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Bauschadstoff-Gutachter: Die grösste Gefahr ist nicht Asbest!

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Simon Schneebeli; Juli 08, 2021

Die grösste Gefahr ist nicht Asbest!

Fünf Meter stürzte er ab. Was genau passiert ist, daran kann er sich nicht mehr erinnern. Neun Tage lag er danach im Koma. Danach noch weitere zwei Tage im Spital, gefolgt von der Reha. Auch heute noch, mehr als 3 Monaten ist er nur begrenzt arbeitsfähig.

Die Geschichte ist nicht erfunden. Sie passierte diesen Frühling! Es passierte bei einem Gebäudecheck. Der Diagnostiker sagt, dass er Glück hatte, dass ein Nachbar den Sturz mitbekommen hat. Da er alleine unterwegs war, hätte sonst wohl lange niemand gemerkt, dass er schwerverletzt am Boden lag.

Das Absturz-Risiko ist gross

Wenn wir Gebäude untersuchen, müssen wir unsere eigene Gesundheit vor Asbest und andern Bauschadstoffen schützen. Die obige Geschichte zeigt: Die Gefahr von Asbest ist zwar gross. Die Gefahr eines Sturzes dürfte aber um ein vielfaches grosser sein.

Ein Grund dafür mag sein, dass wir uns zwar sehr gut vor Asbest schützen, dabei aber andere Gefahren vernachlässigen. 

Andererseits sind mir oft in alten Gebäuden unterwegs, die in Sachen Absturzsicherung nicht immer dem aktuellsten Stand der Technik entsprechen, etwa, wenn wir Flachdächer inspizieren müssen, oderSteigschächte oder ähnliches. Oder das Gebäude ist an sich schon einsturzgefährdet!

Hinzu kommt aber auch, dass heute eine Bauschadstoff-Diagnose als unvollständig angesehen wird, wenn wir keine Proben vom Verputz genommen werden, und zwar auch vom Verputz Decke. In der Praxis steigen wir dann oft «einfach» auf einen Stuhl einen Tisch. Oder man zählt darauf, dass es im Gebäude schon irgendwo eine Leiter hat. Aber allzuoft ist diese nicht auffindbar, oder zu klein, oder sie ist so alt, dass man sie eigentlich gleich entsorgen sollte.

Wie benutze ich eine Leiter korrekt?

Wenn wir unser effektiv schützen wollen, kommen wir nicht darum herum, auf eine gute Absturzsicherung zu achten. Eine gute Leiter sollte zur Standardausrüstung jeder Diagnostikerin und jedes Diagnostikers gehörten.

Aber auch wenn man eine Leiter hat, darf man sie nicht irgendwie einsetzen. Die Suva hat ein ganzes Merkblatt dazu herausgegeben https://www.suva.ch/de-CH/material/Dokumentationen/tragbare-leitern-rich.... Die wichtigsten Punkte daraus:

  • Standhöhe maximal 3m (2m): Leitern darf man nur bis zu einer Standhöhe von 3m einsetzen. Ab nächstem Jahr, werden es sogar nur noch 2m sein (neue BauAV). Darüber hinaus braucht man ein Rollgerüst oder eine Hebebühne.
  • Nur für kurze Einsätze, etwa man einzelne Proben nehmen muss. Wenn man «viele» Proben an der Decke nehmen muss, ist auch hier ein Rollgerüst oder eine Hebebühne nötig.
  • Keine Anstellleiter: Anstellleitern (also die, die man schräg an eine Wand stellt) gelten eigentlich nur als Zugangsmittel. Für Bauschadstoff-Spezialisten heisst das: Wir brauchen eine Bockleiter.
  • Instruktion: Personen, die Leitern benutzen, müssen «instruiert» sein. Genau so, wie Arbeiter instruiert sein müssen, wenn sie Asbestzement entfernen.
  • Nur leichtes Material: Grössere oder schwerere Gegenstände dürfen nicht auf einer Leiter getragen werden.
  • Beide Hände an der Leiter: Wenn man die Leiter besteigt, muss man sich mit beiden Händen festhalten können. Die Diagnostikerin braucht also auch eine Werkzeugtasche am Gürtel oder etwas ähnliches.

Besser zu zweit!

Eine Herausforderung bei der Probenahme: Eigentlich muss man – in Anlehnung an das Suva-Factsheet 33067 – bei der Probenahme mit einer Quellabsaugung arbeiten. Die üblicherweise von Bauschadstoff-Fachpersonen verwendeten Sauger haben aber in vielen Fällen einen zu kurzen Schlauch, als dass er bis an die Decke reicht.

So oder so stellt sich aber die Frage: Wie nehme ich eine Probe, etwa vom Verputz an der Decke, wenn ich in der einen Hand das Stanzeisen, in der andern den Hammer, in der dritten den Beutel für die Probe, in der vierten den Staubsauger halte, und mich dann noch irgendwie an der Leiter festhalten muss?

Eine Patentlösung kennen wir (noch) nicht. Was aber zumindest teilweise helfen dürfte: Zu zweit arbeiten! Das hilft nicht nur beim Tragen der Leiter. Da kann man sich auch gegenseitig helfen und unterstützten (und im Notfall Hilfe leisten und alarmieren).

Gänd Sorg!

Wenn Asbest-Diagnosen absichtlich gefälscht werden

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Simon Schneebeli; April 16, 2021

Für den Umbau eines mehrstöckigen Wohnhauses mit 3 Wohnungen gibt ein Architekt eine Asbest-Diagnose in Auftrag. Der Bauschadstoff-Spezialist nimmt insgesamt knapp 50 Proben. Resultat: Die Fliesenkleber in allen Badezimmern und Küchen enthalten Asbest.

Der Architekt wurde aber misstrauisch: Auch im Fliesenkleber einer Küche, die nach 1990 umgebaut wurde, soll es Asbest haben? Er gibt daher eine Gegenexpertise in Auftrag. Resultat: Mit zwei Ausnahmen sind alle Fliesenkleber asbestfrei. Um sicher zu sein, zieht der Architekt nun noch einen dritten Spezialisten bei, der nochmals 10 Proben nimmt. Auch hier: die grosse Mehrheit der Fliesenkleber sind asbestfrei.

Wie ist das möglich? Ein Laborfehler? Oder hat es unter dem neuen Fliesenkleber noch alten Fliesenkleber? Oder ein bewusstes Austauschen von Proben durch den ersten Spezialisten?

Der Architekt hat uns Einsicht in alle Unterlagen gewährt und wir konnten mit den involvierten Firmen und Personen sprechen.

Kein Laborfehler

Alle Labore haben die genommenen Proben nochmals untersucht und die Resultate bestätigt. Die Laborleiterin des ersten Labors bestätigt ausserdem, dass eine solche Systematik nicht einfach von Laborfehler kommen kann. Dass einzelne Proben falsch beurteilt werden, kann vorkommen. Aber gleich eine ganze Reihe? Das ist nicht möglich.

Auch bestätigen die Spezialisten der zweiten und dritten Diagnose, dass es keine verdeckten Schichten von Fliesenkleber hat, die die Differenzen erklären könnten

Proben bewusst vertauscht?

Somit bleibt die Frage: Hat der Fachmann der ersten Expertise die Proben bewusst ausgetauscht?

Hier muss man ein wichtiges Detail hinzufügen: Der Fachmann, der die erste Expertise ausgeführt hat, arbeitet für eine Firma, die auch Asbest-Sanierungen ausführt. Je mehr Asbest er also findet, desto mehr Arbeit bekommt sein Arbeitgeber.

Auf Anfrage bestreitet die betroffene Firma natürlich, Proben ausgetauscht zu haben. Im Rahmen der Recherche konnten wir aber mit einer ehemaligen Mitarbeiterin der besagten Firma sprechen. Unter der Bedingung, anonym zu bleiben, hat sie uns bestätigt, dass ihr früherer Arbeitgeber wohl regelmässig Proben von untersuchten Gebäuden mit asbesthaltigen Proben von anderen Baustellen austauscht. Das Vorgehen hat also System.

Diese Aussagen sind kein Beweis und es gilt die Unschuldsvermutung, auch wenn die Sache verdächtig ist.

Was tun in einem solchen Fall?

In Wirklichkeit hat sich die Geschichte etwas anders und komplizierter abgespielt. Wir haben sie aber angepasst, damit man weder auf die involvierten Firmen noch die Personen schliessen kann. Im Grundsatz geht es darum: Ein Fachspezialist ist in einem Interessenskonflikt: Um mehr Aufträge für Asbest-Sanierungen zu generieren, manipuliert seine Firma die Resultate der Gutachten.

Was kann man in einem solchen Fall machen?

Im konkreten Fall hat sich die Bauherrin dazu entschieden, die Sache nicht rechtlich auszufechten. Da der Fall noch vor der Sanierung entdeckt wurde, war der finanzielle Schaden gering. Der Nutzen eines Gerichtsentscheids im Vergleich zum erwarteten Prozessaufwand wäre zu gering gewesen, zumal keine eigentliche Beweise einer bewussten Manipulation vorlagen.

Wir haben auch die Suva auf den Fall angesprochen. In Fällen, in denen ein Diagnostiker viel zu wenig Proben genommen hat, und entsprechend Arbeitnehmer exponiert waren, ist sie in der Vergangenheit schon rechtlich gegen Bauschadstoff-Diagnostiker vorgegangen. Im vorliegenden Fall wurde aber niemand exponiert. Somit hat die Suva hier keine rechtliche Grundlage, um irgendwelche Massnahmen zu ergreifen.

Auch die Fachverbände haben keine Handhabe: Die besagte Firma ist nicht Mitglied und auch nicht auf der Liste der Asbest-Berater des Forums Asbest Schweiz (FACH).

Somit bleibt der Fall für die Sanierungsfirma ohne Konsequenzen.

Sollen Sanierungsfirmen keine Asbest-Diagnosen machen dürfen?

In Fachkreisen wird der Wunsch nach einer klaren Trennung von Diagnostik und Sanierung immer wieder geäussert. Damit könnten solche Interessenskonflikte verhindert werden.
Es gibt tatsächlich mehrere durchaus seriöse Firmen, die sowohl Sanierungen als auch Diagnostik anbieten. Auf Grund der Erfahrung aus der Sanierung und dem Rückbau verfügen viele Asbest-Sanierer über ein besseres Verständnis von Gebäuden und versteckten Schadstoffvorkommen als mancher Bauschadstoff-Diagnostiker mit einer akademischen Ausbildung. Solange diese Firmen bezüglich ihrer Doppelrolle transparent sind, kann man ein durchaus objektives Vorgehen erwarten.

Ein Verbot der Doppelrolle dürfte eine andere Tendenz stärken: Firmen, die bisher beides angeboten haben, lagern ihre Gutachtertätigkeit vermehrt an auf dem Papier eigenständige Firma aus, bei welchen aber im Hintergrund immer noch der Asbest-Sanierer die Fäden zieht.

Empfehlungen

Was können wir also auf Grund dieser Geschichte empfehlen?

  • Bauherrn: Bei grösseren Projekten kann eine Zweitmeinung durchaus nützlich sein. Da die Analytik von Verputzen mit geringen Asbestgehalten anspruchsvoll ist, empfehlen manche Diagnostiker selbst bei kleineren Projekten Materialien nochmals zu beproben und analysieren zu lassen, um die Resultate zu bestätigen.
  • Sanierungsfirmen: Wenn Sie sowohl Asbestsanierungen als auch Schadstoff-Untersuchungen anbieten, sollten Sie dem Kunden gegenüber transparent sein. Proben austauschen? Hören Sie auf damit! Das ist rechtlich unzulässig und moralisch verwerflich. Wenn Sie zum Zahnarzt gehen, wollen Sie ja auch nicht, dass er ihnen mehr Zähne zieht als wirklich notwendig.
  • Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: Wenn Sie bemerken, dass Ihr Arbeitgeber oder Kollegen Proben austauschen, suchen Sie sich eine neue Stelle. Solche Betrügereien sprechen sich in der Branche herum. Das schädigt auch Ihren eigenen Ruf. Verbauen Sie sich nicht Ihre berufliche Zukunft, indem Sie zu lange bei einer solchen Firma bleiben. Die Nachfrage nach guten Bauschadstoff-Spezialistinnen und -Spezialisten ist gross.

Probenahmestrategie bei Asbest und Bauschadstoff-Gutachten

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Simon Schneebeli; Oktober 04, 2020

Stellen Sie sich vor: Sie erhalten eine Anfrage für eine Offerte für eine Liegenschaft, bestehend aus 5 Wohnblöcken mit je 15 Wohnungen, Baujahr 1962 bis 1963. Gemäss Bauherrschaft wurden seit dem Bau der Gebäude kaum Umbauten vorgenommen, sprich, die Wohnungen sind «baugleich».

Sie überlegen sich beispielsweise, dass sie üblicherweise für eine komplette Wohnung ca. 12 Proben brauchen, und in Anlehnung an die Vorgaben von Polludoc für Fliesenkleber und Verputz entscheiden Sie, dass 20 % der Wohnungen komplett zu untersuchen. Das heisst, für die ganze Liegenschaft sind das insgesamt 180 Proben, also 15 Wohnungen mit jeweils 12 Proben.

Möglicherweise rechnet ein Mitbewerber anders, kommt auf eine tiefere Probenanzahl und kann dadurch zu einem günstigeren Preis offerieren.

Es braucht eine Probenahmestrategie

Die Vereinigung Asbestberater Schweiz VABS hat bereits 2018 im Pflichtenheft für Bauschadstoff-Diagnosen geschrieben (Art. 3.7, al 2):

Der Diagnostiker muss […] für jedes Objekt eine Probenahmestrategie definieren und im Diagnosebericht dokumentieren, mit mindestens den Angaben zu den betrachteten Materialarten, der Anzahl entsprechender Vorkommen und der angewendeten Repräsentativität.

Die Diagnostikerin oder der Diagnostiker müssen sich also überlegen, wo  die Proben genommen werden sollen und wie viele. Diese Überlegung muss ausserdem nachvollziehbar dokumentiert werden. Aufgrund der Gebäudesituation (Pläne, Baujahr, Umbauten, etc.) und der Fragestellung (Ziel der Expertise, beispielsweise Bauvorhaben oder Verkauf) muss die Beprobung geplant werden. Die Abschätzung der Probenanzahl und das Vorgehen sind auf Polludoc aufgeführt.

Die Dokumentation der Probenahmestrategie soll zum einen dazu dienen, dass ein systematisches Vorgehen zur Tagesordnung wird. Die Dokumentation ermöglicht das Hinterfragen der gewählten Strategie und die fortlaufende Optimierung des Vorgehens. Zum anderen kann nur mit einer nachvollziehbaren Dokumentation eine Qualitätskontrolle durchgeführt werden. Zu einem späteren Projektzeitpunkt, beispielsweise für die Verwendung der Analyseresulate bei der Sanierungsplanung, ist die Dokumentation der Probenahmestrategie wichtig um die Güte der vorhandenen Daten beurteilen zu können Nachbeprobungen zu planen.

Was bedeuted "Probenahmestrategie" konkret?

Es ist nicht ganz einfach zu verstehen, was gemäss Fachverband zu dokumentieren ist. Im Grundsatz geht es um folgendes (am Beispiel der Fliesenkleber):

  • Betrachtete Materialarten: Wie viele verschiedene Typen von Fliesen (resp. Fliesenklebern) wurden untersucht?
  • Anzahl der Vorkommen: Wie oft kommen die jeweiligen Fliesen vor?
  • Repräsentativität: Wie  sicher sind die Aussagen mit der Anzahl Proben? Oder: wie viele Proben muss man nehmen, um auf ein "vernünftig" zuverlässiges Resultat zu kommen? Bei Fliesenklebern werden  hier auf PolluDoc die 15 bis 25% der Vorkommen angegeben.

Alleine für Fliesenkleber kommt man pro Wohnung in oft auf ca. 6 bis 8 Einzelproben. Bei 75 Wohnungen, und wenn man ca. 20 % der baugleichen Elemente beprobt, kommt man auf bis zu 180 Einzelproben (siehe Tabelle unten).

Um die Anzahl Analysen zu reduzieren, kann es sinnvoll sein, Mischproben zu machen. Die Vorgaben dazu finden sich auf Polludoc:

Mischproben der gleichen Anwendung über mehrere Probenahmestellen sind in gewissen Fällen sinnvoll. […]. Momentane Empfehlung von FAGES - VABS: Bei Mischproben dürfen maximal 3 bis 5 Einzelproben von der gleichen Anwendung (z.B. Kleber von optisch gleichen Fliesen der gleichen Anwendung in verschiedenen Räumen) zu einer Probe vereint werden.

Die Kleber der Fliesen von mehreren baugleichen Badezimmern und Toiletten dürfen also  jeweils kombiniert werden. Wenn jeweils 4 Proben über mehrere Wohnungen zusammen analysiert werden, reduziert sich die Anzahl Analysen (nicht Proben) auf ein Viertel der oben erwähnten Zahl, also knapp 50 Mischproben.

Tabellarisch dargestellt:

Raumtyp-Bezeichnung

Anzahl baugleiche Räume

Material

Anzahl Einzel-Proben

Anzahl Misch-Proben

Bad/WC

150

Fliesenkleber Wand

30

7.5

 

 

Fliesenkleber Sockel

30

7.5

 

 

Fliesenkleber Boden

30

7.5

Küche

75

Fliesenkleber Wand

15

3.75

 

 

Fliesenkleber Sockel

15

3.75

 

 

Fliesenkleber Boden

15

3.75

Eingangsbereich

75

Fliesenkleber Sockel

15

3.75

 

 

Fliesenkleber Boden

15

3.75

 

 

Fliesenkleber Sockel

15

3.75

TOTAL

 

 

180

45

Vorgehen in 2 Schritten

Eine weitere Möglichkeit, die Anzahl Proben zu reduzieren, ist das Vorgehen in zwei Schritten: Ich beprobe in einem ersten Schritt vielleicht 4 Wohnungen. Wenn in allen Proben Asbest nachgewiesen wird, stehen die Chancen gut, dass das auch bei praktisch allen andern Wohnungen der Fall ist (was ich mit einzelnen Stichproben noch bestätigen kann).

Andersherum geht übrigens nicht: Wenn ich 4 Wohnungen untersucht habe, die alle asbestfrei waren, dann muss ich noch weitere Proben nehmen, damit die Wahrscheinlichkeit, dass wirklich alle Wohnungen asbestfrei sind, genug gross ist.

Und richtig kompliziert wird es, wenn man bereits nach 4 Wohnunungen sieht, dass die Resultate widersprüchlich sind. Dann lohnt es sich möglicherweise alle 75 Wohnungen einzeln zu beproben. Den Bauherrn wird das nicht freuen, aber wenn ich damit bereits eine einzelne Wohnung von der Sanierung ausschliessen kann, dürften sich die Kosten für die wirklich detaillierte Beprobung bereits amortisiert haben.

Weitere Komplikationen

Es gäbe noch sehr viel zu sagen, zu der Probenahmestrategie. Ein wichtiger Punkt: in einem Gebäude mit 75 Wohnungen nicht von Zeit zu Zeit neue Fliesen eingebaut wurden. Diese müssen dann unbedingt jeweils einzeln beprobt werden, und zwar auch dann, wenn es in mehreren Wohnungen die gleichen Fliesen hat.

Als Beispiel: oft wurde in Badezimmern nur bis auf eine Höhe von ca. 150 "geplättelt". Da man heute weniger badet, sondern mehr duscht, wurden dann oft noch Fliesen bis auf rund 2m Höhe angebracht.

Solche Arbeiten wurden aber in der Regel bei Mieterwechseln ausgeführt. Auch wenn dabei die gleichen Fliesen verwendet wurden, ist es durchaus möglich, dass dabei nicht immer der gleiche Fliesenkleber verwendet wurde. Entsprechend sollte in einem solchen Fall jedes Badezimmer als eine einzelne Einheit betrachtet und jeweils einzeln beprobt werden.

Suva-Dokumente: neue Versionen

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Simon Schneebeli; Juli 13, 2020

Suva - Übersicht der Massnahmen

Mitte Juni hat die Suva eine neue Version der Tabelle "Arbeiten mit asbesthaltigen Materialien - Übersicht der Massnahmen" publiziert.

Die bedeutendste Neuerung: Bislang durfte asbesthaltiger Cushion-Vinyl bis zu einer Fläche von 5 m2 (ähnlich wie Fliesenkleber) mit erleichterten Massnahmen entfernt werden. Diese Ausnahme erscheint nun nicht mehr auf der Liste. (Das dazugehörige Factsheet 33050 der Suva ist online aber immer noch verfügbar, womit angenommen werden kann, dass es auch noch gültig ist). 

Zwei weitere Materialien wurden neu auf die Liste aufgenommen, für welche es aber bereits vorher Merkblätter oder Factsheets gegeben hat:

Elektrizitätsunternehmen: Suva-VSEK-Merkblatt

Schon in der Vergangenheit gab es zusätzlich zum Suva-Merkblatt für Elektrizitätsunternehmen ein Merkblatt des VSEI . Dieses Merkblatt wurde nun überholt und erscheint neu im Namen des VSEK (Verband Schweizerischer Elektrokontrollen) und von Electro-Suisse. Nicht neu, aber besonders zu erwähnen ist der Umgang mit asbesthaltigen Leichtbauplatten / LAP. Die Grenze zwischen orangem Bereich und rotem Bereich ist dabei manchmal unklar ist.

Gemäss EKAS 6503 (resp. gemäss Suva Übersicht der Massnahmen) gilt:

  • Roter Bereich:
    • LAP mit <0.5 m2: Entfernen durch Sanierungsfirma ohne Unterdruckzone
    • LAP mit > 0.5 m2: Entfernen durch Sanierungsfirma mit Unterdruckzone
  • Oranger Bereich: Einzelnes Objekt zerstörungsfrei entfernen

Das VSEK / Electro-Suisse-Merkblatt ergänzt aber, dass folgende Arbeiten auch von einer Fachperson ohne EKAS-6503-Ausbildung ausgeführt werden dürfen:

  • eine einzelne FL-Armatur oder ein einzelnes Einlasskästchen mit asbesthaltigem Karton demontieren
  • in FL-Armatur eingelegte Brandschutzunterlage entfernen
  • Demontage einer einzelnen SGK mit schwachgebundenem Asbest mit einer Fläche in der Grösse von <= 0.5 m2 nur durch Elektriker, die die Suva-/EIT.swiss-Asbest-Ausbildung absolviert haben, sofern die Demontage ohne Zerstörung der SGK möglich ist.

PCB-Konzentration aufs Bauteil rechnen - Vorgehen und Überlegungen

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Simon Schneebeli; Juli 07, 2020

Für die Entsorgung von Bauteilen, die belastete Anstriche oder Beschichtungen* enthalten, ist gemäss der Vollzugshilfe zur VVEA, Teil Schadstoffermittlung und Entsorgung, der Gehalt des gesamten Bauteils ausschlaggebend. Als Bauteil wird beispielsweise ein Stahlträger zusammen mit dem Korrosionsschutzanstrich oder eine Bodenplatte, inklusive Unterlagsboden und Anstrich, betrachtet.

Für die Festlegung des Entsorgungswegs werden also das Metall, der Beton oder der Unterlagsboden ZUSAMMEN mit der Beschichtung betrachtet. Bei einer Schadstoffermittlung wird in der Regel nur die Beschichtung beprobt und analysiert, zumindest in einem ersten Schritt. Anschliessend muss man von der Belastung der Beschichtung auf das ganze Bauteil «herunterrechnen».

Im Prinzip kann man das mit der einfachen 3-Satz-Formel machen:

  Formel aufs Bauteil rechnen

(UPDATE: Im 2024 haben die Fachverbände VABS und FAGES präzisiert, dass diese Formel nur dann gilt, wenn die Dicke von der Beschichtung weniger als 1% der Dicke des Bauteils ist. Darüber hinaus gilt eine kompliziertere Formel.)

Rechenbeispiel

Nehmen wir als Beispiel einen Anstrich auf einem Kellerboden. Der Anstrich enthält 2580 mg/kg PCB und ist ca. 0.25 mm dick. Der Unterlagsboden zusammen mit dem darunterliegenden Beton ist 35 cm (d.h. 350 mm) dick. Die Frage lautet: Wie viel PCB enthält das ganze Bauteil? Welche durchschnittliche PCB-Konzentration haben Beschichtung und Unterlagsboden zusammen?

Die Konzentration des Bauteils  wird durch die Dicke und die Dichte der Materialien bestimmt:

  • Die Dicke der Materialien: Die Konzentration im Bauteil "verdünnt" sich alleine durch die Dicke der Materialien. Der Anstrich ist 1400 Mal dünner als die Betonplatte, daraus ergibt sich der Faktor für die Dicke (0.25 mm / 350 mm = 0.00071). Im vorliegenden Fall würde die Konzentration alleine durch die Umrechnung auf die Dicke des gesamten Bauteils auf 2.75 mg/kg verdünnt (2580 mg/kg * 0.00071 = 1.84 mg/kg).
    (Theoretisch hnadelt es sich bei der Dicke des Bauteils um die Dicke der Betonplatte UND die Dicke des Anstrichs zusammen. Letztere ist aber bei Beton-Elementen in der Regel verschwindend klein und kann vernachlässigt werden. Bei Metallbauteilen ist das nicht unbedingt der Fall, diese sind im Verhältnis oft dicker).
  • Die Dichte der Materialien: Da die Grenzwerte für die Entsorgung in mg/kg angegeben werden, spielt auch die Dichte des Baumaterials eine Rolle. Für einen Anstrich kann mit einer Dichte von ca. 1200 kg/m3 gerechnet werden, während eine Betonplatte (je nach Armierung) eine Dichte von 1500 bis 2500 kg/m3 aufweist.
    Rechnen wir mit 2000 kg/m3 für die Betonplatte. Das Verhältnis der Dichte des Anstrichs zur Dichte des  Untergrunds ist also 1200 / 2000 = 0.6. Durch die grössere Dichte des Untergrunds im Vergleich zum Anstrich «verdünnt» sich die Konzentration des Schadstoff aufs Bauteil also ebenfalls.

Setzen wir diese in obige Formel ein:

       Formel aufs Bauteil rechnen - Beispiel

Aufs Bauteil gerechnet ergibt sich eine Konzentration von 1.11 mg/kg. Der Vergleich mit den Grenzwerten für die Entsorgung in einer Deponie oder dem Recycling gemäss VVEA (siehe Zusammenfassung auf Polludoc.ch) zeigt, dass das Material (ganzes Bauteil, inkl. Anstrich) nicht recycelt werden kann. Auch eine Entsorgung in einer Deponie B ist nicht möglich (Grenzwert gemäss VVEA, Anhang 5: 1 mg/kg).

Die Entsorgungs- resp. Verwertungsmöglichkeiten, die bleiben:

  • Entsorgung in einer Deponie Typ E (Grenzwert gemäss VVEA: 10 mg/kg) oder Verwertung in einem Zementwerk
  • Der Anstrich wird so weit entfernt, dass der Schadstoffgehalt des Unterlaggrunds ohne Anstrich:
    • unter dem Grenzwert der Deponie B liegt.
    • unter dem Grenzwert fürs Recycling liegt.

Letzten Endes muss eine Kostenbetrachtung, sowie ev. eine Schichtanalyse durchgeführt werden, um die kostengünstige Variante zu finden.

 

Unsicherheiten

Zu obiger Berechnung gibt es einige Punkte zu ergänzen.

Genauigkeit der Analyseresultate

Es ist nicht unüblich, dass die PCB-Konzentrationen von zwei Proben, auch wenn sie nur 5 cm entfernt voneinander genommen wurden, um 20 %, 30 % oder sogar noch mehr voneinander abweichen. Es gibt drei Faktoren die diese Abweichung verursachen können: die Genauigkeit der Analytik, die Heterogenität eines Materials und die Vergleichbarkeit der Probenahme. Die Laboranalytik selber weist Unsicherheiten von ±20 % auf. Aber auch der letzte Punkt wird oft unterschätzt: Hat man bei der einen Probe zusätzlich zum Anstrich noch der Staub mit beprobt? Oder wurde die Anstrichprobe durch ein wenig vom Unterlagsboden / Beton verdünnt? Möglicherweise besteht der Anstrich sogar aus zwei Schichten, die verschiedene Konzentrationen aufweisen und je nach Ort nicht genau gleich dick sind

In Bezug auf unser Beispiel würde ein Analyseresultat mit nur 12 % tieferer PCB-Konzentration bereits die direkte Entsorgung in einer Deponie B ermöglichen.

Schichtdicke

Bei einer Beton-Bodenplatte kann man noch einigermassen abschätzen oder messen wie dick diese ist. Wie dick ist aber der Anstrich? Der Einfluss der Dicke auf das Resultat ist sehr gross: Wenn im obigen Beispiel eine Dicke von 0.3 mm anstelle von 0.25 mm angenommen wird, fällt die Konzentration für das ganze Bauteil bereits 20 % höher aus. Wenn hingegen mit einer Dicke von nur 0.2 mm gerechnet wird, ist die Konzentration um 20 % tiefer und man kann die Abfälle in einer Deponie Typ B entsorgen.

Daraus folgt: Insbesondere wenn es um grössere Flächen geht und die Berechnung eine Konzentration knapp um einem Grenzwert ergibt, sollte die Dicke einer Schicht mit einem Schichtdicken Messgerät genau bestimmt werden.

Metallteile

Gewisse Metallteile, z.B. Träger und Stützen haben rundum einen Anstrich. So kann (muss aber nicht) ein Heizöltank innen UND aussen angestrichen sein. Wenn ein Metallträger 10 mm dick ist, und rundum einen Anstrich hat, dann darf für obige Berechnung natürlich nur die Hälfte der Dicke des Metalls gerechnet werden (oder man rechnet mit der doppelten Dicke des Anstrichs).

Bei dünnen Blechen kann ausserdem die Dickte der Beschichtung relativ zur Dicke des Metalls relativ gross sein, insbesondere wenn mehrere Schichten Anstrich übereinander aufgetragen wurden. Entsprechen kann es nötig sein, als «Dicke des ganzen Bauteils» die Dicke des Metalls UND der Farbe anzunehmen. Das Gleiche gilt im Prinzip auch für die "Dichte des Bauteils", wobei die durchschnittliche Dichte des Bauteils (also Metall und Anstrich zusammen) ausgerechnet werden muss. 

 

PCB im Bauteil: Sekundärkontamination

Es ist bekannt, dass PCB in Beton (und wohl noch mehr in Unterlagsboden) eindringt. Wie stark die Sekundärkontamination ist und wie tief diese reicht, hängt von der Konzentration im Anstrich, aber auch der Porosität des Betons, der Temperatur, des Alters des Bauteils, etc., ab. Diese Sekundärkontamination kann in Bezug auf die Entsorgung durchaus relevant sein: Bei sehr hohen Konzentration von PCB kann es sein, dass ein Beton- oder Unterlagsboden auch nach dem Abtragen des Anstrichs noch so stark belastet ist, dass dieser nicht recycelt werden kann. Deshalb besagt die Vollzugshilfe «Schadstoffermittlung/Entsorgungskonzept», dass ab einer Konzentration von 1000 mg/kg in einem Anstrich (oder in einer Fugendichtungsmasse) eine tiefenorienterte Beprobung (z. B. Kernbohrung) nötig ist.

Zusätzlich kann eine anschliessende Schichtanalyse nützlich sein, damit man weiss, ob auch ein Teil des Untergrunds (z. B. Beton) kontaminiert ist.Bei einer solchen Schichtanalyse wird z. B. die Konzentration auf dem 1 cm und dann auf dem 2 cm, und je nach Resultat dieser Analyse auch noch im 3. oder 4. cm bestimmt. Um anhand dieser Analysen die Konzentration auf das ganze Bauteil zu ermitteln, muss anschliessend das Integral auf das ganze Bauteil berechnet werden (unter Annahme einer exponentiellen Abnahme der Konzentration mit der Tiefe).

Auch bei niedrigeren Gehalten kann es theoretisch zu falschen Resultaten führen, wenn man die ins Bauteil eingedrungene Menge PCB bei der Berechnung vernachlässigt. Nehmen wir an, der Anstrich aus unserem Beispiel ist nur 0.2 mm dick anstelle von 0.25 mm. Daraus ergibt sich eine Konzentration von 0.912 mg/kg PCB für das ganze Bauteil. Geht man davon, dass der PCB-Gehalt im Anstrich ursprünglich höher war, ein Teil aber in den Beton eingedrungen (und ein Teil vergast) ist. In dem Fall ist es gut möglich, dass die PCB-Menge (nicht der Konzentration) im Unterlagsboden mehr als 10 % der PCB-Menge im Anstrich beträgt. Somit läge die Gesamtkonzentration fürs Bauteil wieder über dem Grenzwert für die Deponie B.

Demnach kann bei grossflächigen Anwendungen eine tiefenorientierte Untersuchung auch bei Werten unter 1000 mg/kg durchaus sinnvoll sein. Die Ergebnisse können bei Konzentrationen um die Grenzwerte für Verwertung oder Entsorgung sowohl ökologisch, als auch finanziell, einen Unterschied machen.

 

Schlussfolgerungen

Die Ausführungen zeigen, dass das Herunterrechnen des PCB-Gehalts auf das Bauteil eigentlich einfach ist. Es zeigt aber auch, dass sich durch das Herunterrechnen auf das Bauteil auch die Unsicherheiten multiplizieren. Die möglichen Fehlerquellen müssen in kritischen Fällen identifiziert und mit geeigneten Mitteln reduziert werden.

Die Datenlage zu Sekundärkontaminationen (Eindringmengen und -Tiefen) ist zurzeit noch gering. Wir ermuntern Fachleute, ihre Erfahrungen und Daten  auszutauschen, damit das Vorgehen und die Empfehlungen weiter verbessert werden können.

7. Juli 2020, Simon Schneebeli, Corin Gemperle

 


Tabelle / Vorlage

Eine Tabelle / Vorlage zur Berechnung der Konzentration aufs Bauteil kann hier heruntergeladen werden.

 


Ergänzung vom 7. Dezember 2020

Gemäss Anmerkungen unserer Kursteilnehmenden können zwei Punkte ergänzt werden: 

  • Alternative: Flächige Konzentration: Wird vor Ort eine genaue Fläche beprobt (z.B. genau 10 cm2), und wird die Probemenge im Labor gewogen, entfällt das Bestimmen der Dicke der Beschichtung. Das Labor kann dann direkt eine Konzentration pro Flächeneinheit (z.B. mg/m2) liefern. Diese muss anschliessend nur noch durch die Dicke und Rohdichte der darunter liegenden Schicht (z.B. Beton/Unterlagsboden) geteilt werden. Das Wägen des Probenahmematerials ist mit einem Zusatzaufwand verbunden. Das Resultat dürfte wesentlich präziser sein. Dabei ist auf folgende Elemente zu achten:
    • Gesamtes Farbmaterial: Es ist darauf zu achten, dass auf der beprobten Fläche die gesamte Beschichtung / Anstrich abgekratzt wird. Wenn noch Reste des Unterlagsbodens mitkommen, spielt das keine Rolle, da die Konzentration pro Fläche angegeben wird.
    • Einheiten: Bei der Bestimmung z.B. des Schwermetall-Gehalts mit einem XRF-Gerät, werden die Konzentration z.T. im mg/cm2 angegeben.
  • Rohdichte Beschichtung: In der Literatur findet man für die Rohdichte von Anstrichen (frisch) Werte zwischen 1.25 und 1.7 kg/l. Eine trockene Farbe dürfte schwerer sein. Diese Dichte dürfte auch von der Blei-/Schwermetall-Konzentration abhängen.
  • Rohdichte Beton: Beim Beton spielt es eine Rolle, ob man mit oder ohne Armierungseisen rechnet. Theoretisch wird bei einem Rückbau die Armierung sowieso entfernt, weshalb es logischer ist, die Rohdichte vom Beton (ohne Armierungseisen) für die Berechnung zu verwenden, also 2000 mg/kg.

* Technisch spricht man eher von Beschichtung als von Anstrich, der Einfachheit halber wird hier nur den Begriff Anstrich verwendet.

VVEA-Vollzugshilfe und Polludoc: Das hat sich geändert

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Simon Schneebeli; April 15, 2020

VVEA-Vollzugshilfe

Im 2017 hat das BAFU die Vollzugshilfe zur VVEA, "Modul Bauabfälle" in die Vernehmlassung geschickt. Mittlerweile ist eine Vorabversion mit den definitiven Inhalten verfügbar. Neu heisst diese Vollzugshilfe "Ermittlung von Schadstoffen und Angaben zur Entsorgung von Bauabfällen", oder kurz "VVEA-Vollzugshilfeteil Schadstoffermittlung / Entsorgungskonzept".
Neben einigen Umformulierungen und Ergänzungen sind vor allem folgende Punkte zu erwähnen:
  • Unerwartetes Auftreten von belasteten Materialien (Kap. 3.1, Fall III): In der EKAS-Richtlinie 6503 "Asbest" ist das Vorgehen in Bezug auf die Arbeitssicherheit bei unerwartetem Auftreten von Asbest schon seit längerem definiert. Demnach sind die Arbeiten einzustellen, dann ist die Gefahr abzuklären und entsprechende Massnahmen sind zu planen. Neu wird in der Vollzugshilfe ähnliches gefordert, insbesondere für belastetes Aushub- und Ausbruchmaterial.
  • Projektperimeter (Kap. 3.3): Ebenfalls expliziter hingewiesen wird darauf, dass der Projektperimeter der Untersuchung genau definiert werden muss. Dies ist wohl eine Konsequenz davon, dass bei vielen Untersuchungen der Projektperimeter zu ungenau war und man am Ende nicht nachvollziehen konnte, was untersucht wurde und was nicht. 
  • Abfall-Codes (Kap. 3.3): Neu wird explizit bereits im Bericht zur Schadstoffermittlung der VeVA-Code der Bauabfälle verlangt. Bisher gab es dazu keine explizite Forderung.
  • Verwertung (Kap. 4.2.): Grundsätzlich wird stärker auf die Verwertung von Bauabfällen bestanden. Das Thema erhielt ein eignes Kapitel. Die Vorlage der Entsorgungstabelle definiert ausserdem, welche Bauabfälle grundsätzlich zu verwerten sind. Sollte ein solches Material nicht verwertet werden, so muss dies im Entsorgungskonzept nachvollziehbar begründet werden. In anderen Worten: Ohne Begründung müssen die in der Tabelle aufgeführten Abfälle verwertet werden. 
Einige Änderungen gab es im Kapitel 5 zur Schadstoffermittlung und Entsorgungswege: 
  • Chlorparaffine in Fugendichtungsmassen: Chlorparaffine in Fugendichtungsmassen waren bereits in der früheren Version der Vollzugshilfe erwähnt. Neu wird ein Grenzwert definiert: Fugendichtungsmassen müssen auf Chlorparaffine untersucht werden. Ab einer Konzentration von 10'000 mg/kg gelten sie als belastet, wobei nicht der Gehalt an Chlorparaffinen selber ausschlaggebend ist, sondern jener vom Chlor selber (Anmerkung: in einer früheren Version dieses Artikels wurde diese Konzentration auf die Chlorparaffine bezogen, und nicht auf das Chlor).
  • Montageschäume: Neben den Chlorparaffinen werden in Bezug auf Fudendichtungen explizit auch die Montageschäume erwähnt. Sie müssen nicht untersucht aber abgetrennt und einer Verbrennung zugeführt werden. 
  • PAK-haltige Asphaltbeläge: Neu ist die Bagatellgrenze bei 20 m², und nicht mehr wie bisher bei 30 m² pro Bauvorhaben. 
  • Schlacken: Schlacken mussten gemäss der Vernehmlassungsversion erst ab einer Menge von 30 m³ analysiert werden. Neu liegt diese Bagatellgrenze bei 5 m³ pro Bauvorhaben. Ausserdem wird hier die Verwertung im Zementwerk als Möglichkeit angegeben. 

Das vollständige Dokument findet sich auf der Webseite des BAFU.

Polludoc

Weit umfangreicher sind die Mitte März 2020 publizierten Änderungen auf Polludoc. Einerseits wurden sämtliche im VVEA-Vollzugshilfeteil «Schadstoffermittlung / Entsorgungskonzept» erwähnten Bauschadstoffe aufgenommen. Diese neuen Factsheets sind zurzeit in Vernehmlassung. 
Sämtliche Factsheets zu asbesthaltigen Materialien, welche vor zwei Jahren publiziert wurden und bis anhin in der Vernehmlassung waren, wurden überarbeitet und stehen nun als definitive Versionen zur Verfügung. Das heisst, dass diese Factsheets sind nun offiziell als "Stand der Technik" zu betrachten. 
Insgesamt wurden mehrere hundert Änderungen vorgenommen. Bei vielen handelt es sich nur um kleine Details. Es gab aber auch einige Änderungen, die eine gewisse Tragweite haben: 
 
  • Fliesenkleber: Das Factsheet zu Fliesenkleber wurde sehr stark überarbeitet. Die wichtigsten Punkte, die sich geändert haben:
    • Nicht nur Dünnbett-, sondern auch Dickbettkleber ist zu beproben. Einzig Mörtel-Batzen und Zement von nass-in-nass verlegten Platten können als nicht asbestverdächtig angesehen werden.
    • Auch bei Terrazzo-Platten und Steinfliesen kann asbesthaltiger Kleber vorkommen
    • Der Fugenmörtel ist mit zu beproben.
    • Sockelplatten müssen neu immer getrennt von Wand- und Bodenfliesen beprobt werden.  
    • Probenahmestrategie: Aufgrund der obigen Angaben muss systematischer vorgegangen und es müssen insgesamt mehr Proben genommen werden. Für ein Einfamilienhaus werden 4 bis 8 Proben als Richtwert angegeben. Mischproben über die gleiche Anwendung sind weiterhinzulässig. Dies reduziert insbesondere bei baugleichen Anwendungen die Anzahl Analysen. 
  • Verputz: Auch das Factsheet für Verputz wurde stark überarbeitet. Grundsätzlich wird verstärkt auf folgende Punkte hingewiesen:
    • verschiedene Putze, die in einem Gebäude praktisch immer vorhanden sind, müssen jeweils alle beprobt werden (Putz innen Wand vs. Decke, Wohnräume vs. Küche / Bad, Treppenhaus, Putz auf Betonwänden vs. Putz auf Backsteinen, etc.)
    • Grundputz ist in jedem Fall mitzubeproben
    • Probenahmestrategie: Entsprechend braucht es auch hier eine kohärente Probenahmestrategie und mehr Proben. Bei einem Einfamilienhaus muss mit 5 bis 8 Proben gerechnet werden. Auch hier sind Mischproben über die gleiche Anwendung zulässig. 
  • Spachtelmassen: Hier macht Polludoc nach wie vor nur unverbindliche Vorgaben:
    • Vor Rückbau: Beprobung von flächigen Anwendungen wie Radiatornischen und Gipskarton-Platten.
    • Bei Umbauarbeiten: Beprobung von Spachtelmassen, wenn grossflächige, staubfreisetzende Arbeiten (z.B. Abschleifen) notwendig sind. 
  • Nicht-bituminöse Kleber: Bodenbelagskleber, Parkettkleber und Kleber von Isolationen (thermische Dämmung, geklebte Akustik-Platten, ...) sind ebenfalls zu untersuchen. Zu Teppichklebern bleibt Polludoc aber unspezifisch. 
  • Teerkork: In der Version aus der Vernehmlassung wurde Teerkork selber als asbestverdächtiges Material angesehen. Neu wird präzisiert, dass der Teerkork an sich nicht asbestverdächtig ist, sondern einzig der Kleber, mit welchem etwa Platten oder Rohrschalen fest- / zusammengeklebt sind. 
  • Asbesthaltige Schnüre: In Bezug auf die Entfernung von Schnüren wird neu definiert, dass Schnüre nur bis zu einer Länge von 0.5 m von einem instruierten Handwerker entfernt werden dürfen. Alles, was darüber hinaus geht, muss von einem Sanierer ausgeführt werden. 
  • Bremsbeläge: Bislang wurden die Staubablagerungen als ungefährlich eingestuft (zu alt, keine mehr vorhanden). Neu wird nach dem Entfernen der Bremsbeläge standardmässig eine Nachreinigung des Liftmotorenraums (insbesondere Liegestäube) mit Asbestsauger verlangt.
  • Verpackung asbesthaltiger Abfälle: Für die Verpackung schwachgebundener asbesthaltiger Abfälle wird neu grundsätzlich eine doppelte Verpackung verlangt (gemäss EKAS 6503 wurde bislang nur eine "staubdichte und reissfeste" Verpackung verlangt). 
Diese Liste ist nicht abschliessend. 
 

Kurse online wegen Corona - geht erstaunlich gut

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Simon Schneebeli; April 11, 2020

Die Krise als Chance: Wegen Corona sind auch wir gezwungen, unsere Kurse online zu geben.

Die Vorbereitung dafür ist intensiv. Eine erste Erfahrung hat aber gezeigt, dass das erstaunlich gut geht. Die Teilnehmer haben überraschend positiv reagiert.

Damit Sie eine Idee haben, wie auf Sie zukommt, wenn Sie Kurse bei uns buchen, die jetzt online stattfinden müssen: 

  • Lektionen: Wir strukturieren jeden Kursteil in eine in sich abgeschlossene "Lektion". Diese Lektionen sind so aufgebaut, dass sie eine dynamische und abwechslungsreiche Abfolge bilden, z.B. mit:
    • Live-Webinaren: Gewisse Inhalte werden wir "live" vor der Kamera/am Computer vermitteln.  Dies ermöglichen einen lebendigen Austausch, Diskussionen und die Besprechung von Übungen. Wir denken, der Austausch per Video-Konferenz trägt wesentlich zum Lernerfolg bei.
    • Videos: Für gewisse Element haben wir begonnen, Video-Aufnahmen zu machen, die der Kursteilnehmer selber anschauen kann. Wenn diese gut gemacht sind, können gewisse Inhalte so besser und abwechslungsreicher vermittelt werden, als wenn wir das "live" machen.
    • Selbststudium: Neben den Videos wird es auch gewisse Inhalte geben, die sich die Teilnehmer durch Lesen von Texten, kleinen Übungen selber aneignen können.
    • Einzel- und Gruppenarbeiten: Gut vorbereitete Übungen waren schon bisher Teil des Kurses und tragen wesentlich zum Vertiefen der Inhalte bei. Einzel- und Gruppenübungen wird es auch weiterhin geben. Wir verbessern sie aber so, dass die Aufgaben noch klarer sind. 
  • Praxis-Tag: Für die mehrtägigen Kurse wird es zu einem späteren Zeitpunkt einen Praxistag geben, sobald die Corona-Krise vorbei ist.

Flexiblere Abmeldefrist und angepasste Preise

Die Kosten für die Verpflegung ist normalerweise im Kursgeld inbegriffen. Da dies bei online-Kurse nicht nötig ist, ziehen wir diese Kosten vom Kursgeld ab. Das Gleiche gilt für die Kursunterlagen, die wir übers Internet zur Verfügung stellen. Je nach Kurs reduziert sich der Preis somit um ca. 10 bis 15 %. 

Da diese Umstellung auf das Online-Format nicht für jeden das Richtige ist, wird die Frist für die kostenlose Abmeldung verkürzt: Die übliche Abmeldefrist von einem Monat wird auf eine Woche reduziert. Diese Regelung gilt bis zum Ende der ausserordentlichen Lage.

Online-Kurs zur nationalen Prüfung

Den Vorbereitungskurs für die Nationale Prüfung zur Bauschadstoff-Diagnostik haben wir komplett auf ein Online-Format umgestellt. Mit reichen Inhalten versehen (siehe Video unten), können die Teilnehmer/innen diesen Kurs weitgehend im Eigenstudium und gemäss ihren eigenen Verfügbarkeiten nehmen. Mehrere "Live-Schaltungen" zum Besprechen der Übungen und Beantworten von Fragen sind aber Teil des Kurses.

Youtube

Auch in Zusammenhang mit Online-Kursen haben wir begonnen verschiedene Videos zu produzieren. Entsprechend haben wir jetzt unseren eigenen Youtube-Channel.

 

Wir würden uns somit Freuen, Sie trotz Corona in unseren Kursen begrüssen zu dürfen. 

Bleiben Sie gesund

Ihr Bilbau Team

 

Verdeckter Ringversuch: Hohe Fehlerquote in Asbest-Laboren

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Simon Schneebeli; April 10, 2020

In der Schweiz gibt es keine verbindlichen Anforderungen, die ein Labor erfüllen muss, um Asbest-Analysen anbieten zu können. Die "offizielle" Liste der Laboratorien, die Materialproben analysieren, basiert auf Selbstdeklaration und ist auf der Webseite des Forums Asbest Schweiz (FACH) publiziert. Gemäss der Liste verfügen 30 von den 34 aufgeführten Laboren über eine Qualitätsakkreditierung und nehmen demzufolge regelmässig an sogenannten «Ringversuchen» teil.

Was heisst in diesem Fall "Ringversuch"? Bei einem Ringversuch werden speziell zubereitete Materialmischungen untersucht und die Resultate anschliessend verglichen. Das erlaubt es einem Labor, seine eigene Qualität zu prüfen. Aber: Die teilnehmenden Labore wissen jeweils, dass es sich um einen Ringversuch handelt. Entsprechend werden diese Proben möglicherweise mit grösserem Aufwand analysiert, als sonst übliche Materialproben. Solche Ringversuche zeigen also nicht unbedingt, wie gut ein Labor im Normalbetrieb wirklich ist.

Um die wirkliche Qualität eines Labors beurteilen zu können, müssten die Proben von einer "normalen" Quelle kommen. Nur wenn im Labor nicht bekannt ist, dass es sich um einen Ringversuch handelt, werden die Proben gleich analysiert, wie alle anderen Materialproben auch. Ausserdem sollte es sich um "reale" Baumaterialproben handeln, nicht um Mischungen, die im Labor hergestellt wurden.

Der Ringversuch des FACH

Genau dies hat das FACH im Sommer 2019 gemacht: Es hat eine Reihe von Materialproben von echten Baustellen gesammelt und verdeckt an alle 34 Labore auf seiner Liste gesendet. Vorgängig wurden die Materialien mehrmals mit verschiedenen Methoden untersucht. Dies geschah in Zusammenarbeit den Labors der Suva und mit den anerkannten Referenzlaboren IFA und ÖSBS in Deutschland respektive in Österreich. Um keinen Verdacht zu schüren, wurden die Proben in zwei Lieferungen von unterschiedlichen fiktiven Auftraggebern versendet.

Dieser Ringversuch diente der Bestandesaufnahme. Beim Ringversuch wurden die Labore beauftragt mitzuteilen, ob die Proben Asbest enthalten. Die Bestimmung des Asbestgehalts oder der Asbestart waren nicht Teil des Auftrags. Die Resultate wurden den Laboren mitgeteilt, aber sie werden nicht offiziell veröffentlicht. Eine Zusammenfassung, welche die Labore erhalten haben, liegt unserem Bildungszentrum aber vor. Die wichtigsten Erkenntnisse sind folgende.

Fehlerquote im Durchschnitt

Die durchschnittliche Fehlerquote lag bei ca. 10 %. Im Durchschnitt wurde also eine von zehn Proben falsch analysiert (falsch positiv oder falsch negativ). Die Spannweite der Fehleranzahl ist aber gross: 

  • 0 Fehler: Immerhin 14 der 34 Labore (41.1 %) scheinen die Qualität im Griff zu haben und kamen bei allen Proben auf das richtige Resultat.
  • 1 Fehler: Weitere 7 Labore haben einen Fehler gemacht.
  • 2 bis 3 Fehler hatten 6, respektive 5 Labore. Dies entspricht bereits einer Fehlerquote von 15 respektive 23 %.
  • 4 Fehler: Zwei Labore hatten bei den 13 Proben des Ringversuchs 4 falsche Resultate (Fehlerquote von 30 %).

Graphik Fehlerquote der Labore

Fehlerquote in Abhängigkeit vom Material

Betrachtet man nur die asbesthaltigen Proben, wurde in 13 % der Proben der vorhandene Asbest nicht erkannt. Umgekehrt wurde nur in 4 % der asbestfreien Materialien Asbest nachgewiesen, das sind sogenannte «falsch-positive» Resultate.

Folgende Tabelle gibt an, bei welchen Materialien wie viele Fehler gemacht wurden.

Material

Anzahl Fehler

Fehler in %

Asbesthaltige Proben (falsch negative)

Fensterkitt

1

2.9 %

Asbest-Zement

0

0 %

Bodenbelagsplatte

1

2.9 %

Akustik-Platte

8

23.5 %

Rohrisolation

2

5.8 %

Gipsverputz

4

11.7 %

Wandputz

3

8.8 %

Steinholz (Magnesiastrich)

6

17.6 %

PVC-Bodenbelag

12

35.3 %

Proben ohne Asbest (falsch positive)

PVC-Bodenbelag

0

0 %

Verputz innen

2

5.8 %

Verputz innen

0

0 %

Verputz Decke

2

5.8 %

Durchschnitt Verputz ohne Asbest

 

3.9 %

Analysemethoden

Kein Zusammenhang lässt sich zwischen der Fehlerquote und dem verwendeten Analysegerät (PLM, REM oder TEM) feststellen. Eine entscheidende Rolle spielt wohl ob und wie die Proben aufbereitet wurden. Zur jeweils vom Labor verwendeten Probenaufbereitung, macht der Bericht des FACH aber keine Angaben. Auch geht aus den Resultaten des FACH nicht hervor, nach welcher Norm gearbeitet wurde.

Hingegen sieht es so aus, als würden Labore aus dem Inland weniger Fehler machen. Von den 34 Laboren haben zwölf ihren Sitz im Ausland und 22 in der Schweiz. Von den Laboren, die fehlerfrei gearbeitet haben, befinden sich 13 in der Schweiz und eines im Ausland.

Die Resultate einordnen

Wie kann man diese Resultate einordnen? Muss man befürchten, dass die hohe Fehlerquote gewisser Labore Menschenleben gefährdet hat? Oder in die andere Richtung: Wie viele teure Asbestsanierungen werden durch falsch positive Resultate verursacht?

Die Realität ist irgendwo dazwischen: Die Asbest-Exponierung ist im Durchschnitt heute schon recht gering. Wäre die Analytik besser, wäre sie wohl etwas geringer. Aber es wird durch diese Fehlern sicher nicht dutzende zusätzlicher Asbest-Opfer geben.

Besonders zu erwähnen ist die hohe Fehlerquote bei der Akustik-Platte, bei welcher acht der 34 Labore den vorhandenen Asbest nicht nachgewiesen haben (das sind 23.5 % der Labore). Diese Platten enthalten in der Regel den gefährlichen Amosit-Asbest. Bei einer guten Diagnostik werden hier aber in der Regel mehrere Proben genommen, was der hohen Fehlerquote entgegenwirkt.

Welches Ziel soll man anstreben?

Unbestritten ist, dass die Fehlerquote viel zu hoch ist. Auch unbestritten ist, dass eine Fehlerquote von null zwar wünschenswert, in der Praxis aber nie erreichbar ist. Aber was kann man von einem Labor erwarten?

Im Zusammenhang mit einem Artikel von 2017 haben wir damals drei Schweizer Labore befragt, wie hoch sie die Fehlerquote im Markt einschätzen. Die befragten Labore schätzten die Fehlerquote im Markt damals auf 0.1 bis 1 % (d. h. 1 Fehler auf 100 bis 1000 Proben).

Sind 0.1 bis 1 % aber realistisch? Insbesondere in Anbetracht der Schwierigkeit gewisser Analysen (heterogene Materialien, Asbest in geringsten Spuren, unklare Beurteilung von geogenem Asbest, ungenügende Menge an Probematerial) scheint uns dies eher unrealistisch.

Konsequenzen …

Beim Ringversuch 2019 handelte es sich um eine erste Standortbestimmung. Aufgrund dieser Erfahrung plant das FACH weitere solche "verdeckten" Ringversuche. Ab 2020/21 sollen nur noch Labore mit maximal 1 Fehler auf 20 Proben toleriert werden. Die Labore mit einer höheren Fehlerquote werden von der FACH-Liste gelöscht.

Welches sind darüber hinaus wünschenswerte Konsequenzen?

  • Verbesserung des Qualitätsmanagements in Laboren: Bereits die Vorankündigung einer anonymen Qualitätsüberprüfung hat bei den Laboren Aufmerksamkeit geweckt. Die Resultate wurden den Laboren bereits vor mehreren Monaten mitgeteilt. Es darf angenommen werden, dass die Labore mit ungenügenden Resultaten bereits Massnahmen ergriffen und dadurch die Fehlerquote verringert haben.
  • Ringversuche: Es hat sich gezeigt, dass die bestehende Qualitätssicherung in Laboren, durch "offene" Ringversuche (d. h. im Labor ist bekannt, dass die Proben für einen Ringversuch analysiert werden) als Mittel zur Qualitätssicherung alleine ungenügend sind. In diesem Sinne ist der in der Schweiz gewählte Ansatz mit verdeckten Ringversuchen auch auf internationaler Ebene zu empfehlen.
  • Normen und Qualitätskontrollen: Labore arbeiten in der Regel nach Normen. Das schlechte Resultat des Ringversuchs kann auch ein Hinweis darauf sein, dass die normativen Vorgaben für die Labore, und / oder die Kriterien für eine Qualitätszertifizierung ungenügend sind. Dies gilt insbesondere für die neuen Herausforderungen der Analyse von Verputzen und Spachtelmassen mit zum Teil extrem tiefen Asbestgehalten.
  • Probenahmestrategie: Für die DiagnostikerInnen ist es wichtig, die Resultate des Ringversuchs zur Kenntnis zu nehmen, denn die Anzahl Proben, die genommen werden müssen, hängt auch von der Zuverlässigkeit der Analytik ab. Nicht nur bei Verputzen, auch bei in der Regel homogenen Materialien, kann es durchaus angebracht sein, mehrere Proben zu nehmen. Dieser Faktor sollte auch bei normativen Vorgaben für die Diagnostik in Betracht gezogen werden, was heute nicht der Fall ist.

Schlusswort

Bereits in unserem Grundkurs zur Bauschadstoffdiagnostik ist die Qualitätssicherung ein wichtiges Thema. Wir fragen unsere Teilnehmenden nach ihrer Meinung, wie oft in der Diagnostik Fehler passieren, etwa vertauschte, falsch angeschriebene oder kontaminierte Proben, oder falsch in den Bericht übertragene Laborresultate. Aus der Diskussion geht dann meist hervor, dass die Gefahr von Fehlern bei den Diagnostikern wohl ähnlich hoch, wenn nicht noch höher, ist wie die im Labor.

Bevor man also auf die Labore zeigt und über die ungenügende Qualität flucht, muss jede und jeder, der Proben nimmt und sie ins Labor schickt, sich selber überlegen: Ist die Qualität meiner eigenen Arbeit genügend?

Es ist zu begrüssen, dass verdeckte Ringversuche auch weiterhin durchgeführt werden. Wenn wir etwas verbessern wollen, müssen wir die ganze Kette betrachten, und alle Beteiligten müssen sich für eine gute Qualität ins Zeug legen.

 

 

12.4.2020, Simon Schneebeli, Corin Gemperle
 

 

 


PolluConf 2020:

Am 27. November 2020 findet die nächste Fachkonferenz PolluConf zum Thema Asbest und Bauschadstoffe statt. Qualitätsmanagement und kontinuierliche Verbesserung werden Hauptthemen des Anlasses sein.

Sind PCB in Vorschaltgeräten, heute noch ein Thema?

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Roland Arnet; Februar 18, 2020

Bauschadstoff-Diagnostiker wissen es: Alte elektrische Bauteile, insbesondere bei Fluoreszenzbeleuchtung, können PCB enthalten. Diese Leuchtmittel funktionieren immer mit einem «Starter», dieser ist teilweise sichtbar unterhalb der Fluoreszenzlampe. Auf der nicht sichtbaren, der Decke zugewandten, Seite sind im Metallkörper zudem kapazitive und/oder induktive Vorschaltgeräte eingebaut. Das kapazitive Vorschaltgerät besteht aus einer Spule (induktiver Teil) und einem Kondensator (kapazitiver Teil). Die verwendeten Kondensatoren, Herstellung zwischen 1950 und 1983, enthalten zumeist PCB. Ab 1985 wurden diese bei Neugeräten zunehmend durch elektronische Bauteile ersetzt. 

Zentrale und dezentrale Kompensation

Grundsätzlich können Fluoreszenzlampen zentral oder dezentral kompensiert werden. Zentrale Kompensationen befinden sich in der Haupt- oder Nebenverteilung und sind zumeist an den Sicherungselementen zu erkennen. Zentrale Kompensationen können zudem mithilfe des Kondensatoren-Verzeichnis von 2011 klassiert werden. 

Bei der dezentralen Kompensation (vor Ort im beleuchteten Raum) wird zumeist eine von drei bis vier Fluoreszenzlampen mit einem kapazitiven Vorschaltgerät versehen. Die kapazitiven Vorschaltgeräte enthalten in der Regel einen ölhaltigen Kondensator. Die 1997 vom Kantonalen Laboratorium Aargau (heute Amt für Verbraucherschutz) durchgeführte Marktkontrolle ergab, dass damals nahezu alle kapazitiven Vorschaltgeräte der Baujahre 1953 bis 1983 mit einem ca. 200 g (einige sogar bis 300 g) schweren, PCB-haltigen Kondensator bestückt waren. Der Netto-PCB-Inhalt pro Kondensator schwankte je nach Hersteller und Innenleben zwischen 50 und 80 Gramm reinem PCB!

Wie viele PCB-haltige Vorschaltgeräte wurden verbaut?

Hochrechnungen aufgrund von Herstellerangaben (Schweizer Firmen) zur Verwendung PCB-haltiger Kondensatoren in Vorschaltgeräten ergaben geschätzte 8.2 Mio. Stück schweizweit (Baujahre 1950 - 1983). Die Kondensatoren in den kapazitiven Vorschaltgeräten enthielten somit rund 540 t PCB bei einem Gesamtgewicht von ca. 1'800 t.

Aufgrund vom geschätzten mittleren Lebensalter (Schätzung 1998) anhand der bei der Entsorgung erfassten Vorschaltgeräte wurde im Bericht «PCB in Vorschaltgeräten von Fluoreszenzlampen - eine Bilanzierung» (1998) vom Kantonalen Laboratorium Aargau eine PCB-Bilanzierung errechnet. Der Bericht geht davon aus, dass 1997 rund 50 % der PCB-haltigen Vorschaltgeräte in Schweizer Gebäuden noch im Einsatz standen. Das heisst, dass rund 4.1 Mio. Geräte bzw. 900 t PCB-haltige Kondensatoren mit rund 270 t PCB noch vorhanden waren. Spekuliert wurde damals im Bericht, dass bis 2010 jährlich durchschnittlich ca. 7.5 % oder rund 315'000 PCB-haltige Vorschaltgeräte in die Entsorgung gelangen werden (69 t PCB-haltige Kondensatoren mit 21 t PCB). 

Die 1998 durchgeführte Umfrage bei Elektroinstallationsbetrieben im Kanton Aargau zeigte zudem auf, dass ausgebaute Vorschaltgeräte oder Lampengehäuse, inklusive Vorschaltgeräten, fast ausschliesslich über den Altmetallhandel entsorgt wurden. Von dort gelangten diese zumeist PCB-haltigen Vorschaltgeräte primär zu den vier in der Schweiz vorhandenen Schredder-Anlagen. Die PCB-Bilanzen dieser vier Schredder-Anlagen legten damals nahe, dass die kapazitiven Vorschaltgeräte wohl als Hauptverantwortliche für den Eintrag von PCB in die Reststoffe aus den Shredder-Anlagen (RESH genannt) in Frage kommen und auch in unerwünschter Weise den für das Schmelzwerk vorbereiteten Schrott mit PCB belasten. Ein unbekannter Anteil an kapazitiven Vorschaltgeräten wurde damals auch über die Bauschutt-Mischmulden entsorgt. Ein Teil dieser Mischmulden (oft mit grossen Asbestfrachten vermischt) gelangte über Sortieranlagen-Betriebe ebenfalls wieder zu den Altmetallen. Das heutige, ziemlich perfekt ausgebaute Abfall-Trennsystem auf den Baustellen war 1998 erst in der Entstehung. 

Das Bundesamt für Umwelt (BAFU, damals BUWAL) stützte die im Bericht veröffentlichten Daten-Zusammenstellungen und kam zum Schluss, dass mit vertretbarem finanziellem Aufwand eine umweltgerechte Entsorgung der kapazitiven und induktiven Vorschaltgeräte von Lampen gewährleistet werden kann. Kapazitive und induktive Vorschaltgeräte enthalten hohe Anteile an Kupfer und sind auch ein wertvoller Rohstoff. Im Jahr 1998 wurden die kapazitiven Vorschaltgeräte von Lampen den Entsorgungsbestimmungen der Elektronikschrottverordnung (VREG) unterstellt. Damit wurden die noch heute gültigen gesetzlichen Grundlagen für die Entsorgungswege der Vorschaltgeräte über SWICO / SENS geschaffen. 

Wie sieht die Situation heute aus?

Gemäss der oben erwähnten Schätzung des Kantons Aargau wurde bereits im 1998 angenommen, dass rund die Hälfte der eingebauten PCB-haltigen Vorschaltgeräte ersetzt waren, und dass bis 2010 pro Jahr weitere 315'000 der Vorschaltgeräte pro Jahr ersetzt werden. Diese Schätzungen müssen heute als zu optimistisch angesehen werden. 

Die Stiftungen SWICO und SENS, welche die Entsorgung der Elektro-Abfälle koordinieren und finanzieren, haben im 2019 untersucht, wie viele der Vorschaltgeräte, die heute im Elektroschrott landen, noch PCB enthalten. Die Resultate lassen sich wie folgt zusammenfassen: 

  • IT und der Unterhaltungselektronik: Keine PCB-haltigen Kondensatoren
  • Kühl-, Klima- und Gefriergeräte: keine PCB-haltigen Kondensatoren
  • Haushaltgrossgeräte: 0.5 % der Kondensatoren PCB-haltig und 1.7 % PCB-verdächtig
  • Leuchten: 55 % der Kondensatoren sind PCB-haltig und weitere 21 % PCB-verdächtig (gemäss Kondensatorenverzeichnis). Das Gesamtgewicht der als PCB-haltig entsorgten Vorschaltgeräte wird auf 722 kg/Jahr geschätzt.

Im Gegensatz zu Geräten aus dem Haushalt, der IT und der Unterhaltungselektronik, enthalten also 55 %, möglicherweise aber auch bis 65 % der entsorgten Vorschaltgeräte aus Leuchten PCB. Dies lässt sich damit erklären, dass Geräte aus dem Haushalt, der IT und der Unterhaltungselektronik eine viel beschränktere Lebensdauer haben als Leuchten (bei welchen allenfalls die Leuchtstoffröhren ersetzt werden müssen). 

Schlussfolgerung: PCB-haltige Vorschaltgeräte in Leuchten sind durchaus noch ein Thema. 

Vorgehen bei der Bauschadstoff-Diagnostik und Entsorgung

Das Bestreben, diese Vorschaltgeräte zu identifizieren und sauber zu entsorgen, ist und bleibt also aktuell. Wie aber gehen wir damit im Rahmen von Bauschadstoff-Expertisen um? Es gibt grundsätzlich drei Möglichkeiten: 

  1. Ignorieren: Alles ignorieren und davon ausgehen, dass der Rückbauer oder das Recycling-Unternehmen dies überprüft. Es mag viele Firmen geben, welche diese wirklich aussortieren. Aber: Landet eine Leuchte mit Vorschaltgerät im allgemeinen Metall-Recycling, wird sie höchstwahrscheinlich nicht mehr identifiziert und landet zusammen mit unbelasteten Abfällen im Schredder. 
  2. Bei der Diagnostik überprüfen: Bei der Schadstoff-Diagnose die Leuchten demontieren und überprüfen, ob das Vorschaltgerät PCB enthält. Wenn vorhanden, diese entsprechend im Entsorgungskonzept aufführen. Das hat den Vorteil, dass die Vorschaltgeräte dann ab Baustelle als Sonderabfälle abgeholt werden müssen und man dadurch einen eindeutigen Entsorgungsnachweis hat. Das Problem: Als Nicht-Elektriker darf ein Diagnostiker elektrische Geräte nicht demontieren. Die Gefahr von Kurzschlüssen, Elektro-Schock und Sturz von der Leiter wäre schlicht zu gross.
  3. Als Elektroschrott erfassen: Die Vorschaltgeräte bei der Schadstoff-Diagnose als Elektro-Schrott aufnehmen und im Entsorgungskonzept entsprechend erwähnen. Anschliessend muss sichergestellt werden, dass die Firma, resp. die Person, welche die Leuchten demontiert, diese getrennt einsammelt und tatsächlich dem Elektro-Schrott zuführt (VeVA-Code 16 02 13 [ak]).

Die SENS empfiehlt die dritte Option. Recycling-Firmen, welche Elektroschrott annehmen, sind verpflichtet, die Elektro-Geräte zu demontieren und zu überprüfen, ob diese PCB enthalten. Wird dabei ein PCB-haltiges Vorschaltgerät identifiziert, wird es aussortiert und einer gesonderten Entsorgung zugeführt. Von der SENS wird dieses Vorgehen regelmässig überprüft. 

Neue Suva-Anforderungen an die Ausbildung von Asbestsanierern werden definitiv

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Simon Schneebeli; Januar 02, 2020

Bereits im Frühling 2019 hat die SUVA darüber informiert, dass sie die Anforderungen an die Teilnehmer der Ausbildung zum Spezialisten für Asbestsanierung gemäss EKAS-Richtlinie 6503 anzuheben gedenkt.

Auf Anfang 2020 treten diese Änderungen in Kraft.

Neue Anforderungen an Kursteilnehmer

Personen, die sich zum Spezialist für Asbestsanierung ausbilden wollen, müssen neu folgende Anforderungen erfüllen:

  • Berufs-Grundausbildung: Teilnehmer müssen mindestens über ein Berufsgrundausbildung vom Niveau Eidgenössisches Berufsattest EBA oder über eine gleichwertige Ausbildung im Ausland verfügen.
  • Grundausbildung Arbeitssicherheit und Asbest: Vor dem eigentlichen Kurs zum "Spezialist für Asbestsanierung gemäss EKAS 6503" müssen die Teilnehmer folgende andere Kurse besucht haben:
    • einen 2-tägigen Einführungskurs in die Arbeitssicherheit
    • einen eintägigen Einführungskurs in die Asbest-Thematik
  • Sprachkenntnisse: Die Kurse müssen in einer Landessprache durchgeführt werden. Der Teilnehmer muss die Kurssprache gut beherrschen. Personen, deren Muttersprache nicht die Kurssprache ist, müssen mindestens das Niveau B1 nachweisen können.
  • Erfahrung: Teilnehmer müssen mindestens ein halbes Jahr Berufserfahrung auf Sanierungsbaustellen oder in einer Führungsfunktion haben.

Die eigentliche Ausbildung Spezialist für Asbestsanierung nach EKAS 6503 kann erst begonnen werden, wenn die oben genannten Anforderungen, inklusive Besuch der beiden Einführungskurse, erfüllt sind. De facto wird die Ausbildung von Asbestsanierern damit von bisher 4.5 auf neu 7.5 Tage ausgeweitet, wobei die Einführung in die Asbest-Problematik und die Arbeitssicherheit als Vorbereitung zu verstehen sind. Der eigentliche Asbest-Sanierungskurs wird entsprechend viel stärker auf die Planung und Leitung einer Asbest-Sanierung ausgerichtet sein, was sich auch im neuen Prüfungsreglement widerspiegelt

Neues Prüfungsreglement

Neben den neuen Anforderungen um überhaupt zum Kurs zugelassen zu werden, tritt auch ein neues Prüfungsreglement in Kraft.

Die Kursteilnehmer hatten bislang in den Firmen oft vor allem eine ausführende Funktion, die Planung wurde in der Regel nicht von den Asbest-Sanierern selbst ausgeführt. Neu wird erwartet, dass jeder

Kursteilnehmer insbesondere folgende Punkte beherrscht:

  • Einen Diagnosebericht, lesen, verstehen und plausibilisieren.
  • Darauf aufbauend einen Sanierungsplan entwickeln, inkl. Wahl der Arbeitstechnik, Erstellung Zonenplan, Luftbilanz und Arbeitssicherheitsprinzip S-T-O-P
  • Den Sanierungsplan dann korrekt umsetzen, inkl. SUVA-Meldung, Baustellen-Journal, Abfall-Management, Unterhalt Geräte,

Neue Anforderungen an die Bildungsstätten

Aber nicht nur die Anforderungen an die Kursteilnehmer werden strenger. Auch für die Ausbildungsstätten gelten neue Kriterien: Der Kursleiter für den SUVA-anerkannten Kurs muss eine Ausbildung als Erwachsenenbildner nachweisen können (ab 2021). Die Ausbildungsstätten werden regelmässig von der SUVA auditiert.