung der PCB-Richtlinie des Kantons Basel-Landschaft. Zur Zeit planen die Behörden aber kein entsprechendes Dokument. Hingegen sollen die Einträge zu PCB auf PolluDoc entsprechend aktualisiert und ergänzt werden.

 


Fachwissen aneignen: Weiterbildung Sanierung von PAK, PCB und andern chemischen Bauschadstoffen

Möchten Sie Ihr Fachwissen zu PAK und andern chemischen Bauschadstoffen vertiefen? Wir vertiefen das Thema in unserer Weiterbildung zur Sanierung von chemischen Bauschadstoffen.

Holzschutzmittel - trotzdem untersuchen

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Simon Schneebeli; Februar 26, 2024

In rund 10 bis 20% der Gebäude in der Schweiz wurde das Holz der Dachstöcke mit Holzschutzmitteln behandelt. Werden diese Dachstöcke in Wohnungen umgebaut, können diese Schadstoffe zu einer echten Gesundheitsgefährdung für die Anwohner führen. Eine Ermittlungspflicht vor einem Umbau gibt es nicht. Wenn man’s aber nicht tut, kann es kompliziert werden, wie dieses Fallbeispiel zeigt.

Kurt Schläpfer ist Spezialist für chemische Schadstoffe mit Spezialgebiet Luft. Im 1987 hat er die Firma Carbotech mitbegründet und war dort über mehrere Jahrzehnte als Fachexperte und in der Leitung tätig. Heute ist er im Ruhestand, übernimmt aber regelmässig anspruchsvolle Fälle, gerade wenn es um chemische Bauschadstoffe geht.

 

Kurt Schläpfer, Du hattest gerade einen Fall, wo ein Gebäude vor einem Umbau auf Bauschadstoffe untersucht wurde. Das Holz des Dachstuhls wurde aber nicht untersucht. Erst im Lauf des Umbaus wurde festgestellt, dass das Gebälk mit Holzschutzmittel HSM belastet ist. Wie ist man darauf gekommen, dass eine Belastung mit HSM vorliegen könnte?

Ich erlebe ein bis zwei Mal im Jahr einen Fall, wo hohe Belastungen von Pentachlorphenol (PCP), Lindan (HCH) oder DDT erst erkannt werden, nachdem die Detailplanung beendet oder erste Umbauarbeiten begonnen haben. Ich habe den Eindruck, dass diese Fälle zunehmen.

Ärgerlich - aber noch nicht die grosse Katastrophe – ist es, wenn die Belastungen noch vor den Umbauarbeiten erkannt werden. Es sind häufig Zimmerleute und Architekten aber auch Sanierungsfirmen die die Frage nach HSM-Belastung stellen und damit eine Untersuchung auslösen.

Ich hatte aber auch schon Fälle bearbeitet, bei denen der Wohnraum bereits ausgebaut war und infolge stark belasteter Sichtbalken vor Erstbezug aufwändig saniert oder sogar wieder abgerissen werden musste.

 

Jetzt habt ihr verschiedene Messungen und Analysen durchgeführt. Was sind die vorläufigen Resultate?

Wir haben in den letzten beiden Fällen im Konstruktionsholz sehr hohe HSM-Belastungen, d.h. mehrere hundert bis mehrere tausend ppm, gemessen. Sie zeigen, dass der geplante Umbau zu Wohnraum nicht ohne Ersatz der Holzkonstruktion bzw. des Daches realisierbar ist.

Allenfalls kann ein Bereich ausgeschieden werden und, material- und luftmässig abgetrennt von den belasteten Hölzern, für Wohnnutzung weitergeplant werden. Da dieser Bereich aber wesentlich kleiner ist als die bislang geplante Nutzfläche, stellt sich die Frage, ob das noch finanziell sinnvoll ist.

Um nun ein Gesamtbild der Situation zu erhalten, sind jetzt die angrenzenden und im Luftverbund stehenden Materialien zu untersuchen. Daneben versuchen wir mittels geeigneter Untersuchungen die Luftbelastung bzw. Emissionen abzuschätzen, um so unsere Empfehlungen für die Bauherrschaft auf eine möglichst nachvollziehbare und solide Grundlage zu stellen.

 

Was hat das jetzt für Konsequenzen für die Bauherrschaft?

Nun, die Planung, die Berechnung der Rentabilität etc. für den entsprechenden Bereich muss neu angegangen und die Umbauarbeiten dann neu geplant werden. Bis dahin stehen die geplanten Arbeiten in diesem Bereich erst einmal still.
Manchmal stehen solche Objekte unter Denkmalschutz was natürlich zusätzliche Komplikationen verursacht.

 

Wie müsste man idealerweise bei solchen Fällen vorgehen?

Gebäude müssen heute vor einem Umbau auf Bauschadstoffe wie Asbest, PCB und PAK untersucht werden. Eine Untersuchung auf HSM wie PCP, Lindan oder DDT ist nicht obligatorisch. Sollen Dachstöcke in Wohnräume, Büroräume oder ähnliches umgebaut werden, sollten solche Untersuchungen unbedingt durchgeführt werden, denn diese Schadstoffe können die Anwohner wirklich krank machen.

Für die Untersuchung gibt zwei mögliche Vorgehensweisen: Entweder der Diagnostiker nimmt Holzproben der Dachkonstruktion bzw. anderer verdächtiger Holzbauteile und lässt diese mindestens auf PCP, HCH und DDT untersuchen. Oder er lässt eine Hausstaub-Probe des Gebäudes auf HSM untersuchen. Bei Positivbefund, sind dann weitere Untersuchungen zur Identifikation der Quellen notwendig.

Mit beiden Verfahren können praktisch alle relevanten HSM-Fälle im Zuge der Erstdiagnostik entdeckt werden. Damit könnte der Bauherr bereits in der Planungsphase abklären, welche Massnahmen getroffen werden müssen, um die Kosten gering zu halten und die Gesundheit der künftigen Anwohner oder Nutzer gut zu schützen.

 


Weiterbildung zu chemischen Bauschadstoffen:

Wie gewinne ich rasch Übersicht über die Belastungen mit PAK, PCB und Holzschutzmitteln in einem Gebäude? Was könnte schiefgelaufen sein, wenn nach einer PAK- Sanierung die Luftbelastung höher ist als vorher? Und welche PCB-Gemische sind für die Luftbelastung unkritisch?  Vom 18. bis 20. März 2024 findet die nächste Weiterbildung zu den chemischen Bauschadstoffen statt.

 

Sanierung von PAK-haltigen Materialien: Neues Suva-Factsheet

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Simon Schneebeli; Dezember 11, 2023

Neben Asbest gibt es noch einige andere Schadstoffe in Baumaterialien. Dazu gehören die polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffe oder abgekürzt PAK . Neuere Studien und Messungen weisen darauf hin, dass diese Stoffklasse gefährlicher ist, als man lange gedacht hat, und dass bei Sanierungen strengere Massnahmen getroffen werden müssen. So hat die Suva selber eine Messreihe durchgeführt, deren Resultate letztes Jahr an der PolluConf vorgestellt wurden. Die Schlussfolgerung bezüglich PAK: Die MAK-Werte werden schnell und höher überschritten, als man bisher dachte. Die Schlussfolgerung: Man muss strengere Massnahmen zum Schutz der Arbeitnehmenden treffen. Aber welche?

 

Was sind PAK

Die polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffe sind eine Gruppe von chemischen Verbindungen. PAK werden bei Verbrennungs- und Pyrolysevorgängen gebildet. So wurde früher Teer aus der Destillation (Pyrolyse) von organischen Materialien, hergestellt. Zudem war es ein begehrtes Nebenprodukt aus der Kohlevergasung und -kondensation. Diese Teere sind meist sehr stark mit PAK belastet und wurden früher oft im Strassenbau verwendet, aber auch als Kleber, etwa von Parkett, sowie als Schwarzanstrich, Fugendichtungsmasse oder Holzschutzmittel eingesetzt.

PAK kommen auch im Erdöl vor. Allerdings in viel geringen Konzentrationen. Daher erhält auch Bitumen, der aus Erdöl hergestellte Ersatz von Teer in der Regel keine problematischen Konzentrationen an PAK.

Mehrere der zur Stoffgruppe der PAK gehörende Verbindungen sind nachweislich krebserregend. Besonders zu erwähnen ist das Benzo(a)pyren, abgekürzt B(a)P oder BaP, das die höchste Karzinogenität aller PAK-Verbindungen aufweist. Man findet dieses auch in Zigarettenrauch, wo sie als Hauptursache vom Lungenkrebs angesehen wird. Für die Arbeitsplatz-Belastung wird dieser Stoff als «Leitsubstanz» angesehen. Das heisst, dass dieser Stoff alleine aussagekräftiger für die Gesundheitsgefährdung ist als die Gesamtmenge der PAK.

Im Innenraumbereich sind hingegen das Naphthalin und die naphthalinähnlichen PAK von Bedeutung. Im Gegensatz zu B(a)P sind diese flüchtig und daher in der Raumluft anzutreffen. In Räumen mit teerhaltigem Parkettkleber sind diese für den typischen Geruch mitverantwortlich, der sich auch als Sekundärkontamination in Beton, Ziegeln, Tapeten etc festsetzen kann.

Für die Entsorgung gibt es neben dem Grenzwert für den gesamten PAK-Gehalt (respektive, um genau zu sein, die Summe der 16 EPA-PAK), auch einen spezifischen Grenzwert für das BaP: Um den Entsorgungswege. festzulegen, etwa von Beton mit Teer-Rückständen, muss man beide Grenzwerte überprüfen.

 

Was besagt das neue Factsheet

Bislang gab es in der Schweiz keine expliziten Vorgaben, wie PAK-haltige Materialien saniert werden sollten. Diese Lücke hat die Suva mit dem Factsheet 33106 gefüllt.

Die Vorgaben können im Wesentlichen wie folgt zusammengefasst werden: Mit einigen Abweichungen müssen PAK-Sanierungen die gleichen Massnahmen, wie bei einer Asbest-Sanierungen gemäss EKAS-Richtlinie 6503 Kap. 7 umgesetzt werden. Spezifisch: 

  • Arbeitsbereich:
    • Grossflächige Arbeiten (Ganze Räume): Zonenbildung, inkl. Unterdruck. Schleusen werden erwähnt, aber ohne explizite Details (z.B. Anzahl Kammern), aber es muss eine Waschgelegenheit geben. Die Abluft muss gefiltert werden, aber ohne Aktivkohlefilter.
    • Kleinflächige Arbeiten (z.B. Radiatornischen): Einfache Abtrennung des Arbeitsbereichs
    • Bei Abbruchobjekten ohne Fenster/Türen: Keine Zone nötig, wenn sich in benachbarten Räumen keine ungeschützten Personen aufhalten.
  • Persönliche Schutzausrüstung:
    • Atemschutz: Druckluftschlauchgeräte oder Gebläsefiltergeräte, mind. TH3P (Haube mit Gebläse/Druckluft)
    • Handschuhe aus Nitril- oder Butylkautschuk, Typ A (das sind robuste, luft- und wasserdichte Handschuhe)
    • Schutzanzüge sind an der Maske, Händen und Füssen abzukleben um Hautkontakt zu vermeiden.
  • Verfahren:
    • Staubarme Verfahren wählen, beim Schleifen / Fräsen mit Quellabsaugung, Sauger mit H-Filter
    • Hitzeerzeugende Verfahren (Heissluft-Föhn oder offene Flammen) sind nicht zugelassen.

 

Ab welcher PAK-Konzentration sind diese Massnahmen nötig?

Eine Frage beantwortet die Suva nicht: Ab wann gilt ein Baumaterial als «relevant belastet»? Bei Konzentrationen im Prozentbereich, also von 10'000 mg/kg oder mehr, muss man klar von einer Belastung ausgehen, die obige Massnahmen rechtfertigen.

Laborbefunde im Bereich von einigen Duzend oder einigen Hundert mg/kg PAK sind aber durchaus auch möglich. Da die Exponierung der Arbeiter von der Konzentration abhängt, ist es auch berechtigt, bei geringen Konzentrationen weniger strenge Vorgaben zu machen.

Die Suva sagt dazu nichts. Ein Blick über die Grenze zeigt: In Deutschland, wo es mit der TRGS-Richtlinie 551 seit längerem eine Richtlinie für PAK-Sanierungen gibt, gelten Materialien ab einem BaP-Gehalt von 50 mg/kg als problematisch. Unter diesem Wert sind keine spezifischen Massnahmen zu treffen.

In der Schweiz gibt es einzig im Kanton Genf explizite Vorgaben. Die Werte liegen in einer ähnlichen Grössenordnung, wie in Deutschland:

  • Unter 10 mg/kg BaP und unter 250 mg/kg Gesamt-PAK: Keine spezifischen Massnahmen
  • Zwischen 10 und 100 mg/kg BaP und zwischen 250 und 2'500 mg/kg Gesamt-PAK: Keine Unterdruckzone, wenn staubarme Verfahren gewählt werden.
  • Über 100 mg/kg BaP und über 2500 mg/kg Gesamt-PAK: Vollschutz, inkl. Filterung der Abluft mit einem Aktivkohlefilter ab 1'000 mg/kg Naphthalin.

Mangels expliziter Vorgaben der Suva dürfte man mit diesen Richtwerten grundsätzlich richtig liegen.

Wie sieht es mit dem Umgebungsschutz aus?

Ausser, dass staubarme Sanierungsverfahren gewählt werden müssen, sagt die Suva auch nichts zum Umgebungs- und Umweltschutz. Dies aus dem einfachen Grund, dass dafür nicht sie, sondern die kantonalen oder kommunalen Behörden zuständig sind.

In der Schweiz gibt es, ausser den oben erwähnten Vorgaben des Kantons Genf, keine Behörden, die dazu explizite Vorgaben machen. Obwohl gewisse Diskussionen dazu auch in der Deutschschweiz laufen, dürfte man auch hier zurzeit nicht falsch liegen, wenn man die Genfer Vorgaben als Leitlinien verwendet.

 

Und Schlussmessungen?

Auch hier gibt es keine schweizweite Richtlinie. Das deutsche Umweltbundesamt gibt für die Summe von Naphthalin und naphthalinähnliche Verbindungen einen Richtwert I (Vorsorgewert) von 2 µg/m3 und einen Richtwert II (Interventionswert) von 20 µg/m3 vor.

Gemäss der Genfer Richtlinie werden Räume dann als «sauber» angesehen, wenn folgende Grenzwerte in der Luft eingehalten werden:

  • Benzo(a)pyren: 1 ng/m3
  • Naphtalin: 10 µg/m3
  • Gesamt-PAK (hier nicht gemäss EPA, sondern mit TEF berechnet): 10 ng/m3

Mit diesen Werten orientiert sich der Kanton Genf an den Zielvorgaben der WHO.

Hier muss angefügt werden, dass gemäss Messungen der EMPA in der Schweiz alleine schon eine Hintergrundbelastung – insbesondere durch Holzfeuerungen – von bis zu 0.7 ng/m3 möglich ist.

Während die Vorgaben der Suva zum Arbeitnehmerschutz eher einfach erscheinen, kann es durchaus anspruchsvoll sein, das Ziel von 1 ng/m3 nach einer Sanierung zu erreichen.

 


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Hitze beim Asbest-Sanieren: Kühlen Kopf bewahren

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Simon Schneebeli; Juli 15, 2023

Wenn der Mensch sich physisch aktiv betätigt, etwa Sport treibt oder schwer arbeitet, bekommt her heiss. Damit der Körper nicht überhitzt, muss er diese Wärme irgendwie abgeben. Durch das Schwitzen gibt der Mensch Wasser ab, das anschliessend verdampft und so dem Körper Wärme entzieht. Dann ist es aber wichtig, dass man genug trinkt.

Kann der Körper die entstandene Wärme nicht abgeben, drohen Hitzekrampf, Hitzekollaps, bis hin zum Hitzschlag. Und der ist lebensgefährlich!


Das sind die Vorschriften

In der Schweiz gibt es explizite Empfehlungen zum Arbeiten bei Hitze. Das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco hat – basierend auf die ISO-Norm 8996 – ein Hilfsmittel publiziert, in dem folgende Empfehlungen gemacht werden:

  • Bis 24 Grad: Leichte, Kleider tragen, schützen vor UV-Strahlen, Sonnenschutz, frisches Wasser (alle 20 Min. 2,5 dl) und Pausen im Schatten, …
  • 25 bis 31 Grad: Beschattete Zonen, Regelmässige Kontrollen um Anzeichen eines Hitzschlags zu erkennen. Nicht unbedingt notwendige Arbeiten auf später verschieben, Arbeitsrhythmus anpassen, …
  • 32 bis 35 Grad: Individuelle Belastungen einschränken, Arbeitszeiten speziell an Bedingungen anpassen, Pausen von 5-10 Min. alle 1-2 Std an einem kühlen Ort (diese gelten dann als Arbeitszeit,vgl. Art. 15 ArG)
  • Ab 36 Grad: Ab dieser Temperatur muss die Situation durch einen anerkannten Arbeitshygieniker oder eine Arbeitsärztin beurteilt werden. Es braucht spezielle Massnahmen und Kontrollen der Massnahmen.

Die Situation des Asbest-Sanierers

Beim Arbeiten mit Asbest wird es aber kompliziert: Man trägt ja in der Regel einen Schutzanzug, der alles andere als atmungsaktiv ist. Ausserdem trägt man eine Atemschutzmaske, die man nicht mal schnell ausziehen kann, um einen Schluck Wasser zu trinken. Und den Raum kühlen? Beim Arbeiten in der Sanierungszone ist ein regelmässiger Luftwechsel sowieso nötig. Aber: Wenn die Aussenluft – wie jetzt im Sommer – über 25 oder sogar 30 Grad heiss ist, dann bringt die Lüftung nicht mehr viel.

Das Seco und die Suva präzisieren entsprechend auch: Die Angaben oben beziehen sich auf Situationen, in welchen die Luftfeuchtigkeit rund 40% beträgt. Bei höherer Luftfeuchtigkeit – und im Schutzanzug ist man schnell mal in einer regelrechten Sauna – muss man diese Temperaturangaben nach unten anpassen, und zwar nach ISO-Norm um theoretisch bis zu 9 Grad.

Das Seco und die Suva sagen vereinfacht: Bei Arbeiten mit einem Schutzanzug in Räumen mit erhöhten Temperaturen muss die Situation grundsätzlich durch eine Arbeitshygienikerin oder einen Arbeitsmediziner beurteilt werden.

Ganz konkret: Massnahmen für Asbestsanierer

Jetzt kann man aber sagen, dass sich obige Angaben auf die Durchschnittsbevölkerung beziehen, also auch auf Personen mit einem geschwächten Kreislauf. Asbestsanierer dürften aber in aller Regel Personen sein, die sich physisch anstrengende Arbeit gewohnt sind.

Was also wäre ein realistischer aber doch sicherer Ansatz? In einem ersten Schritt müssen Sanierungsfirmen ihre Mitarbeitenden sensibilisieren und klare Regeln aufgestellt werden. Wie diese Regeln aussehen, bespricht man am besten mit einem Arbeitsmediziner, besonders bei Temperaturen ab etwa 30 Grad. Massnahmen könnten dann wie folgt aussehen: 

  • Ab 25 Grad: Nach Möglichkeit Maschinen einsetzen, die die Arbeiter entlasten. Pausen alle 1 bis 2 Std. Grosszügig Getränke zur Verfügung stellen. Pausen sind zu dokumentieren (was bei Asbestsanierern sowieso der Fall ist). Arbeiten auf Dächern (etwa Demontage von Asbestzement-Platten) unterlassen.
  • Ab 30 Grad: Arbeiten nach Möglichkeit auf kühlere Tage oder frühe Morgen- und Abendstunden verschieben, besonders in exponierten Sanierungszonen, wie etwa eingerüstete und einghauste Fassaden. Arbeitszeit weiter einschränken. Eine Person bestimmen, die den Gesundheitszustand der Mitarbeitenden regelmässig beurteilt, z.B. mit einer Checkliste, die auch Körpertemperatur und Puls beinhaltet. Flüssigkeitszunahme kontrollieren. ...

Die Suva kann bei gewissen Berufsgruppen ausserdem verlangen, dass die Mitarbeitenden sich regelmässigen medizinischen Vorsorgeuntersuchungen unterziehen. Bei Asbestsanierern müssen solche Vorsorgeuntersuchungen sowieso durchgeführt werden. Die Suva ist zur Zeit daran, das Untersuchungsprotokoll für die Asbestsanierer bezüglich Hitze anzupassen.

Technische Massnahmen?

Klimatisierte Schutzanzüge für die Arbeit mit Asbest gibt es leider noch nicht. Eine Klimaanlage vor das Druckluftgerät zu stellen um die Atemluft zu kühlen, wäre zumindest technisch durchaus machbar. Auf dem Markt gibt es zur Zeit aber keine solche Geräte. Ebenfalls wäre es interessant, einmal auszuprobieren, ob man einen Schlauch des Druckluftschlauchs sinnvoll an den Schutzanzug anbringen könnte (unbedingt mit Kolbenventil zur Druckreduktion) um saubere, frische Luft direkt in den Schutzanzug zu blasen.

Ebenfalls technisch möglich wäre das Tragen eines einfachen (dekontaminierbaren) Fitness-Trackers, der etwa den Puls und die Körpertemperatur überwacht, vielleicht auch den Blutdruck, und je nach Situation Alarm auslöst, bevor der Gesundheitszustand eines Mitarbeiters kritisch wird.

Quellen: